Duisburg. Die Anklage gegen den Ex-ZOF-Geschäftsführer wird geprüft. Der Verein befindet sich in der Insolvenz. Das plant der Insolvenzverwalter.

Dr. Andreas Röpke betreibt mit seinem Partner eine Rechtsanwaltskanzlei in Duisburg-Ruhrort und wurde im März 2019 zum Insolvenzverwalter des Vereins Zukunftsorientierte Förderung (ZOF) e.V bestellt. Diplom-Soziapädagoge Bülent Aksen, der viele Jahre für die Awo als Stadtteil-Sozialarbeiter im Duisburger Norden tätig war, war seit Februar 2017 als Abteilungsleiter Soziale Dienste bei ZOF beschäftigt. Er ist der Bruder des Angeschuldigten. Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung im April 2018 beschlossen die Mitglieder des Vereins, dass das Amt des seinerzeit inhaftierten Geschäftsführers bis auf Weiteres ruht und beauftragten Bülent Aksen, befristet bis November 2021, als Verantwortlichen für das operative Geschäft. Im Gespräch erklärt Insolvenzverwalter Röpke, wie er sich die Zukunft von ZOF vorstellt. Bülent Aksen beantwortete die Fragen schriftlich.

Welche Rolle spielt aktuell der Verein ZOF?

Röpke: Nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens darf ein Verein keine weiteren Mitglieder mehr aufnehmen. Er behält jedoch seine Rechtsfähigkeit. Auf die Geschäftstätigkeit hat der Verein keinen Einfluss mehr. Das ist Sache des Insolvenzverwalters und des Gläubigerausschusses.

Duisburger Verein will sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren

Als die Vorwürfe und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bekannt wurden – wie haben Sie reagiert?

Aksen: ZOF war wegen der zurückgehenden Flüchtlingszahlen bei den Projekten der Flüchtlingsbetreuung ohnehin in einer Umbruchphase – und auf dem Weg, sich wieder auf das Kerngeschäft der Integrationsarbeit im Rahmen von Familienhilfen zu konzentrieren.

ZOF hat im Zuge der Ermittlungen Aufträge verloren. Außerdem soll es Krisengespräche mit Städten und anderen Auftraggebern gegeben haben. Wie würden Sie das aktuelle Verhältnis von ZOF zu seinen Auftraggebern beschreiben?

Bülent Aksen ist in der Duisburger Stadtgesellschaft kein Unbekannter. Er ist studierter Diplom-Sozialpädagoge; zertifizierter Coach und Mental-Trainer. Die Duisburger kennen ihn aber auch als Stadionsprecher der MSV und als Moderator von verschiedenen Veranstaltungen.
Bülent Aksen ist in der Duisburger Stadtgesellschaft kein Unbekannter. Er ist studierter Diplom-Sozialpädagoge; zertifizierter Coach und Mental-Trainer. Die Duisburger kennen ihn aber auch als Stadionsprecher der MSV und als Moderator von verschiedenen Veranstaltungen. © FUNKE Foto Services | Foto: Lars Fröhlich

Röpke: Als ich ab 1. März zum Insolvenzverwalter bestellt wurde, war bereits absehbar, dass der Verein und nicht dessen Auftraggeber geschädigten waren.

Aksen: Durch intensiven und transparenten Austausch konnten wir in monatelanger Arbeit das Vertrauen der Behörden in uns bestätigen. Dazu gehört die tägliche Arbeit unserer Teams, aber auch das Engagement aller Verantwortlichen, das in Zeiten der Bekämpfung einer Pandemie zeitlich, psychisch und auch kräftemäßig teilweise über das Normale hinaus ging.

Wie viele Mitarbeiter hat ZOF heute?

Aksen: 99.

Herr Röpke, was spricht aus Ihrer Sicht eigentlich dafür, dass Bülent Aksen Geschäftsführer geblieben ist – und gibt es manchmal Irritationen wegen des gleichen Nachnamens in Bezug auf seinen Vorgänger?

Röpke: Ich bin kein Freund davon, im Insolvenzverfahren einen Interimsmanager einzustellen, der das Unternehmen nicht kennt und sich einarbeiten muss. Gerade in dem sozialen Bereich ist das im Zusammenspiel zwischen Auftraggeber, Klienten und Mitarbeiter nicht einfach. Gemeinsam mit dem vorläufigen Gläubigerausschuss haben wir die verwandtschaftlichen Beziehungen geprüft und intensiv besprochen. Schlussendlich hat es sich als richtig erwiesen, Bülent Aksen zu vertrauen, ohne ihn würde der Geschäftsbetrieb nicht laufen.

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Insolvenzverwalter: „Eine Namensänderung des Vereins erschien nicht nötig“

Warum ist der Name ZOF bisher noch nicht geändert worden?

Röpke: Ich habe in mehreren Belegschaftsversammlungen die Zielsetzung der Restrukturierung erläutert und dabei auch vorgeschlagen, für die Zukunft über einen neuen Namen nachzudenken. Eine Namensänderung des Vereins, die so oder so nur noch übergangsweise tätig ist, erschien da nicht nötig.

Ist der Name ZOF verbrannt?

Aksen: Die Mitarbeiter leisten einen notwendigen Dienst an der Gesellschaft. Ihre Leistungen verdienen Anerkennung und Respekt.

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Ist es normal, dass die Insolvenz nun schon 16 Monate dauert?

Röpke: Wir müssen hier zwischen der Verfahrensdauer und der Dauer der Betriebsfortführung unterscheiden. Das Insolvenzverfahren ZOF wird schon aufgrund der verschiedenen Haftungsrechtsstreite, die teilweise ja auch noch durch die Gerichtsinstanzen müssen, noch einige Jahre in Anspruch nehmen. Die Betriebsfortführung hingegen wird solange dauern, bis die Sanierung gelungen ist oder der Betrieb eingestellt werden muss.

Hatte Corona Einfluss auf Ihre Arbeit?

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Aksen: Projekte haben sich verzögert, Planungen mussten neu justiert werden – gleichzeitig sind die Auswirkungen reparabel. Wir hatten und haben den Eindruck, dass die Kommunen und Krisenstäbe einen großartigen Job gemacht haben.

Wie soll sich ZOF künftig aufstellen?

Röpke: Seit Januar 2019 haben wir bei ZOF die Aufgabenfelder stringent neu ausgerichtet. Nach der Unterstützung der Flüchtlingsarbeit nach dem Herbst 2015 zurück zu den Wurzeln mit dem Schwerpunkt der ambulanten und stationären Familien- und Jugendhilfe für Einwanderer und Menschen mit Migrationshintergrund.

Aksen: Eine gemeinnützige GmbH wäre eine mögliche neue Flagge und eine Option, die bewährte, gesellschaftlich notwendige Arbeit fortzuführen.

Röpke: Unser Ziel ist es, im Rahmen eines Insolvenzplans die laufenden Projekte zu erhalten. In den vergangenen Monaten haben sich einige größere Projekte aus diversen Gründen verzögert oder wurden verschoben. Die Ausgliederung ist sinnvoll, sobald wir mit belastbaren, kontinuierlichen Projekten Planungssicherheit haben.

Was würden Sie sich für die Zukunft von ZOF wünschen?

Aksen: Dass die Leistungsfähigkeit und der Leistungswille unserer engagierten Mitarbeiter den Respekt und die Anerkennung erfahren, die sie verdient haben.