Duisburg. Der renommierte Wilhelm-Lehmbruck-Preis der Stadt Duisburg geht 2020 nach Kanada. Wie das Preisträgerpaar Klang zu materialisieren vermag.

Der Wilhelm-Lehmbruck-Preis der Stadt Duisburg und, ganz neu, des Landschaftsverbandes Rheinland hat einen neuen Preisträger. Preisträger, das ist im Plural zu lesen, denn erstmals wird der Preis, der 1966 aus der Taufe gehoben wurde, an ein Künstlerpaar verliehen. Die kanadischen Klangskulpturkünstler Janet Cardiff und George Bures Miller haben am Sonntag im Lehmbruck-Museum den mit 10.000 Euro dotierten Preis erhalten.

Skulpturkünstler, das ist im weitesten Sinne zu lesen, denn das Ehepaar hat in seinem Werk keine Skulpturen im klassischen Sinne geschaffen, sondern mit Fokus auf den Klang in Musik, Geräusch und gesprochenem Wort teils gewaltige Installationen hervorgebracht. Zur Preisverleihung war im Lehmbruck-Museum eine davon zu besichtigen und anzufassen. Doch zuvor erklärten Vertreter aus der Politik und der Kultur, wie sich Cardiff und Miller den Preis verdient haben.

Künstler machen in Duisburg die Immaterialität des Klanges plastisch erfahrbar

Gruppenfoto über Kontinente: Stellvertretend für Cardiff und Miller in Kanada nahm die kanadische Konsulin Lee-Ann Herman (mit Urkunde) den Lehmbruck-Preis der Stadt Duisburg entgegen.
Gruppenfoto über Kontinente: Stellvertretend für Cardiff und Miller in Kanada nahm die kanadische Konsulin Lee-Ann Herman (mit Urkunde) den Lehmbruck-Preis der Stadt Duisburg entgegen. © FUNKE Fotos Services | Rainer Hoheisel

OB Sören Link begrüßt die beiden Künstler, die per Videoschalte aus Grindrod, Kanada, zugeschaltet sind. Dort ist es 2 Uhr in der Frühe, trotzdem stehen Cardiff und Miller Freude und Stolz ins Gesicht geschrieben. Der erste Bürger der Stadt lobt die „einzigartige Klangräume“, die die beiden Kanadier seit den 80er Jahren erschaffen – und wünscht sich auch für die Stadt Duisburg einen Audio/Video-Walk, ein Format, dass die Künstler weltweit berühmt gemacht hat und mit dem Smartphone und Klang arbeitet sowie mit Augmented Reality, einer computergestützten Erweiterung der Realitätswahrnehmung.

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Auch Anne Henk-Hollstein, Vorsitzende der Landschaftsversammlung Rheinland, preist das Künstlerehepaar – aber auch das Lehmbruck-Museum, das sie als „das renommierteste und schönste Museum für Skulpturen in Deutschland“ bezeichnet. In dieser Stellung bestärkt wird das Museum im nächsten Jahr – dann kommen Cardiff und Miller mit einer ganzen Ausstellung nach Duisburg, ihre Vorfreude darauf tun die beiden am Sonntag überschwänglich kund.

Als nächstes darf dann Dr. Söke Dinkla, Museumsdirektorin des Lehmbruck, ans Mikro. „Die beiden Künstler überführen die Welt des Klanges in die Welt der Skulpturen“, erklärt die Expertin, „sie machen die Immaterialität des Klanges plastisch erfahrbar.

„Ich wollte immer in meine Bilder hineingehen können“

Wie das zu verstehen ist, erklärt Stefan Trinks, Leiter des Kunstressorts der FAZ und am Sonntagmittag Laudator für Cardiff und Miller. „Das Einwirken von Klang ist stets auch eine körperliche Erfahrung“, doziert er und nennt Janet Cardiffs „Forty Part Motet“ als Beispiel für die Arbeit des Paares. 40 Stimmen aus 40 Lautsprechern singen eine Motette, der Betrachter – oder Zuhörer? – steht in der Mitte. Dieser Interpretation von Trinks, und auch seinen Einschätzungen zu den Werken „The Dark Pool“ und „Night Walk for Edinburgh“, stimmen die beiden Künstler danach ganz begeistert zu.

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George Bures Miller erklärt die Arbeit des Duos per Videoschalte so: „Ich wollte als Maler im Studium immer in meine Bilder hineingehen können.“ Diesen Wunsch erfüllen sich die beiden mit ihrer Arbeit stets aufs Neue, auch mit dem Ausstellungsstück „The Poetry Machine“, das im Lehmbruck-Museum steht.

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Eine alte Orgel, umgeben von holzgewandeten Boxen, spielt für jeden Tastendruck ein Gedicht aus Leonard Cohens Poesiebuch „Book of Longing“ (Buch der Sehnsucht). Ganz wie von den Künstlern intendiert, gehen die Besucher in Duisburg „in das Kunstwerk hinein“ – zunächst mit vorsichtigen, einzelnen Tastenberührungen, dann mit sichtlich viel Spaß und den vollen zehn Fingern: Poesie-Kanon im Lehmbruck-Museum.

>> HOHER BESUCH AUS BERLIN ZUR PREISVERLEIHUNG

• Stellvertretend für die beiden Künstler, die die Reise nach Deutschland coronabedingt nicht antreten konnten, nahmen die kanadische Konsulin aus Düsseldorf und der kanadische Botschaftsrat aus Berlin die Urkunde entgegen.

• Der Lehmbruck-Preis wird nicht jedes Jahr verliehen. Die letzte Preisträgerin war 2017 Rebecca Horn, künftig wird die Auszeichnung wieder im Fünfjahresrhythmus vergeben.

• Das Lehmbruck-Museum, Friedrich-Wilhelm-Straße 40, hat – inklusive der „Poetry Machine“ von Cardiff und Miller – dienstags bis freitags von 12 bis 17 Uhr und samstags und sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet.