Duisburg. Robert Habeck, Bundesvorsitzender der Grünen, kämpft in Duisburg für gerechtere Bildung, besseres Internet und das Ende der großen Koalition.
Eine Woche vor der Kommunalwahl bieten die Duisburger Grünen ihren prominentesten Vertreter auf: Bundesvorsitzender Robert Habeck kam zur Diskussion in die Innenstadt und hielt ein flammendes Plädoyer für die Demokratie, die Wahl - und seine Partei.
Robert Habeck, der Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, ist bekannt für markige Worte und Forderungen, die auf Widerstand stoßen. Seit Freitag tourt der 51-Jährige durch NRW, um über die Zukunft der Städte und Gemeinden zu diskutieren. In der vergangenen Woche hatte Claudia Roth einen ganzen Tag in Duisburg verbracht, zu Frauen - und Kulturthemen diskutiert, mit Frank Oberpichler gar gesungen. Jetzt also das männliche Pendant.
Robert Habeck in Duisburg: „Ich habe nur gute Erinnerungen an euch!“
Direkt vom Bahnhof sprang Habeck in Turnschuhen aufs Podium zum Landesvorsitzenden Felix Banaszak und berichtete von seinem letzten „legendären“ Besuch in Duisburg, wo er nach einem Treffen im UCI zur Europawahl das Video Die Zerstörung der CDU von Rezo geguckt habe. „Ich habe nur gute Erinnerungen an euch!“, sagt er lachend, um im nächsten Satz Duisburg mit Düsseldorf zu verwechseln und fast vom Podium zu fliegen.
Die Atmosphäre ist locker, freundschaftlich, rund 200 Interessierte stehen vor dem Stadttheater. Habeck plädiert, wählen zu gehen, weil jede einzelne Stimme im Verhältnis mehr Gewicht habe als bei anderen Wahlen. Abgesehen davon: „Hier trefft ihr eure Abgeordneten, hier müssen sie sich euch stellen.“
Kommunen müssen mit Umsicht den öffentlichen Raum offen halten
Habeck ist in seinem Element, nicht zuletzt, weil er den öffentlichen Raum als Ort der Begegnung schätzt. Er beobachte einen immer stärkeren Rückzug ins Private. Kommunen müssten aber mit Respekt und Umsicht den öffentlichen Raum auch in Corona-Zeiten offen halten. Dazu gehöre auch, gut ausgestattete Räume für die Öffentlichkeit vorzuhalten: Schwimmbäder, Theater und Bibliotheken etwa.
Schulen müssten aussehen wie Banken und Märkte dürften nicht nur als Parkplätze gedacht werden, fordert der Politiker. Er setze sich für eine menschenfreundliche Innenstadt ein, nicht für eine autofreundliche. Felix Banaszak ergänzt, dass der Spielraum für die Städte zu klein sei, es brauche Geld für das Schwimmbad im Duisburger Süden und im Norden, kein Entweder-oder.
Felix Banaszak: „Duisburg braucht einen Schulentwicklungsplan“
Beim Thema Bildung sagt Banaszak deutlich, dass ihn ärgert, dass Duisburg keinen Schulentwicklungsplan habe, was in anderen Städten selbstverständlich sei. Nur damit könne der Schulaus- und -neubau gesteuert werden. Außerdem müsse es eine Umkehr geben von dem Phänomen, dass in den besten Vierteln die besten Schulen stehen. „Ungleiches muss ungleich behandelt werden, das beste Personal und die besten Bedingungen müssen nicht in die Bonner Innenstadt, sondern nach Marxloh.“
Habeck ergänzt, dass der Ruf Duisburgs als Bildungsstandort gar nicht schlecht sei. Einige seiner Mitschüler seien hier zum Studium gelandet, berichtet der Flensburger.
Grüne setzen auf mehr Schulden, um die Bildungsausgaben zu verdoppeln
Auf die kritische Frage aus dem Publikum, wie er die grünen Ideen bezahlen wolle, sagt Habeck, dass stinkende Turnhallen, defekte Schulfenster und das nahezu schlechteste Internet Europas auch Schulden seien, die nur nicht in den Büchern stehen würden. Er sei dafür, Schulden zu machen, denn für jeden investierten Euro des Staates gebe es einen wirtschaftlichen Aufschwung.
35 Milliarden Euro, also ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts, für zehn Jahre aufnehmen und in Bildung, hitzeresistente Innenstädte, den ÖPNV, das Internet investieren, „damit würden wir ziemlich weit kommen“, ist Habeck sicher. Die Grünen würden die Erbschafts- und Vermögenssteuer erhöhen und dann die Bildungsausgaben verdoppeln, damit sei auch Stadtteilen wie Marxloh geholfen.
Er verspricht, im kommenden Jahr wieder nach Duisburg zu kommen. „Dann gibt es auf lokaler Ebene keine große Koalition mehr und drei Wochen später auf Bundesebene auch nicht.“
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