Düsseldorf. NRW soll Rettungsschirm auch für Kurzarbeiter in Not öffnen. Gewerkschafter fordern auch Recht auf digitale Hausbesuche im Homeoffice.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in NRW fordert einen „Sonderfonds Kurzarbeitergeld“ des Landes für Beschäftigte, bei denen das Kurzarbeitergeld nicht zum Leben reicht. „Kurzarbeitergeld darf nicht in Hartz IV enden“, sagte DGB-Landeschefin Anja Weber bei der Vorstellung der Gewerkschaftsaktionen zum 1. Mai.

Der Sonderfonds könne aus dem Rettungsschirm des Landes NRW finanziert werden. Kosten laut Weber: weniger als 1 Prozent des 25 Milliarden Euro großen Rettungsschirms. Zum Beispiel sollten Beschäftigte, die bisher Mindestlohn bezogen, 300 Euro zusätzlich im Monat erhalten, Bezieher mittlerer Einkommen 150 Euro mehr.

Maifeiertag ohne große Feiern

Schon zum 2. Mal müssen sich die Gewerkschaften in NRW auf einen Maifeiertag vorbereiten, an dem nicht groß gefeiert werden kann. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) setzt stattdessen auf 34 kleine Veranstaltungen mit strengen Hygieneregeln und viel Abstand. Für die zentrale „Autokino-Kundgebung“ können die Gäste mit dem eigenen Pkw zur Messe Düsseldorf fahren. Dort sprechen am Samstag DGB-Landeschefin Anja Weber, Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und NRW-SPD-Chef Thomas Kutschaty.

„Normalerweise treffen sich bei unseren 1. Mai-Veranstaltungen landesweit bis zu 90.000 Menschen“, sagte Anja Weber am Dienstag. Doch in der Pandemie ist nichts normal, und die Gewerkschaften verlieren langsam sogar den Kontakt zu den Beschäftigten. Aus diesem Grund rufen die Arbeitnehmervertreter nun nach dem „digitalen Hausbesuch“. Weber: „Es war für die Gewerkschaften zuletzt sehr schwierig, in die Betriebe gehen. Daher fordern wir das digitale Zugangsrecht für Gewerkschaften, um die Chance zu haben, mit unseren Informationen auch ins Homeoffice zu kommen.“

"Moderater Mitgliederschwund" in der Krise

Der Mitgliederverlust bei den acht DGB-Gewerkschaften sei aber trotz der Pandemie mit 1,8 Prozent im vergangenen Jahr „moderat“ geblieben. Rund 1,4 Millionen Menschen sind im Rahmen des DGB in NRW organisiert.

Die Verlängerung und Erhöhung des Kurzarbeitergeldes, das viele Beschäftigte in NRW bisher vor dem Existenzverlust schützt, zählen die DGB-Gewerkschaften zu ihren großen Erfolgen in der Krise. Gleichwohl gebe es zahlreiche Bezieher von Kurzarbeitergeld, die von ihren Löhnen kaum leben könnten, zum Beispiel Kellner, Verkäufer und Friseure. Für sie müsse ein Teil des Rettungsschirms des Landes NRW aufgespannt werden: Ein „Sonderfonds Kurzarbeitergeld Plus“, der zum Beispiel Beziehern von Mindestlohn 300 Euro extra im Monat bescheren würde. „Es wäre eine kleine Summe aus dem Rettungsschirm mit großer Wirkung für die Menschen“, meinte Anja Weber am Dienstag.

DGB-Landesvorsitzende Weber: "NRW ist ein sozial tief gespaltenes Land"

NRW sei ein „tief gespaltenes Land“, und die soziale Spaltung werde durch die Pandemie noch größer, beklagt die DGB-Landeschefin. Immer weniger Menschen hätten einen sicheren und angemessen bezahlten Arbeitsplatz. Laut Gewerkschaftsbund fallen nur noch 57 Prozent der Beschäftigten unter den Schutz eines Tarifvertrages. Vor 20 Jahren seien es 74 Prozent gewesen.

Annähernd jeder vierte Arbeitnehmer ist demnach ein Niedriglöhner, der für weniger als 11,21 Euro in der Stunde jobbt. Bedrohlich sei die Lage auch für immer mehr junge Menschen, die einen Beruf erlernen möchten, aber keine Lehrstelle finden. Der DGB sieht gar das „Aushängeschild“ Duale Ausbildung in Gefahr.