Duisburg. Vom Stahlwerk bis zur Stadt: Wie viel Homeoffice bei Duisburgs größten Arbeitgebern läuft. Ein Unternehmen meldet 100 Prozent Homeoffice.
Die Homeoffice-Pflicht für Arbeitgeber kommt: Eine entsprechende Verordnung will Bundesarbeitsminister Hubertus Heil erlassen. Seine Initiative geht auch zurück auf Zahlen der Hans-Böckler-Stiftung, nach denen sich der Anteil der Arbeitnehmer im Homeoffice von 27 auf 14 Prozent seit dem ersten Corona-Lockdown fast halbiert hat. Die größten Arbeitgeber in Duisburg bestätigen einen solchen Trend allerdings nicht – ein Unternehmen meldet sogar 100 Prozent Homeoffice.
Stadt Duisburg: 22 mal mehr Mitarbeiter im Homeoffice als vor Corona
1100 Mitarbeiter vollständig im Homeoffice: Diesen Stand meldet die Stadt Duisburg. Das entspreche rund 18 Prozent der Belegschaft. Im Vergleich zum März-Lockdown habe sich dieser Anteil erhöht; damals seien etwa 14 Prozent oder 850 Mitarbeiter im Homeoffice gewesen, sagt Stadtsprecher Jörn Esser. Wie viele Mitarbeiter teilweise von zu Hause aus arbeiten, lasse sich nicht auswerten. Klar ist: Einige Arbeiten wie die Kontrollen des Städtischen Außendienstes (SAD) des Ordnungsamtes lassen sich nicht vom heimischen Arbeitszimmer erledigen.
Der gestiegene Homeoffice-Anteil hängt nach Essers Angaben von Wissen und Infrastruktur ab. „Die Verbreitung über Aerosole steht mittlerweile viel stärker im Vordergrund.“ Seit dem Frühjahr habe die Stadt außerdem ihre technische Infrastruktur „erweitert und verbessert“. Auch der Krisenstab komme mittlerweile nur noch digital zusammen.
Überhaupt hat die Stadt als Arbeitgeber seit Pandemie-Beginn in Sachen Homeoffice einen großen Sprung gemacht: Nach Essers Angaben haben vor Corona lediglich „täglich etwa 50 Mitarbeiter“ ihre Arbeit nicht vom üblichen Arbeitsplatz aus ausgeführt – rund ein Prozent.
DVV: Viel Homeoffice - wenn die Arbeit es zulässt
Mit den Töchtern DVG oder Stadtwerke ist die DVV einer der Arbeitgeber in Duisburg, für deren Tätigkeiten Homeoffice schwer umzusetzen ist. Für alle Gesellschaften gilt laut DVV-Sprecher Felix zur Nieden: „Wenn es die Tätigkeit zulässt, können Beschäftigte auch mobil beziehungsweise von zu Hause aus arbeiten.“ Und zwar seit März 2020. Zwischen 80 und 90 Prozent der entsprechenden Mitarbeiter nutzen nach seinen Angaben diese Möglichkeit. Wer im Büro arbeitet, hat es für sich alleine.
Bus- und Bahnfahrer oder Monteure können ihre Arbeit nicht aus dem Homeoffice erledigen. Um das Risiko einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu minimieren, habe die DVV für diese Tätigkeiten Schichtzeiten angepasst oder Besprechungen durch Videokonferenzen ersetzt.
Sonderfall Stahlwerk: Homeoffice gibt's bei HKM nur im Rotationsprinzip
Einen Sonderfall stellen die Hüttenwerke Krupp Mannesmann dar: Die Arbeit im Stahlwerk lässt sich nicht ins Homeoffice verlegen. 70 Prozent der Belegschaft arbeiten nach Angaben von HKM-Sprecherin Lara Widera dort oder in anderen produzierenden Anlagen. Für die übrigen 30 Prozent setzt der Stahlkonzern bei der Frage Heim- oder Büroarbeit aufs Rotationsprinzip.
Zahlen nennt Widera nicht, das Modell gelte aber für die meisten Mitarbeiter in Büro und Verwaltung. „Wir gucken wöchentlich: Wer kann zu Hause bleiben?“ In der Praxis arbeiteten die meisten Angestellten abwechselnd eine Woche vom heimischen Arbeitszimmer aus, die nächste Woche dann vom Büro aus.
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Damit die Mitarbeiter auf dem HKM-Areal vor Corona-Infektionen geschützt sind, setzt das Unternehmen neben den üblichen Sicherheitsmaßnahmen darauf, eine Mehrfachbesetzung von Büros zu vermeiden. „Es müssen keine zwei Personen mehr in einem Raum sitzen“, sagt Widera.
Präsenz vor Ort sei auch über das Stahlwerk hinaus weiter nötig. Die Angestellten der Arbeitssicherheit zum Beispiel „können keine Schnelluntersuchung von zu Hause aus durchführen.“ Die Besonderheit des Arbeitsplatzes Stahlwerk wirke sich auch auf die Bürojobs bei HKM aus.
Klöckner: Homeoffice-Angebot für alle, deren Tätigkeit das zulässt
Mehr als vervierfacht hat sich der Anteil der Homeoffice-Mitarbeiter bei Klöckner nach eigenen Angaben im Vergleich zu vor der Corona-Pandemie: Arbeiteten damals etwa 15 Prozent der Mitarbeiter von zu Hause, seien es jetzt rund 70 Prozent. Dieser Anteil sei im Vergleich zum ersten Lockdown gleich geblieben, sagt Unternehmenssprecher Christian Prokopp.
