Duisburg.. Duisburg Dockers haben ein Wrestling-Schnuppertraining für Mädchen und Frauen veranstaltet. Abteilungsleiter Daniel Böx lehrte sie die Grundlagen.
Ihr Gegner schleudert Hannah Orth in die Ringseile, sie federt zurück und rennt furchtlos auf den Hünen zu. Daniel Böx packt die zierliche 16-Jährige und will sie auf den Ringboden werfen. Doch Hannah ist zu flink. Sie nutzt ihren Schwung, springt, verkeilt seinen Kopf zwischen ihren Oberschenkeln und reißt ihn mit dieser Kopfschere um. Er landend krachend mit dem Gesicht auf der Matte. Blitzschnell ist die Jugendliche auf seinem Rücken und verdreht ihm den Arm. Plötzlich erfüllt Jubel die Sporthalle in Obermarxloh, und auch Böx’ Schmerzgrimasse weicht einem Grinsen.
„Super gemacht“, lobt der 34-jährige Daniel Böx, der die Wrestler des US-Sportvereins Duisburg Dockers trainiert und leitet. Er bietet jetzt ein Schnuppertraining für Mädchen und Frauen an, sonst übt seine Abteilung in gemischten Gruppen. Sieben Mädels sind gekommen, die meisten gehören bereits zum Verein. Julie Guckes (23) hatte die Idee zur Veranstaltung und freut sich über die Teilnehmerinnen. „Gerade schüchterne Mädels lernen bei uns Selbstbewusstsein“, sagt die Studentin. Denn sie würden nicht nur fit, sondern müssten sich außerdem bei Schaukämpfen vor Publikum präsentieren.
Selbstvertrauen hat Hanna Orth reichlich, erst recht seit ihrem Ringdebüt im September. Obwohl ihr die Kopfschere gut gelungen ist, möchte sie trotzdem beim nächsten Kampf nicht gegen den gut 1,90 großen und über 100 Kilo schweren Böx antreten. „Ich bin zierlich. Mir nimmt doch keiner ab, dass ich so große Gegner auf die Matte werfe.“
Sie hat recht, aber Böx wollte den Mädels etwas beweisen: „Je mehr ihr eurem Gegner bei einer Aktion helft, desto weniger Kraft braucht er.“ Nach dieser Lektion stehen zunächst die Grundlagen an: Fallen, Ringseillaufen, Halte- und Aufgabegriffe sowie Würfe, Schläge und Tritte. „Wir hauen uns hier nicht wirklich aufs Maul“, erklärt er, „aber weh tut es trotzdem.“ Zwar längst nicht so sehr, wie man die Zuschauer glauben machen möchte, aber nach einem Schaukampf bleiben Blutergüsse und Striemen. Der richtige Gesichtsausdruck nach einem vermeintlichen Volltreffer hilft jedoch, ihn möglichst echt aussehen zu lassen.
Vielen Vorurteilen von Mitschülern ausgesetzt
Neuling Denise Wiegmann (13) will alle Tricks lernen, die sie von ihren Idolen Paige, Sasha Bank oder Roman Reigns aus der US-Profi-Liga WWE kennt. Sie ist das zweite Mal bei den Dockers und musste zuvor bei ihren Eltern einige Überzeugungsarbeit leisten. In der Schule habe es außerdem Beleidigungen gehagelt, weil Klassenkameraden glaubten, ihr Hobby sei ein Männersport, in dem Mädchen nichts zu suchen hätten. „Davon lasse ich mich nicht entmutigen, ich will hier mein Bestes geben.“
Das trifft auch auf Nadine zu. Seit sechs Monaten kommt die 14-Jährige jeden Sonntag extra aus Leverkusen zum Training. Vorurteile gegen ihren Sport kennt sie ebenfalls: „Ja, vieles ist abgesprochen, aber unsere blauen Flecken und der Muskelkater sind real.“ Bei den Dockers fühlt sie sich sehr wohl. „Ich bin eine Frau und will ernst genommen werden.“ In dem Duisburger Breitensportverein seien Wrestlerinnen tatsächlich gleichwertige Mitglieder und ihre Schaukämpfe nicht bloß Pausenfüller. Und das gegenseitige Vertrauen sei so groß, „dass wir nicht mit Samthandschuhen angefasst werden“.
Mit wuchtigen Oberarmen wirken die Aktionen glaubhafter
Um sich selbst zu schützen, stemmt Nadine zusätzlich schwere Gewichte im Fitnessstudio. „Ich möchte große Muskeln haben, damit ich mich nicht verletze.“ Mit wuchtigen Oberarmen hätte sie ein größeres Repertoire an Aktionen, die man glaubhaft verkaufen kann. Irgendwann will sie ihren Trainer in einem Kampf über ihren Kopf hieven und auf die Matte schmettern. Das soll natürlich echt aussehen. Bis es soweit ist, muss sie aber noch viel Muskelmasse zulegen.
Doch jetzt gibt es keine Zuschauer, daher will sich Nadine gleich mit Daniel Böx messen – sobald ihre Trainingspartnerin Hannah Orth mit ihm fertig ist.
Die nächsten Schaukämpfe steigen im Dezember
nur für Mädchen ist wichtig“, sagt Wrestlerin Julie Guckes, die die Idee dazu hatte. „Mädels stört oft, dass Männer zugucken. Sie fürchten, dass sie sich dann blamieren.“ Beim Frauentraining entstand durch die kleine Gruppe ein enges Zusammengehörigkeitsgefühl, das die Motivation der Teilnehmerinnen steigerte.
Sonntags von 12 bis 16 Uhr ist zudem gemischtes Probetraining ab zwölf Jahren an der Kampstraße 121 in Obermarxloh möglich.
Die nächste Wrestling-Show, „Silent Night“, ist am Sonntag, 18. Dezember, um 16 Uhr an der Duissernstraße 16, Eintritt: 7 Euro. Weitere Infos zur Abteilung auf www.dockers-wrestling.de