Duisburg. Zwei Duisburger Arzthelferinnen erzählen vom täglichen Corona-Stresstest. Warum ein Hausarzt seinen Mitarbeiterinnen warme Jacken spendiert hat.

Es ist kalt geworden in Duisburger Arztpraxen, seitdem zu den drei Corona-Schutzmaßnahmen AHA – Alltagsmasken, Hygiene, Abstand – noch L dazu gekommen ist: Lüften. Schon bei der Terminvergabe geben manche Arzthelferinnen den Tipp: „Ziehen Sie sich warm an.“ Wir haben zwei Fachfrauen gefragt, wie Corona ihren Arbeitsalltag als Medizinische Fachangestellte verändert hat.

„Es ist Stress“, sagt Sarah Inckemann aus der Gemeinschaftspraxis von Dr. Lars Partenheimer in der alten Disch-Villa an der Mülheimer Straße. Auch hier warten vor der Tür Patienten, auch hier müssen Besucher die Hände desinfizieren, gibt es Abstandsregeln, Plexiglas zwischen Patient und Tresen und Maskenpflicht für alle.

Zahnklinik in Duisburg arbeitet jetzt in zwei Teams und Schichten

Während zu Beginn der Pandemie im Frühjahr nur die dringendsten Fälle behandelt worden sind, werden jetzt wieder so viele Termine wie möglich vergeben. Das heißt allerdings: Weniger als vor Corona, auch weil die Plätze im Wartezimmer reduziert werden mussten. Wirtschaftliche Auswirkungen hat die Pandemie auch, weil die Arbeitszeiten ausgeweitet und deswegen Personal aufgestockt werden musste.

Die 25 Mitarbeiter der Klinik sind in Team A und Team B aufgeteilt worden, schildert Sarah Inckemann. Gearbeitet wird im Schichtdienst, damit – sollte sich eine Kollegin infizieren und mit ihren Kollegen in Quarantäne müssen – das andere Team weiter arbeiten kann. Kontakte werden so weit wie möglich vermieden. „Wir essen auch nicht mehr gleichzeitig“. Entspannt hat sich die Situation ein wenig, weil jetzt Corona-Schnelltests zur Verfügung stehen. Sie zeigen beim Verdacht einer Infektion innerhalb von 20 Minuten an: positiv oder negativ.

FFP2-Masken tragen, viel lüften, Kontakte reduzieren

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Für die Planungen in der Zahnklinik sind „das größte Problem die Quarantänen“, sagt Sarah Inckemann. Immer wieder müssten Patienten Termine absagen, was den OP-Plan umwirft. Am Stuhl seien die Schutzmaßnahmen zwar schon immer hoch gewesen, aber jetzt tragen Ärzte und Helferinnen statt der Alltagsmasken FFP2-Masken unterm Gesichtsschild. „Und wir lüften viel mehr“, sagt Sarah Inckemann. Seit dem Ausbruch von Corona habe sich noch kein Patient angesteckt.

Zusätzlich achten sie und ihre Kolleginnen auch im Privatleben sehr darauf, die Kontakte einzuschränken, sagt Sarah Inckemann. Freunde habe sie schon lange nicht mehr getroffen, der Kontakt zur Familie läuft auf Sparflamme. Am meisten bereite ihr Sorge, wie Weihnachten gefeiert werden kann: Soll man oder soll man nicht mit der 71-jährigen Oma feiern?

Hausarzt in Duisburg-Hochheide spendiert Mitarbeiterinnen warme Jacken

Warm eingepackt reicht Birte Saligers Rezepte aus dem Fenster der Praxis von Dr. Johnny Bülthoff in Duisburg-Rheinhausen.
Warm eingepackt reicht Birte Saligers Rezepte aus dem Fenster der Praxis von Dr. Johnny Bülthoff in Duisburg-Rheinhausen. © FUNKE Foto Services | Ulla Michels

„Hier ist alles ganz schnell sicher gemacht worden“, sagt Birte Saligers, die seit 25 Jahren in der Hausarztpraxis von Dr. Johnny Bülthoff in Rheinhausen arbeitet. Patienten, die sich mit Erkältungssymptomen angemeldet haben, betreten die Räumlichkeiten gar nicht. Sie schellen und werden zum „Corona-Büdchen“ begleitet, das der Arzt inzwischen sogar mit Heizstrahlern ausgestattet hat. Seinen Mitarbeiterinnen hat er warme Jacken spendiert – in Praxisfarbe.

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Draußen auf der Terrasse testen sich die Patienten unter Aufsicht selbst, denen zuvor genau erklärt wird, wie sie sich abstreichen müssen: mit dem Stäbchen erst im Rachen, dann in der Nase und dann kontaktfrei ins Röhrchen. Nach 15 Minuten können sie auf dem Weg ums Haus die Praxis verlassen. „Es gibt zwar viele, viele Telefonate und mehr E-Mails, und wir mussten im Team alles neu aufbauen, was anfangs strubbelig war. Aber jetzt hat jeder seinen Bereich gefunden“, sagt Birte Saligers.

Mit Corona wurde auf Terminvergabe umgestellt

So komisch sich das auch anhöre: „Es hat auch eine große Veränderung zum Positiven gebracht: Alles ist jetzt viel strukturierter“, so die 46-Jährige. Vor Corona gab es Sprechzeiten und keine Terminvergabe, deswegen sei es in den Jahren zuvor zur Grippesaison immer voll gewesen, habe es Wartezeiten gegeben. Mit der Terminvergabe habe sich die Situation entzerrt.

Anstrengender seien die täglich neuen Informationen zu verarbeiten, die morgens per Rundschreiben der Kassenärztlichen Vereinigung kommen. Die müsse man schnell verarbeiten. Die Patienten kämen mit vielen neuen, oft auch speziellen Fragen, entsprechend viel müsse man erklären können. Es würden Reisen etwa auf die Kanaren geplant, aber wie ist auf den Inseln die Corona-Situation?

Ein kompletter Anmeldeplatz für zu Hause

Birte Saligers konnte von März bis zu den Sommerferien im Homeoffice arbeiten, um ihre schulpflichtigen Tochter bei den Aufgaben fürs Homeschooling unterstützen. „Ich hatte einen kompletten Anmeldeplatz: Mails, Termine, Rückrufe, Rezepte – hat alles funktioniert.“ Allerdings habe sie sich schon ein wenig einsam gefühlt so ohne Kontakt auch zu den Kolleginnen. Jetzt, da die Tochter wieder in die Schule gehe, sei sie besonders vorsichtig. Freunde sieht sie selten, nur ihre Mutter komme mal vorbei. „Man möchte ja keinen gefährden.“

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