Duisburg. Corona, Lockdown, Impfen: Wie die Pandemie die Arbeit der Duisburger Bundestagsabgeordneten Bärbel Bas und Mahmut Özdemir beeinflusst.
Corona, Lockdown, Impf-Chaos: Die Pandemie bestimmt seit beinahe einem Jahr nicht nur den Alltag der Menschen, sondern auch die Politik, in Duisburg genauso wie in Berlin. Das wissen die Duisburger Bundestagsabgeordneten Bärbel Bas und Mahmut Özdemir nur zu gut. Sie blicken auf ein „anstrengendes“ Jahr zurück, „in dem wir alle so ein bisschen zu Hobby-Virologen geworden sind“, sagt Bärbel Bas. Die Gesundheitsexpertin kann die Kritik an der Impfstrategie der Bundesregierung aus aus den Reihen der SPD nachvollziehen. „Es ist schon so, dass man die eine oder andere Kritik haben darf. Das als Wahlkampfgetöse abzutun, ist nicht richtig“, erklärte Bas in einem Gespräch mit dieser Zeitung. Natürlich müsse hinterfragt werden, „ob alles richtig bestellt wurde.“
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Grundsätzlich sei richtig, „dass wir das mit Europa machen, das hat bei uns niemand in Frage gestellt. Und natürlich hat man auf verschiedene Impfstoffe gesetzt, man wusste nicht bis Ende des vergangenen Jahres, wer davon in die Zulassung kommt. Aber wir wissen zwischenzeitlich, dass Biontech der EU mehr Impfdosen angeboten hat. Und Deutschland hätte da zugreifen können, auch wenn Europa abgelehnt hätte“, ist Bärbel Bas überzeugt.
Es ist keine Zeit für Parteiengezänk
Die SPD stehe mit der CDU in einer gemeinsame Verantwortung im Bund. Dennoch: „Wir müssen auch klar machen, wer welche Rolle in dieser Verantwortung hat. Und ich habe keine Lust, wenn die Menschen sagen, das läuft hier alles nicht, dass die SPD mit diesem Manko nach Hause geht, wo wir die Verhandlungen gar nicht geführt haben“, so Bas.
Und das habe rein gar nichts mit Wahlkampf zu tun. „Es ist keine Zeit für Parteiengezänk und auch nicht für unfähige Gesundheitsminister in Bund und Land.“ Deutliche Worte von Mahmut Özdemir Richtung Jens Spahn und Karl-Josef Laumann. Und deutlich ist auch seine Kritik an das Wirtschaftsministerium. Und dies in gleich zwei Punkten: So verantworte Wirtschaftsminister Peter Altmaier die Koordinierung der November- und Dezemberhilfen für Selbstständige und Unternehmen im zweiten Lockdown und sei „nicht besonders ambitioniert gewesen, diese auf den Weg zu bringen.“
Sollte der Staat beim Stahl einsteigen? „Uneingeschränkt: Ja“
Zum anderen fordern Bas und Özdemir ein stärkeres Engagement von Altmaier beim Thema Stahl. Sollte der Staat einsteigen? „Uneingeschränkt ja. Und da ist es auch egal, welches Instrument wir aus dem Kasten ziehen – ob es nun vergünstigte Kredite sind oder eine Beteiligung des Staates. In unserer Region hängen 25.000 bis 30.000 Arbeitsplätze vom Stahl ab, bundesweit sind es drei Millionen“, sagt Özdemir.
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Ihn ärgert im Nachklang des Besuchs von Peter Altmaier in Hamborn, dass dieser bei der Förderung des Wasserstoff-Projekts auf die EU verwiesen hat. „So einen Schwätzer habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht im Wirtschaftsministerium gesehen. Wir stehen vor der Frage: Nehmen wir Billigstahl aus China und lassen unsere deutsche Stahlindustrie ausbluten“, empört sich Özdemir.
„Es muss eine nationale Strategie beim Stahl geben“
Die Duisburger Bundestagsabgeordneten sind zuversichtlich, dass sie bei der Frage von Staatshilfen für die Stahlindustrie auf die Solidarität ihrer Berliner Kollegen bauen könnten. „Beim Altschuldenfonds trifft es eine Anzahl von Kommunen, die hoch verschuldet sind, insbesondere im Ruhrgebiet. Dass da andere aus Solidarität mitmachen, ist ein bisschen kniffliger. Stahl ist aber ein Wertstoff, den alle brauchen“ sagt Bas. Allerdings reiche es nicht aus, dass der Staat nur bei Thyssen einsteigt. Es müsse eine nationale Strategie geben.
