Essen. Die Fahrschulen in NRW können ab 8. März wieder öffnen. Warum es dennoch schwierig wird, den Führerschein zu machen.

Kein „immer geradeaus, bis ich was anderes sage“, kein „hier bitte mal einparken“. Die Fahrschulen in NRW haben wegen Corona seit Mitte Dezember weitgehend geschlossen. Nur wer den Führerschein zur Ausübung des Berufes benötigte – ambulante Pfleger, Lkw-Fahrer und Handwerker zum Beispiel – oder zum Zeitpunkt der Schließung schon eine gewissen Anzahl an Stunden hatte, durfte sich weiter ans Steuer eines Fahrschulautos setzen. Alle anderen mussten sich auf Theorieunterricht via Internet beschränken.

„Das hat gut geklappt“, sagt Wolfgang Hermanski, der in Essen ein halbes Dutzend Fahrschulen betreibt. So gut jedenfalls, dass landesweit viele Fahrschüler in den vergangenen Wochen ihre Theorieprüfung online erfolgreich abgelegt haben. „Und die wollen jetzt natürlich alle so schnell wie möglich in die Praxis und fahren“, weiß Hermanski.

Kapazitäten der Prüfer sind begrenzt

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Müssen sie auch, findet der 70-Jährige. „Fahranfänger, die zuletzt vor drei Monaten am Steuer gesessen haben, sind in der Zwischenzeit ja meist nicht besser geworden“, weiß er. Im Gegenteil, da ist bei dem ein oder anderen einiges in Vergessenheit geraten und muss durch Zusatzstunden wieder aufgefrischt werden. Was natürlich kostet.

„Für manchen wird der Weg bis zum Führerschein länger werden“, fürchtet Friedel Thiele, 1. Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Westfalen. Nicht nur weil die Schulen keine freien Termine für Fahrstunden mehr haben, sondern auch weil es für so einen großen Andrang zu wenig Prüfungskapazitäten beim TÜV gibt. „Da wird es zu Staus kommen“, glaubt er.

„Einige kämpfen um ihre Existenz“

Vielen Fahrschulen geht es nach fast drei Monaten Schließung nicht gut
Vielen Fahrschulen geht es nach fast drei Monaten Schließung nicht gut © dpa | Swen Pförtner

Aber auch die Fahrlehrer selbst haben Probleme. „Einige kämpfen bereits um ihre Existenz“, hat Thiele aus vielen Telefongesprächen erfahren. Die angekündigten Hilfen, klagt der Verband, seien nur schleppend angelaufen und nicht ausreichend.

Denn die Kosten für die meist geleasten Schulungswagen laufen ja weiter. Und auch die Miete für die Schulungsräume wird regelmäßig fällig. Einige Kollegen, erzählt der Verbandsvorsitzende, hätten mittlerweile schon Schwierigkeiten bei der Bank, wenn sie einen Kredit für ein neues Auto aufnehmen wollen. „So etwas kannten wir bisher nicht.“

„Alles nicht mehr nachvollziehbar“

Natürlich stehe Gesundheit an erster Stelle. Dennoch sei man froh über jeden Tag früher, an dem man öffnen könne. „Wir verstehen nicht, warum wir in NRW überhaupt schließen mussten.“ In Hessen oder Teilen von Niedersachsen etwa sei ganz normal weiter geschult worden. Von Ausbrüchen in einem Fahrschulbetrieb habe er nichts gehört. „Warum also diese Unterschiede von Bundesland zu Bundesland?“ Und warum wurde an Rhein und Ruhr sogar die Motorradschulung verboten? „Da gibt es null Kontakt zwischen Lehrer und Schüler.“ Es sei, fasst Thiele zusammen, „alles nicht mehr nachvollziehbar“.

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Immerhin, Hermanski sieht Licht am Ende des Tunnels. „Ich denke, wir sind auf der Zielgeraden.“ Und auch Thiele glaubt, dass die Forderungen des Verbandes „endlich in Düsseldorf angekommen sind“. Was nicht heißt, das alles gut ist.

Gibt es überhaupt genügend Schnelltests?

Vor allem in Sachen Selbst-Schnelltests liegt noch vieles im Dunkel. „Sehr sinnvoll“, findet Thiele diese Tests grundsätzlich. „Aber bisher kann mir niemand sagen, wann sie tatsächlich lieferbar sind, ob es genug davon gibt, was sie kosten werden und wer sie bezahlt?“ Ganz zu schweigen davon, wie man beweisen kann, dass man solch einen Test tagesaktuell gemacht hat.

„Wir müssen wieder aufmachen dürfen“, sagt Friedel Thiele, 1. Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Westfalen
„Wir müssen wieder aufmachen dürfen“, sagt Friedel Thiele, 1. Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Westfalen © Volker Hartmann

Zehn Euro, hat Thiele gehört, solle so ein Test kosten. Selbst die Hälfte sei noch viel, findet er. „Fahrlehrer und Büropersonal sind nicht das Problem.“ Was aber, wenn die Schulen jeden Tag jeden Fahrschüler testen müssen, der auf dem Fahrersitz Platz nimmt? „Das geht doch im Monat in die Tausende. Und das sind Kosten, die bisher in keiner Kalkulation eingearbeitet werden konnten.“

Viele Fragen, wenig konkrete Antworten. „Wir brauchen Klarheit in allen Punkten“, sagt der Verbandsvorsitzende. „Und wir müssen so schnell wie möglich wieder aufmachen.“