Duisburg. Blick in die Duisburger Arbeitswelt: Wie Corona den Alltag verändert – eine Reinigungskraft, ein Saugwagenfahrer und Kochazubis erzählen.

Wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus. Das ist die Lebensdevise von Mandy Heller, die ihre freundliche Art auf ihr Umfeld überträgt. Sie ist Reinigungskraft, macht als Teilzeitkraft zwei „Schichten“ am Tag und versucht, auch bei schwerer Arbeit ihre gute Laune zu behalten. Trotzdem gibt sie zu: „Gerade seit Corona da ist, ist vieles anstrengender geworden. Vor allem bei der körperlichen Arbeit ständig eine Maske zu tragen, ist wirklich nicht ohne.“

Auch interessant

Noch immer wartet sie, genauso wie ihre Kolleginnen, auf eine Impfung. „Das wäre für das ganze Team eine riesige Erleichterung.“ Denn von vielen werden auch Schulen geputzt, und die haben ja nicht immer geschlossen. Dankbar ist die alleinerziehende Mutter eines Sohnes, dass ihr Chef sie nicht auf Kurzarbeit gesetzt hat. Er habe immer dafür gesorgt, dass sie arbeiten kann. Und wenn ein Bereich geschlossen ist, habe er immer eine Möglichkeit gefunden, sie woanders einzusetzen. Sie putzt morgens im Berufskolleg und nachmittags bei der Berufsfeuerwehr in Homberg.

Reinigungskraft Mandy Heller bei der Arbeit. Unter anderem reinigt sie bei der Feuerwehr Homberg.
Reinigungskraft Mandy Heller bei der Arbeit. Unter anderem reinigt sie bei der Feuerwehr Homberg. © FUNKE Foto Services | Foto: Ulla Michels

Ausschließlich mit Desinfektion hat sie nichts zu tun. Darüber ist sie froh und hat hohen Respekt vor den Kolleginnen, die in dem Bereich eingesetzt sind. „Ich war einige Zeit für die Desinfektion im Chemiepark zuständig. Das ist wirklich ein anstrengender Job.“ Denn dort wird in drei Schichten gearbeitet und nach jeder Schicht duschen dutzende von Mitarbeitern. „Kommen Sie dann mal in so einen Großraum mit Toiletten, Dusch- und Nassbereich, in dem gerade viele Menschen geduscht haben und desinfizieren Wände, Armaturen und Böden. Das ist schon mit Maske eine Herausforderung, aber zusätzlich atmen Sie auch immer noch die Chemie ein.“ Da wisse man wirklich, was man geleistet habe. Diese Aufgabe ist ihr jetzt nicht mehr zugewiesen.

Vor allem die Arbeit in den Nachmittagsstunden bei der Berufsfeuerwehr in Homberg mag sie. „Wir kennen uns jetzt schon so lange und sind fast wie eine Familie.“ Wenn beispielsweise schwere Pakete eintreffen, die sie nach oben schleppen muss, kommt häufig auch Hilfe von den Feuerwehrleuten. Es wird streng darauf geachtet, dass die Hygienevorschriften eingehalten werden. Ohne Maske mal die Flure putzen, das geht gar nicht. „Die Männer und Frauen haben ja 24-Stunden-Schichten. Und irgendjemand läuft immer über den Flur“, erklärt die 40-Jährige. Restaurantfachfrau hat sie eigentlich gelernt und dazu noch acht Jahre im Hotel gearbeitet, bevor es sie von ihrer Heimat Mecklenburg-Vorpommmern ins Ruhrgebiet verschlug.

„Aber Geld ist nicht alles“, erklärt sie. Mit dem Job als Reinigungskraft hat sie viel Zeit für ihren Sohn, der jetzt den Abschluss in Klasse 10 macht. Und so wie es jetzt läuft, sei es gut für die beiden.

„Viele Azubis haben Kurzarbeit oder sind mittlerweile entlassen worden“

Ihr Chef steht hoch im Kurs. „Ich bin so froh, dass wir trotz der Coronazeit so viel lernen können. Viele Mit-Azubis in der Schule haben Kurzarbeit oder sind mittlerweile entlassen worden“ sagt Milan Thiele. Der 20-Jährige ist einer von fünf Auszubildenden bei der Frank Schwarz Gastro Group. Auf dem Weg zum Koch sind auch Youri Chang, Mustafa Moussawi, Lukas Preuß und Alina Schröer. Die Vielfalt und Bandbreite die der Chef bietet, fasziniert Milan. Nach dem Abitur 2020 wusste er nicht genau, in welche Richtung es beruflich gehen sollte. Da er schon Jahre im Restaurant der Eltern mitgearbeitet hatte, war sein Weg doch vorgezeichnet. Er machte zwei Praktika in dem Schwarz-Unternehmen und wurde als Azubi angenommen. „So viele verschiedene Bereiche kennenzulernen, macht unglaublich Spaß“, sagt der 20-Jährige.

Auch interessant

Mal zeige der Küchenmeister, wie man Geflügel ausnimmt. Dann koche man selbst eine Suppe mit 200 Litern. Zurzeit lernt er, aus Lebensmitteln für kalte Platten „echte Kunstwerke zu kreieren“. Der 20-Jährige ist mit Herzblut dabei. Besonderen Spaß macht es ihm, Fingerfood vorzubereiten. Voluminös müssen die Speisen aussehen und frisch. „Da gibt es viele Tricks.“ Gar nicht so einfach sei es, dünn geschnittenen Lachs so zu gestalten, dass nachher der Anblick einer Lachsrose den Gästen das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. „Wenn die Kunden begeistert sind, weil man so wahnsinnig schöne Kreationen aus den Nahrungsmitteln gezaubert hat, dann freut man sich unglaublich“, so Milan Thiele.

