Duisburg. Das Duisburger Lehmbruck-Museum zeigt eine Vielfältige Ausstellung der Neuen Sachlichkeit. Die Zusammenstellung besticht durch Kontraste.

Es mutet beinahe erschreckend an, wie ähnlich sich die 20er Jahre dieses und des vergangenen Jahrhunderts sind. Die spanische Grippe, respektive das Coronavirus, wüten, uns ist noch der Weltkrieg vor der Pandemie erspart geblieben. Doch so bewegt die Zeiten heute sind, so bewegt waren sie auch vor hundert Jahren, künstlerischen Ausdruck fand diese besondere Phase in der neuen Sachlichkeit, einer Strömung der bildenden Kunst. Ab Donnerstag, 20. August, ist Kunst dieser, in ihrem Charakter fast schizophrenen, Stilrichtung im Duisburger Lehmbruck-Museum, Düsseldorfer Straße 51, zu bestaunen, unter dem Titel „Sachlich, Realistisch, Magisch“.

Neue Sachlichkeit in Duisburg: Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt

Lehmbruck-Museumsdirektorin Söke Dinkla (l.) und die Duisburger Kulturdezernentin Astrid Neese vor dem Bild „Rugbyspieler“ von Max Beckmann. Das Bild ist Teil einer Ausstellung zur neuen Sachlichkeit im Duisburger Museum.
Lehmbruck-Museumsdirektorin Söke Dinkla (l.) und die Duisburger Kulturdezernentin Astrid Neese vor dem Bild „Rugbyspieler“ von Max Beckmann. Das Bild ist Teil einer Ausstellung zur neuen Sachlichkeit im Duisburger Museum. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Die Werke im Souterrain des Museum stammen allesamt aus der hauseigenen Sammlung, mit dabei sind bekannte Künstler wie Max Beckmann, Otto Dix und Käthe Kollwitz, aber auch tendenziell unbekanntere Namen haben es in die „Kabinettausstellung“ geschafft. Aquarelle, Gemälde und Zeichnungen hängen dort an den Wänden, dazu gesellen sich einige Plastiken, unter anderem Käthe Kollwitz beeindruckende „Mutter mit zwei Kindern“.

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Museumsdirektorin Söke Dinkla hob vor allem die Kontraste der, auf den ersten Blick, schlichten Stilrichtung hervor – innerhalb und außerhalb der Strömung. „Die Künstler der neuen Sachlichkeit haben sich fast programmatisch vom vorhergegangenen Expressionismus abgewandt. Aber auch innerhalb der Richtung selbst gab es viele Kontraste, zwischen dem Trauma des ersten Weltkriegs auf der einen und der unbändigen Lebensfreude auf der anderen Seite.“

Mutterliebe, Tod und und Kartenspiele im Lehmbruck-Museum

Bildgewordenes Grauen: Die Zeichnung eines Erschießungskommandos bei der Ausstellung zur neuen Sachlichkeit im Duisburger Lehmbruck-Museum steht in starkem Kontrast zu lebensfrohen Zeichnungen des Nachtlebens.
Bildgewordenes Grauen: Die Zeichnung eines Erschießungskommandos bei der Ausstellung zur neuen Sachlichkeit im Duisburger Lehmbruck-Museum steht in starkem Kontrast zu lebensfrohen Zeichnungen des Nachtlebens. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Die innere Zerrissenheit der Zeit und ihrer Kunst erlebt der Besucher des Lehmbruck-Museums beim Wandeln durch das Souterrain ganz deutlich. An der einen Wand hängen Zeichnungen von lebendig-brodelnden Bars und Metropolen, Lebensfreude, auch wenn die Abwesenheit von Farbe oft schon die Ambivalenz der Gefühlswelt der Künstler vermuten lässt. Direkt gegenüber taucht die Zeichnung eines Erschießungskommandos das niedrige Kabinett in eine bedrohliche Grundstimmung.

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Ganz unterschiedlich kommen auch die Werke von Käthe Kollwitz daher, vielleicht die beeindruckendsten Stücke der gut 50 Objekte starken Ausstellung. Einerseits steht die nackte, urgewaltige Mutterliebe in der Skulptur „Mutter mit zwei Kindern“ zur Schau, gleich daneben macht sich der geflügelte Tod in einer bedrückenden Zeichnung eine Kindes habhaft – eine Arbeit mit autobiografischem Bezug, Kollwitz verlor im ersten Weltkrieg einen Sohn.

Doch die Ausstellung hat noch viel mehr zu bieten, mehrere Werke zu Kartenspielern – erneut der Bezug auf den Alltagsfokus der neuen Sachlichkeit – Porträts berühmter Künstler und Geistesgrößen der Zeit, aber auch Arbeiten Otto Pankoks zu Menschen am Rande der Gesellschaft. Und so ist ihre Vielfalt, und mit ihr die Höhen und Tiefen die der Besucher durchlebt und erleidet, vielleicht die größte Stärke der Ausstellung.

>> AUSTELLUNG BIS ZUM SOMMER 2021 IM LEHMBRUCK-MUSEUM

• Die Ausstellung eröffnet am Donnerstag, 20. August, mit einer Preview, die allerdings schon ausgebucht ist. Bis zum 18. Juli 2021 bleibt die Ausstellung im Duisburger Lehmbruck-Museum.

• Zur Kunst im Souterrain gibt es ein Begleitprogramm, etwa die „Lehmbruck Lecture“ zur Kunst, Literatur, Musik und Architektur der Zeit, am Donnerstag, 12. November, um 18 Uhr.

• Mehr Informationen zur Ausstellung, Öffnungszeiten und zum Begleitprogramm gibt es im Internet unter lehmbruckmuseum.de oder telefonisch unter 0203 283 3294.