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Und der Weg muss europakonform sein. „Auch Europa muss ein Bekenntnis abgeben, ob es diese Stahlindustrie stärken will im Vergleich zu China und den großen Spielern, die am Markt sind. Und da sehe ich wenig Engagement aus dem Wirtschaftsministerium“, so Bas. Aber auch das Schweigen des Vorstandes beispielsweise von Thyssenkrupp bereite ihr Sorgen. „Ich habe das Gefühl, dass sich der Vorstand von der Stahlsparte lösen will. Es gibt keine klare Position, ob sie den Stahl behalten wollen. Darauf muss auch eine Bundesregierung warten. Wir brauchen aber eine Industriepolitik, zu der der Stahl gehört.“ Ohne Stahl gebe es keine innovativen Wasserstoff-Projekte: „Eigentlich müssten wir den Stahlgipfel, der aus Pandemiegründen nicht stattfinden konnte, nachholen.“
Finanzspritze für die Sanierung der Hubbrücke Walsum
Das Thema Stahl sei aber nur ein Beispiel dafür, dass die Politik auch im Corona-Jahr nicht nur von der Pandemie und ihren Folgen bestimmt wurde. „Corona und die Hilfsmaßnahmen kamen on Top dazu“, sagt Mahmut Özdemir und listet auf: „50 Millionen Euro für den Duisburger Norden, 16 Millionen für den Breitbandausbau in Duisburg, eine Finanzspritze für die Sanierung der Hubbrücke Walsum.“ Das sind drei Beispiele für Bundesmittel, die im vergangenen Jahr aus Berlin nach Duisburg geflossen sind. Hinzu kamen Investitionen in den ÖPNV oder in das Duisburger Klimaschutzkonzept „Schrittsteine“, das auch eine Reaktivierung des Wasserlaufs am Kaiserberg vorsieht.
Ob das Duisburger Duo Bas/Özdemir auch noch Ende 2021 in Berlin für Duisburger Interessen kämpft, wird die Bundestagswahl im September zeigen. Beide treten wieder an. Es wird kein leichter Wahlkampf – unter Pandemiebedingungen. „Wir bereiten uns auf einen Online-Wahlkampf vor, hoffen aber, dass wir im Sommer die eine oder andere Veranstaltung mit Bürgern machen können“, so Bas.
Mahmut Özdemir stellt sich in diesem Jahr gleich zweimal zur Wahl. Neben dem Wiedereinzug in den Bundestag strebt er parteiintern den SPD-Parteivorsitz in Duisburg an. Seit nunmehr über einem Jahr führt Sarah Philipp die Duisburger Genossen kommissarisch, die Unterbezirksparteitage wurden coronabedingt immer wieder verschoben. Jetzt soll es eine zeitnahe Mitgliederversammlung geben.
Doppelspitze bei der Duisburger SPD?
Allerdings ist noch zu klären, ob es eine Doppelspitze, wie sie von Sarah Philipp und OB Sören Link angestrebt wird, geben wird – oder eine oder einen Parteivorsitzende(n). Der Bezirksverband Rheinhausen hat kürzlich seinen Antrag auf Satzungsänderung zur Einführung einer Doppelspitze zurückgezogen. Eine Satzungsänderung sei nicht mit einer reduzierten Delegiertenzahl und auch nicht digital zu diskutieren und entscheiden, heißt es in der Begründung.
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Özdemir, seit 2001 Mitglied der Partei, will den Unterbezirk alleine führen. „Ich bin überzeugt, dass wir ein anderes Führungssystem brauchen, weg von einer Entscheidung, die in Vorständen oder Gremien ausgeheckt wird. Wir müssen hin zu einer breiten Beteiligung unserer geschrumpften Mitgliederzahl.“ Selbstbewusst sagt er: „Mein Anspruch wird es sein, dass die SPD die absolute Mehrheit in dieser Stadt erlangt.“
Bärbel Bas hatte bereits nach dem Rücktritt von Ralf Jäger im November 2019 frühzeitig eine Kandidatur ausgeschlossen und will sich auf ihre Aufgaben in Berlin konzentrieren. Sie hält sich bei dem innerparteilichen „Unterbezirks-Wahlkampf“ raus, hat aber die Bitte, „dass das jetzt auch schnell geklärt wird.“ Zur Wahl stehen für sie „drei junge Leute, von denen ich ausgehe, dass sie die Zukunft der Partei in Duisburg gestalten.“