Duisburg. Bei der Briefwahl in Duisburg gab’s viel zu tun, obwohl keine Wähler kamen. Ein Briefwahlhelfern berichtet über den Verlauf einer langen Nacht.
Noch nie haben in Duisburg so viele Menschen vorab per Briefwahl gewählt wie für die Kommunalwahl am 13. September. Auch deshalb war für die Wahlhelfer einiges anders als in den vergangenen Jahren. Für die gut 68.000 Briefwähler hat die Stadt am Sonntag 60 Briefwahllokale in der Gesamtschule Süd eingerichtet. Für die rund 480 Wahlhelfer beginnt ihre Arbeit um 15 Uhr. Wer nicht selbst Auto oder Fahrrad anreisen kann, nimmt den Shuttlebus, der ab mittags halbstündlich vom Hauptbahnhof fährt. Am Ostbahnhof, so dass man der Pegida-Demo und dem Polizeiaufgebot nicht in die Quere kommt.
Nach einem kurzen Kennenlernen kippt das Team vom Stimmbezirk 9010 die prallgefüllte Urne über zusammengestellten Tischen aus und beginnt, die gut 1200 rosa Briefumschläge zu öffnen und darin die Unterschriften auf den Wahlscheinen zu kontrollieren, bevor die verschlossenen blauen Umschläge mit den Wahlzetteln zurück in die Urne wandern. Denn erst abends darf das Auszählen beginnen. Der Einsatz des Teams wird bis 23.15 Uhr dauern.
Davon ahnen die Wahlhelfer aber noch nichts, als sie nachmittags die ersten Umschläge öffnen. Die Stimmung ist gut, alle Mitglieder haben sich freiwillig gemeldet und die Freude ist groß, als Ela Kisin als Verstärkung den umfunktionierten Klassenraum betritt. Die 18-Jährige ersetzt spontan zwei Beisitzer, die nicht gekommen sind. Erstmals ist sie als Wahlhelferin dabei und hatte eigentlich gehofft, in ihrer Nachbarschaft in Wanheim bei einer Urnenwahl dabei zu sein, wo sie auch auf Wähler getroffen wäre. „Aber hier finde ich es heute auch spannend.“
Duisburg: Urnen in den Briefwahllokalen werden um 18 Uhr geleert
So ist anfangs bei allen der Elan noch groß und die Umschläge werden mit Brieföffnern aufgeschlitzt oder mit den mit der Hand aufgerissen. Jedoch sind einige dick mit Tesafilm verklebt, was die Arbeit verlangsamt. Das Wahlamt überlässt es jedoch nicht dem Zufall, ob alle Kuverts rechtzeitig zur Auszählung geöffnet sind, deshalb besuchen Mitarbeiter mit einem elektrischen Brieföffner alle Lokale und in nur wenigen Minuten ist alles erledigt, wofür die Wahlhelfer sonst sehr viel länger gebraucht hätten.
Pünktlich um 18 Uhr wird dann die Wahlurne ein zweites Mal geleert, ein Turm aus blauen Briefen thront auf den Tischen. Auch sie müssen erst geöffnet werden, bevor die Stimmzettel für den Stadtrat, die Bezirksvertretung und das Ruhrparlament ausgezählt werden kann. Nicht ganz unerwartet, kommen noch einige neue rosa Umschläge dazu – Nachzügler, die sonntags noch rechtzeitig im Rathaus eingeworfen wurden.
Das Aufschlitzen der Umschläge ähnelt Akkordarbeit, auch nach anderthalb Stunden hat der Berg auf dem Tisch noch eine beachtliche Größe. „Oh nein, das wird gar nicht weniger“, sorgt sich Lehramtsstudentin Açelya Ağbaş. Dagegen bleibt Christina Barg, die Medizin studiert, ansteckend gut gelaunt. „Ich finde es jetzt besser als vorher“, sagt sie und meint eine frühere Urnenwahl. „Aber da hatte ich auch am nächsten Tag Prüfung.“
Corona-Mundschutz erschwert die Arbeit
Allerdings ist es allen sieben Teammitgliedern unangenehm, wegen Corona teilweise acht Stunden lang einen Mundschutz zu tragen. So wechseln einige lieber zu den Plastikvisieren, die die Stadt zur Verfügung stellt. Die Stimmzettel für den Rat sind als erste um 20.30 Uhr ausgezählt. Doch die Stimmenanzahl passt nicht zur Anzahl der unterschriebenen Wahlscheine.
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Die Differenz von fünf Stimmen schwindet auch nicht nach dem zweiten und dritten Auszählen. Niedergeschlagene Gesichter. Auch bei der Bezirksvertretung gehen die Zahlen nicht auf – und mit jedem Zähldurchgang wird es später. Kurz vor 22 Uhr kommen dann eine städtische Mitarbeiterin und ihr Kollege als Hilfe dazu. Außerdem klären sie darüber auf, dass es bei einer Briefwahl fast immer zu einer Differenz kommt.
Erschöpft geht es gegen 23 Uhr in den Feierabend
Gegen 23 Uhr sind dann auch die Stimmen fürs Ruhrparlament endlich ausgezählt, eingetütet und versiegelt. Alle Dokumente sind unterschrieben und das sogenannte Erfrischungsgeld an Teams ausbezahlt. Die Wahlhelfer vom Stimmbezirk 9010 sind erschöpft, aber froh, dass sie Feierabend haben. Die Mitarbeiter der Stadt müssen aber noch in der Gesamtschule bleiben, denn nicht alle Wahllokale haben so sorgsam gearbeitet.
>> EIN EHRENAMT, DASS MAN NICHT ABLEHNEN KANN
Anders als bei der Urnenwahl gibt es für Briefwahlhelfer keinen Publikumsverkehr. Besetzt ist ein Briefwahllokal aber ebenfalls mit sechs bis acht Duisburgern, die entweder im öffentlichen Dienst arbeiten oder sich freiwillig gemeldet haben.
In den Teams gibt es ebenfalls einen Wahlvorsteher, Schriftführer samt Stellvertretern und Beisitzer. Bei dem Einsatz am Wahlabend handelt es sich um ein Ehrenamt, dass nicht abgelehnt werden kann. Er wird aber mit einem Erfrischungsgeld von 55 bis 100 Euro belohnt.