Im März 2020 habe man „praktisch von einem Tag auf den anderen“ bei jenen Mitarbeitern, deren Tätigkeit das zulässt, auf Homeoffice umgestellt. Nicht möglich sei das Arbeiten von zu Hause aus im Wesentlichen für Mitarbeiter des Stahllagers. Zehn Prozent der Duisburger Belegschaft könne ihre Arbeit nicht aus dem Homeoffice heraus erledigen.
Allen anderen biete Klöckner die Arbeit aus dem Homeoffice an. In der Pandemie habe man damit „sehr gute Erfahrungen“ gemacht, sagt Prokopp. Das Heimarbeits-Angebot werde daher auch nach Corona „in vielen Bereichen“ bestehen bleiben. Einer gesetzlichen Regelung steht Klöckner dabei skeptisch gegenüber: „Wir in der Wirtschaft sind gemeinsam mit der Mitbestimmung wesentlich besser in der Lage, das richtige Maß zu finden.“
Haniel: 100 Prozent Homeoffice seit dem Weihnachts-Lockdown
Der Franz-Haniel-Platz ist verwaist: 100 Prozent Homeoffice gibt es bei Haniel seit dem Weihnachts-Lockdown im Dezember laut Unternehmenssprecherin Simone Fuchs. Erlaubt seien lediglich „kurze dringende Erledigungen am Platz, falls zwingend erforderlich“: Wer wichtige Unterlagen benötigt oder eine Unterschrift leisten muss, darf dazu kurz ins Büro. Kontakte in den Gebäuden sollen „komplett vermieden werden“.
Man sei sich bewusst, dass nicht jeder Mitarbeiter zu Hause optimale Arbeitsbedingungen habe. Aber man sehe es „als ein Gebot der Fairness, dass wir uns alle daran halten.“
PCC SE: Mehr Homeoffice als während des ersten Corona-Lockdowns im März
Nur von zu Hause aus arbeiten – das gibt es bei PCC SE nicht, auch wenn in Duisburg weder Produktion noch Labor des Konzerns für Chemie, Energie und Logistik ansässig sind. 70 Prozent der Mitarbeiter erledigen ihre Arbeit allerdings teilweise vom Homeoffice aus, sagt die geschäftsführende Direktorin Ulrike Warnecke. Der Anteil sei höher als während des ersten Corona-Lockdowns im März; damals „mussten wir teilweise erst die benötigte Hardware anschaffen“.
Am Standort Duisburg können ihren Angaben zufolge rund 17 Prozent der Mitarbeiter nicht vom Homeoffice aus arbeiten. Das gelte hauptsächlich für Reinigungskräfte oder Gärtner, aber auch die Poststelle und die Notbesetzung der IT. Hinzu kommt: „Weitere 13 Prozent unserer Belegschaft möchten nicht im Homeoffice arbeiten, obwohl dies zumindest zeitweise für sie möglich wäre.“
Dennoch habe sich der Anteil der Angestellten im zumindest Teilzeit-Homeoffice im Vergleich zur Zeit vor Corona erhöht; damals kam weniger als jeder zweite Mitarbeiter nicht immer zur Arbeit ins Büro. Bei denen, die Homeoffice in Anspruch nehmen, habe sich der Anteil der Heimarbeit deutlich erhöht: oft auf über 50 Prozent.
Diese Duisburger Arbeitgeber nennen keine Zahlen zum Thema Homeoffice
Zahlen nennt die Universität Duisburg-Essen nicht, weil nicht erfasst werde, wer wann von wo arbeitet, sagt Sprecher Thomas Wittek. Grundsätzlich gelte: „Alle, die von zu Hause arbeiten können, sollen auch ins Homeoffice.“
Nicht möglich sei das für die Mitarbeiter der Bibliothek; die Ausleihe hat geöffnet. Auch, wer in der Universitätsdruckerei oder der Poststelle arbeitet, muss das vor Ort tun; dasselbe gilt für Hausmeister und Handwerker. Der übliche Uni-Betrieb finde „wie schon im März fast nur noch digital statt.“ Für Forschung und Lehre gebe es „nur ganz wenige Ausnahmen“ für Präsenzveranstaltungen: zum Beispiel für Laborpraktika in Chemie oder Biologie.
Der Anteil an Heimarbeit sei vor der Corona-Pandemie „deutlich geringer“ gewesen, bilanziert Wittek. Die Universität überarbeite gerade ihre Regelungen zum Thema Homeoffice. Im Herbst wurden die Mitarbeiter in Technik und Verwaltung zu ihren Wünschen befragt: 89 Prozent möchten „auch in Zukunft gerne häufiger im Homeoffice arbeiten.“
Auch das Baustoffunternehmen Xella nennt keine Zahlen. Laut Sprecherin Claudia Kellert ermöglicht das Unternehmen aber „bereits seit März 2020 allen Mitarbeitern am Standort Huckingen, bei denen es ihre Tätigkeit zulässt, mobiles Arbeiten“. Dazu seien „eine Vielzahl von Online-Schulungen“ durchgeführt worden.
Unsere Fragen nicht beantwortet haben die Unternehmen Krohne Messtechnik und Havi Logistics.