Duisburg. . Nach dem Wirbel um ihr 376.000-Euro-Gehalt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die entlassene WfbM-Chefin Roselyne Rogg. Der Vorwurf: Untreue.
Der Skandal schlägt Wellen auch außerhalb von Duisburg – seit Mittwoch ermittelt die Staatsanwaltschaft. Sie hat gegen den ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden und die ehemalige Geschäftsführerin der Werkstatt für Menschen mit Behinderung in Duisburg ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue eingeleitet.
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Der Aufsichtsrat hatte Roselyne Rogg, bis dahin Geschäftsführerin, vergangene Woche fristlos entlassen. 376.000 Euro verdiente sie zuletzt – das Kontrollgremium beteuert, es nicht gewusst zu haben. In einer Pressekonferenz hatte die 54-Jährige ihre Bezüge angemessen genannt. Zugleich hatte sie angekündigt, wegen mangelnden Rückhalts im Aufsichtsrat ihre Tätigkeit mit Auslaufen ihres Vertrages zu Ende Juni 2019 zu beenden.
Rogg hat inzwischen Hausverbot
Einen Tag später zog der Aufsichtsrat einstimmig die Reißleine und erteilte ihr obendrein Hausverbot. Das Vertrauensverhältnis sei „irreparabel gestört“, nachdem Dokumente „den Schluss zulassen“, dass ihre Vertragsverlängerung dem Aufsichtsrat 2013 vorgelegt wurde – nicht aber die zugleich unterzeichnete Gehaltserhöhung.
„Nach Durchsicht und Prüfung verschiedener Gutachten zur Verhältnismäßigkeit der Gehaltszahlungen, die die ehemalige Geschäftsführerin bezogen hat, liegen nach Auffassung der Staatsanwaltschaft zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Anfangsverdacht einer Untreue gegen beide Beschuldigte begründen“, sagt die Staatsanwaltschaft nun.
Ein Festgehalt von 200.000 Euro
Um welche Summen es ging, hatte Rogg in ihrer Presseerklärung bereitwillig mitgeteilt. Angefangen hat sie Mitte 2009 mit einem Jahresgehalt von 85.000 Euro zuzüglich 30.000 Euro für die Altersvorsorge und 24.000 Euro Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen. Dazu gab’s einen Dienstwagen.
Anfang 2010 wurde das Festgehalt auf 120.000 Euro erhöht, dazu eine Extrazahlung von 15 Prozent des Fixums. 2013 stieg dieses auf 150.000, der Betrag für die Altersvorsorge auf 80.000 Euro. Und 2016 gab’s noch ein Schüppchen drauf: 200.000 Euro Festgehalt plus 100.000 Euro für die Altersvorsorge. Diese Bezüge „stehen im direkten Kontext zu meinen Leistungen“, beteuerte Rogg.
Zum Vergleich: Der Chef der Werkstatt für angepasste Arbeit in Düsseldorf erhielt 2017 118.000 Euro. Der Chef der Gesellschaft für Soziale Dienstleistungen Essen bekam laut städtischem Beteiligungsbericht 2016 rund 140.000 Euro.
Einnahmen der Werkstatt gesteigert
In ihrer Amtszeit, so führte Rogg aus, seien die Einnahmen der Werkstatt von 18 Millionen (2009) auf 26,7 Millionen (2017) gestiegen. Umsätze durch Verkauf eigener Produkte und Dienstleistungen habe man von 1,1 Millionen auf 2,7 Millionen Euro gesteigert. Die Zahl der behinderten Mitarbeiter sei um 20, die der Mitarbeiter ohne Behinderung um 50 Prozent gestiegen. Ihr Fazit: „Die WFBM steht heute besser da denn je.“
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Zur Angemessenheit ihrer Vergütung liegen zwei Gutachten vor. Eines ist von der Werkstatt in Auftrag gegeben worden und kommt zu dem Schluss, die Bezahlung sei „für die von Frau Rogg erbrachte Leistung angemessen“. In einem weiteren Gutachten, in Auftrag gegeben vom Aufsichtsrat der Werkstatt, kommen andere Wirtschaftsprüfer zu einem anderen Ergebnis: Die zuletzt gezahlten Bezüge seien „zu hoch“, angemessen wären 150.000 bis 180.000 Euro.
Aufsichtsrat bescheinigt Rogg gute Arbeit
Was wusste der Aufsichtsrat? Ihr Ansprechpartner in Gehaltsangelegenheiten, so Rogg, sei der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Reinhold Spaniel gewesen, bis November 2017 Sozialdezernent und Stadtdirektor, jetzt im Ruhestand. „Über Gehalt ist in all den Jahren nicht gesprochen worden“, berichtete Manfred Lücke vom Verein für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung, einer von zwei stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden. Wie Dagmar Frochte von der Lebenshilfe, auch sie Stellvertreterin, bescheinigte er Rogg gute Arbeit. Und Spaniel? Spaniel schweigt.
Dass Duisburgs Oberbürgermeister, wie von Rogg angedeutet, in ihre Gehaltsverhandlungen eingebunden gewesen sei, wies die Stadt entschieden zurück: „Zu keinem Zeitpunkt war ein Gehalt in der heute zur Rede stehenden Dimension mit Oberbürgermeister Sören Link abgesprochen – und es hat und hätte auch niemals seine Zustimmung gefunden.“
Sommerfest trotz aller Turbulenzen
Nun werde eine weitere Wirtschaftsprüferkanzlei mit weitergehenden Nachforschungen beauftragt, kündigte der aktuelle Aufsichtsratsvorsitzende der Werkstatt, Duisburgs Sozialdezernent Thomas Krützberg, an. Dabei soll es auch um schuld-, zivil- und strafrechtliche Aspekte gehen.
Auf Wunsch von OB Link soll auch der städtische Rechnungsprüfungsausschuss in die Aufklärung einbezogen werden. Krützberg kündigte zudem an, dass der Aufsichtsrat umgehend die Prüfung von Schadensersatzpflichten einleiten wird.
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Geleitet wird die Werkstatt nun erst ein mal von zwei Prokuristen. Ein Sommerfest fand am Samstag trotz aller Turbulenzen statt, und dort war auch Kritik an der Ex-Chefin zu hören. Es habe zu wenig Mitarbeiter für die Betreuung der Behinderten gegeben, die Vermarktung nach außen sei wichtiger gewesen als der Umgang mit den Beschäftigten.
Und für eine Auszeichnung als besonders innovatives Unternehmen musste bezahlt werden: Es waren rund 10.000 Euro aus der Werkstattkasse.
Anmerkung der Redaktion: Wir werden weiterhin über die aktuellen Entwicklungen rund um die Duisburger Werkstatt für Menschen mit Behinderung berichten. Besuchen Sie uns wieder, um alles Wichtige zum Thema zu erfahren.