Dortmund. Die Wrestling-Stars der WWE gastieren in der Westfalenhalle. Der Schweizer Cesaro vermag in ungewohnter Rolle zu glänzen.
Claudio Castagnoli ist ein umgänglicher, höflicher Mensch. Immer einen Witz auf den Lippen, meist mit einem Lächeln auf dem Gesicht und dazu mit großartigen Wrestling-Fähigkeiten ausgestattet. Dies macht ihn, im Ring unter dem Namen „Cesaro“ unterwegs, zu einem der meistrespektiertesten Athleten der Marktführer-Liga WWE. Zudem hat er im Hauptkader des milliardenschweren Unternehmens ein Alleinstellungsmerkmal: Der Schweizer, geboren in Luzern, spricht als einziger aktueller WWE-Star deutsch. In der Regel liebt ihn das deutsche Publikum – an diesem Abend in Dortmund ist aber alles anders.
48 Stunden vor der Show in der leider nur halb gefülllten Westfalenhalle eroberte Cesaro im Rahmen der TV-Sendung „Monday Night RAW“ mit seinem Partner, dem Iren „Sheamus“, die Tag Team-Gürtel. Allerdings: Die bisherigen Titelträger Seth Rollins und Dean Ambrose, besser bekannt als „The Shield“, gehören zu den wenigen Superstars, die vom hiesigen Publikum noch inniger geliebt werden. Im Hauptmatch bleiben die sonst so lautstarken „Cesaro, ohooo“-Sprechchöre aus, das Gros der Besucher hält es mit den pechschwarzen gekleideten „Shield“-Jungs.
Wie zwei Hämmer, die aufeinanderprallen
Was den Schweizer eher weniger stört: „Es ist super, dass wir jetzt die Titel nach Deutschland bringen können. Und je mehr Stimmung in der Halle ist, desto mehr Spaß haben wir“ - egal, ob man bejubelt oder ausgebuht wird. Die gemeinsame Geschichte schweißt halt zusammen: Noch vor einem Jahr lieferten sich Cesaro und sein irischer Partner erbitterte Fights, nun sind sie seit einigen Monaten nicht nur im Ring ein starkes Team: „Mittlerweile sind wir beste Kumpels, die außerhalb des Rings Insider-Witze miteinander teilen und im Ring agieren wie zwei Hämmer, die aufeinanderprallen."
Die gemeinsame Chemie spürt der Zuseher im Match gegen das „Shield“ und die als Überraschungsgast spontan mitwirkenden „The New Day“. Nachdem die Besucher manch einseitige oder auch weniger ansehnliche Darbietung zu sehen bekam, reißt der über 20-minütige Fight der drei Tag Teams auch den Letzten in der Westfalenhalle mit. „Wir genießen diese ganzen Sprechgesänge. So etwas kennt man in den USA nicht“, weiß Cesaro.
Wer beim Zuschauen selbst auf den Gedanken kommt, es persönlich als Wrestler probieren zu wollen, für den hatten Cesaro und Sheamus noch einige gute Tipps parat: „Besucht eine gute Wrestlingschule, seid bereit, eine Menge Opfer zu bringen und seht die Sache als ein Karriere-Ding und nicht als Hobby.“ Um dann augenzwinkernd anzufügen: „Wenn ein Schweizer WWE-Champ sein kann, kann es jeder.“ Und nach vielen Jahren harter Arbeit kann man sich vielleicht auch so lautstark von Tausenden ausbuhen lassen wie Möchtegern-Hollywood-Star Michael„The Miz“ Mizanin, der das Publikum in der BVB-Hochburg mit einem lautstarken „Mia San Mia“, dem Credo des FC Bayern, nahezu vollständig gegen sich aufbringt.
Ein deutsches Trio schreitet voran
Drei Deutsche kommen dem großen Ziel, eines Tages auf der großen WWE-Bühne stehen zu dürfen, derweil immer näher. Vor einigen Monaten begannen die vor allem durch ihre Arbeit für die im Ruhrgebiet ansässige Liga WxW bekannten Marcel Barthel und Jazzy „The Alpha Female“ Gabert mit dem Training im WWE-Leistungszentrum in Orlando, wo sie bald bei Shows der Nachwuchsdivision „NXT“ auftreten. Einen großen Schritt weiter ist der Dresdner Axel Tischer, bekannt unter dem Ringnamen „Alexander Wolfe“. Er hält seit dem 19. August diesen Jahres den NXT-Tag Team-Gürtel.
Nach Deutschland verschlug es von die von vielen Wrestling-Fans hoch geschätzte Show noch nie. Unsere Nachfrage, wann sich dies endlich einmal ändern könnte, beantwortet der zuständige WWE-Pressesprecher leider so unpräzise wie möglich: „Es ist WWE. Erwartet das Unerwartete.“ Das Warten auf ein Treffen mit den einheimischen Stars geht also weiter. Bis dahin kann man weiterhin Cesaro bejubeln. Oder auch ausbuhen.