Auch interessant

Chef Frank Schwarz sorgt dafür, dass trotz der vielen Corona-Einschränkungen die Ausbildung auf breite Beine gestellt wird. „Er hat uns gezeigt, wie man ein Wildschwein zerlegt. Er ist ja auch Metzgermeister.“ Was er machen will, wenn er in zweieinhalb Jahren die Püfung zum Jungkoch bestanden hat, weiß er noch nicht.

Gastronom Frank Schwarz: „Wir schenken den Azubis Zeit, bilden sie intensiv aus“

Aber die Richtung hat er schon im Kopf. Er mag vor allem die asiatische, die spanische und die dänische Küche. „Ich möchte in vielen Ländern Erfahrungen sammeln und viel Wissen mitbringen.“ Von den Süßspeisen in Dänemark, Quark und Gebäck, ist er völlig begeistert. Die Abschlussfahrt der Schule führte nach Kopenhagen. „Die Stadt ist für mich die schönste. Für junge Leute kann ich das nur empfehlen. Alle paar hundert Meter steht da ein Billardtisch und man kann einfach spielen.“ Und dann gebe es eben die zauberhaften Süßspeisen, an denen man nicht vorbeikomme. Den Vorzug, einen angehenden Koch im Haus zu haben, genießt auch seine Familie. Bis zum vergangenen Jahr bestand sie aus insgesamt sieben Personen, bevor der älteste Bruder auszog. Wenn Milan frei hat, schwingt er den Kochlöffel, wobei er super gute Tipps und Hilfe von seinem Vater bekommt, der ebenfalls Koch ist.

Auch interessant

Der Boss Frank Schwarz, der von Freunden gerne als „gastronomische Allzweckwaffe“ bezeichnet wird, legt Wert auf eine breite Ausbildung der jungen Menschen. „Wir haben eine Produktionsnische, die Manufaktur, wir bedienen aber auch Großverbraucher, wie Kitas oder Schulen. Auch Asylantenheime haben wir beliefert.“ Seine Azubis müssen die „warmen und kalten Posten durchlaufen, müssen eine Suppe ansetzen können mit Knochen und Gemüse, sollen im Zubereiten von Beilagen so fit sein wie beim Herstellen von Süßspeisen. „Wir schenken ihnen Zeit, bilden sie intensiv aus“, sagt Schwarz. Und das trotz Corona. Besonders stolz ist der Chef auf Angelo Vocale, der vor Jahren bei ihm gelernt hat. Er ist „nach Wanderjahren“ zurück und jetzt Küchenmeister.

Betriebsrat: „Schutz der Mitarbeiter war ein Lernprozess“

Zum Saugwagenfahrer müsse man geboren sein, erklärt Pascal Luthardt. Er arbeitet bei einer Rohrleitungsbau-Firma, ist gelernter Lkw-Fahrer und Betriebsratsvorsitzender. Corona hat auch in seinem Bereich die Arbeitsweise verändert. Und auch den Blick auf die Mitarbeiter. „Wir legen Wert darauf, dass die vorerkrankten Beschäftigten nicht jeden Tag in eine andere Kolonne eingeteilt werden“, sagt er. Damit die Kontakte auf möglichst wenig Personen beschränkt werden. Das Bewusstsein beim Arbeitgeber für die Problematik habe man erst schärfen müssen, sagt er.

   Betriebsrat Pascal Luthardt achtet auf die Einhaltung der Hygienevorschriften zum Schutz der Mitarbeiter.
   Betriebsrat Pascal Luthardt achtet auf die Einhaltung der Hygienevorschriften zum Schutz der Mitarbeiter. © Luthardt | Foto

Die Arbeitnehmer selbst hätten sich gekümmert und seien zum Betriebsrat gegangen, weil sie nicht unnötig Gefahren ausgesetzt werden wollten. Corona habe auch in seinem Arbeitsfeld einiges verändert. „Zwar ist das Maskentragen draußen nicht zwingend notwendig, aber sobald man ein Büro betritt, muss man sich natürlich an alle Hygienevorschriften halten“, erklärt der 42-Jährige. Überall, wo Gas-, Wasser- oder Stromleitungen verlegt werden, ist Pascal Luthardt gefragt. Er saugt Boden weg, indem er den Schlauch mit Hilfe einer Fernbedienung steuert. „Wir haben seit den Coronazeiten im Grunde fast doppelt so viel Arbeit gehabt wie zu normalen Zeiten“ schildert er die Lage.

Häuser dürfen nicht betreten werden

„Denn die Monteure durften durch die staatlichen Auflagen die Häuser nicht betreten.“ Also konnten die Leitungen nur bis zu den Häusern gelegt werden. Vor allem seien eben auch die doppelten Kosten entstanden, weil alles letztendlich zweimal hätte aufgemacht werden müssen, erklärt er die Komplikationen durch das Virus. Das Hauptaugenmerk des Betriebsrats liege zurzeit auf der Einhaltung der Hygienevorschriften und vor allem auf dem Schutz der Mitarbeiter.

„Die Firma ist ein mittelständisches Unternehmen mit ungefähr 130 Mitarbeitern. Wir haben natürlich bei einer solchen Anzahl immer auch eine Reihe Personen dabei, die Vorerkrankungen, zum Beispiel durch Krebs haben“, berichtet der Betriebsratsvorsitzende. Dass man bei der Corona-Pandemie auf diese besonders gefährdeten Kollegen ein wachsames Auge haben müsse, hätten alle auch erst lernen müssen. Jetzt sei es so, dass morgens bei der Einteilung der Mitarbeiter besonders darauf geachtet werde, dass – wann immer es geht – die Vorerkrankten nicht durch ständigen Wechsel in unterschiedlichen Kolonnen eingesetzt würden.