Duisburg. Betroffenen-Initiative Lopa 2010 erneuert kurz vor neuntem Jahrestag der Loveparade-Katastrophe Kritik an der Stadt Duisburg und der Stiftung.
Die Betroffenen-Initiative Lopa 2010 erneuert kurz vor dem neunten Jahrestag der Loveparade-Katastrophe ihre Vorwürfe gegen die Stiftung „Duisburg 24.7.2010“ und die Stadt Duisburg. Beide hätten in den vergangenen Jahren zunehmend die große Gruppe der Verletzten und Traumatisierten aus den Augen verloren. „Wir fühlen uns vernachlässigt, vergessen und ein bisschen wie das fünfte Rad am Wagen“, sagte Vereinsvorsitzender Thoralf Schmidt am Montag im Gespräch mit unserer Redaktion.
Lopa 2010 repräsentiert die Interessen von rund 300 Menschen, die im Juli vor neun Jahren das tödliche Gedränge an der Zugangsrampe zum damaligen Loveparade-Gelände im Karl-Lehr-Tunnel zwar überlebt, dabei jedoch teils schwerste körperliche und/oder seelische Verletzungen erlitten hatten. Bereits seit Jahren liegen diese Gruppe und die Stiftungsverantwortlichen über Kreuz. 2016 erfolgte der Bruch. Danach gab es kaum noch Kontakte. Ein Vorwurf der Initiative lautet seitdem: Die Stiftung würde sich sehr stark auf die Betreuung der Hinterbliebenen der 21 Todesopfer konzentrieren, dafür aber die Interessen vieler Verletzter und Traumatisierter völlig vernachlässigen, so Schmidt.
Auch interessant
Viele Betroffene wurden nach der Loveparade-Katastrophe arbeitslos oder erwerbsunfähig
Einem Großteil der 300 Betroffenen, die er vertrete, gehe es bis heute sehr schlecht. Die meisten seien aufgrund psychischer Erkrankungen, die das Trauma der Katastrophe zur Folge hatte, arbeitslos oder sogar erwerbsunfähig geworden, betonte der Initiativen-Sprecher. „Viele von ihnen haben in den vergangenen Jahren ja auch schon professionelle Hilfe und Unterstützung erhalten“, räumt Schmidt ein. Doch diese Hilfe, gerade von psychiatrischer Seite, dürfe nicht einfach auslaufen oder abgebrochen werden, sondern müsse zwingend eine Fortsetzung finden. „Und zur Durchsetzung dieses Anliegens bräuchten wir auch die Unterstützung der Politik“, so Schmidt.
Die Lopa-2010-Initiative vermisst zudem eine finanzielle Unterstützung für die in der gesamten Republik verstreut lebenden Verletzten und Traumatisierten, die nun zu den beiden Gedenkfeiern am Dienstagabend („Nacht der 1000 Lichter“) und Mittwochnachmittag (Gedenkzeremonie) anreisen wollten. „Früher gab es da Zuschüsse, nun seit einigen Jahren nicht mehr. Wir wundern uns, dass die Stiftung dafür kein Geld mehr zur Verfügung stellt“, sagt Schmidt. Überhaupt beklagt die Initiative fehlende Transparenz, was genau mit dem Stiftungsvermögen geschehen ist.
Bei der Ausgabe des Stiftungsvermögens fehlt Lopa 2010 die Transparenz
Einige der Gelder seien in die Durchführung von so genannten Stuhlkreisen geflossen, mit denen die Evangelische Kirche psychisch Erkrankten ein Hilfsangebot machen wollte. „Im Nachhinein haben diese Treffen den meisten Teilnehmern aber eher geschadet als geholfen“, kritisiert Schmidt im Namen der Initiative.
Weil einige Lopa-2010-Mitglieder trotzdem am Dienstag und Mittwoch vor Ort mittrauern und mit gedenken wollen, werden sie sich in Kleingruppen treffen und an der Gedenkstätte im Tunnel zugegen sein – das aber nicht während der offiziellen Term
Auch interessant
ine, sondern davor oder danach.
Auch interessant
Wichtig sei es, so Schmidt, dass die Initiative an einer Wiederaufnahme des Dialogs und einer konstruktiven Lösung interessiert ist. „Es gibt inzwischen schon seit zwei Jahren gar keinen Kontakt mehr zur Stadt mit Oberbürgermeister Sören Link oder der Stiftung mit Herrn Widera. Wir hoffen aber, dass es wieder eine respektvolle Zusammenarbeit aller Beteiligten geben kann – gerade mit Blick aufs kommende Jahr“, sagt Schmidt.
Loveparade-Katastrophe jährt sich 2020 zum zehnten Mal
2020 jährt sich die Loveparade-Katastrophe zum zehnten Mal. Und anlässlich dieses runden Jahrestages wird die Trauerzeremonie dann sicherlich auch noch einmal größer ausfallen. 2020 droht zudem die Einstellung des Loveparade-Prozesses, der seit Ende 2017 vor dem Landgericht Duisburg läuft. Denn im nächsten Jahr, genau am 27. Juli 2020, wären die Tatvorwürfe wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung verjährt, wenn es bis dahin kein erstinstanzliches Urteil gibt.
Auch interessant
„Unsere Wunschlösung wäre ein runder Tisch“, sagt Schmidt. An diesem sollen Vertreter der Kommunal- und der Landespolitik sowie der Stiftung, der Hinterbliebenen und der Verletzten/Traumatisierten Platz nehmen. „Wir glauben, dass dies der beste Weg für eine vernünftige Lösung im Interesse aller ist“, so Schmidt. Fast alle Überlebenden wünschten sich nichts mehr, als endlich mit dem erlittenen Trauma ein Stück weit abschließen zu können. Oder wie Schmidt es formuliert: „Jeder von uns sehnt sich einfach nur noch nach innerer Ruhe.“