Bottrop. Die Stadt Bottrop wird das Sicherheitspersonal in Flüchtlingsunterkünften reduzieren. Die erste Ausschreibung läuft. Das sind die Einsatzorte.
Es ist eine Sparmaßnahme, die manchen beunruhigen könnte: Die Stadt wird künftig weniger Sicherheitspersonal in Flüchtlingsunterkünften einsetzen. Aktuell läuft die Ausschreibung für mehrere Kombi-Bewachungen, in denen eine Security-Firma jeweils zwischen zwei Standorten pendeln soll.
Zusammengefasst werden sollen folgende Standorte:
- Am Lamperfeld/Hans-Böckler-Straße mit Schubertstraße und Brauhaus an der Gladbecker Straße. Letztgenannter Standort soll bald ganz geschlossen werden.
- Am Tollstock mit Fernewaldstraße (Schacht 9 in Grafenwald)
- Schellingstraße mit Glückaufstraße
Security in Bottroper Flüchtlingsunterkünften nur noch abends und nachts
Laut Ausschreibung sollen die Bewachung der Kombi-Standorte mit jeweils zwei Security-Mitarbeitern gesichert werden – allerdings nur in der Zeit von 20 bis 6 Uhr. Die Mitarbeiter sollen regelmäßige Kontrollgänge innerhalb der Unterkunft durchführen, ebenso wie Zugangskontrollen. „Der Dienstleister hat an allen Objekten eine Notfallrufnummer zu hinterlassen, unter welcher er während der vereinbarten Dienstzeit immer erreichbar ist“, heißt es in der Ausschreibung.
Damit senkt die Stadt, die jährlich einen siebenstelligen Betrag für Security in Flüchtlingsunterkünften zahlt, Kosten. Die Aufträge werden weiterhin ausschließlich nach dem Preis-Kriterium vergeben, allerdings sind die Anforderungen an die Sicherheitsdienstmitarbeiter gestiegen.
Ist es vertretbar, in Flüchtlingsunterkünften das Sicherheitspersonal zu reduzieren? „Die Lage lässt das zu“, sagt Pia Blümling, stellvertretende Sozialamtsleiterin. Die Unterkünfte sind so ausgewählt, dass die Fahrzeit dazwischen nur wenige Minuten dauert. „Wenn etwas passiert, sind die Mitarbeiter sofort da“, so die Einschätzung von Pia Blümling.
Acht bis neun Polizeieinsätze pro Monat in Bottroper Flüchtlingsunterkünften
Wir haben bei der Polizei die Einsatzzahlen für fünf Unterkünfte im Jahr 2023 abgefragt: Schacht 10 und Schacht 9, Borsigweg, Schubertstraße und Wildenhoff. Die Polizei darf keine genauen Angaben zu Einsätzen nach Adressen machen, aber so viel: „Wir waren in allen Unterkünften zusammen acht bis neun Mal monatlich im Einsatz“, sagt Sprecherin Annette Achenbach. „Hinzu kamen Aufklärungseinsätze.“ In diesen Fällen fährt die Streifen gelegentlich vorbei, um nach dem Rechten zu sehen.
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Die meisten Einsätze habe es aber an einer der abgefragten Unterkünfte gegeben. Welche das war, kann Pia Blümling beantworten: der Borsigweg. „Dort leben Menschen in multiplen Problemlagen.“ Das sind vor allem Menschen ohne festen Wohnsitz, die dort ein Nachtasyl suchen oder eine Wohnung nutzen. Darunter sind auch Geflüchtete, mit denen das Zusammenleben in großen Unterkünften nicht funktioniert hat. Viele der Borsigweg-Bewohner haben eine Suchterkrankung. „Es ist klar, dass dieser Ort anfällig für Polizeieinsätze ist“, sagt die stellvertretende Sozialamtsleiterin.
Security am Borsigweg: Auftrag ist immer noch nicht ausgeschrieben
Auch am Borsigweg soll es eine neue Ausschreibung des Sicherheitsdienstes geben – das kündigt die Stadt bereits seit einem halben Jahr an, hat sie aber noch nicht umgesetzt. Hintergrund ist, dass die Unterkünfte am Borsigweg von der Firma bewacht werden, die Bestandteil der Korruptionsermittlungen durch die Essener Staatsanwaltschaft ist. Aufgrund des „Vertrauensverlustes“ hatte der Verwaltungsvorstand der Stadt beschlossen, alle Verträge mit dem Sicherheitsdienst zu kündigen. Das ist aber auch ein Jahr nach Beginn der Ermittlungen immer noch nicht passiert.
Grund für die Verzögerung seien laut städtischer Pressestelle „personelle Engpässen im Fachbereich Immobilienwirtschaft und notwendige verwaltungsinterne Absprachen.“ Die Ausschreibung werde nun vorbereitet, hieß es im Februar. Veröffentlicht worden ist sie noch nicht.
Auftrag für Borsigweg ohne Ausschreibung vergeben
Pikant war die damalige Vergabe an den besagten Sicherheitsdienst deshalb, weil der Security-Auftrag im März 2021 ohne Ausschreibung vergeben worden ist. Die Stadt hatte sich damals, inmitten der Corona-Zeit, auf das Vergaberecht berufen, laut dem ein Verfahren ohne Wettbewerb möglich ist, „wenn äußerst dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die der betreffende öffentliche Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die Mindestfristen einzuhalten“. Rund 400.000 Euro jährlich zahlt die Stadt seitdem für die Sicherheit am Borsigweg – also bislang etwa 1,2 Millionen Euro.
Nun wird demnächst die neue Ausschreibung erfolgen, allerdings mit reduzierten Einsatzzeiten. Obwohl es am Borsigweg regelmäßige Polizeieinsätze gibt – wegen unterschiedlicher Vergehen wie Diebstahl, Körperverletzung oder Ruhestörung – wird auch dort der Sicherheitsdienst zurückgefahren und künftig nur noch von 20 bis 6 Uhr vor Ort sein. Die Stadt wird am Borsigweg aber kein Tandem fahren, die Security ist nur für diesen Standort zuständig.
Auch diese Sparmaßnahme sei nach Einschätzung der stellvertretenden Sozialamtsleiterin Pia Blümling vertretbar. „Wir haben die Kontaktstelle gestärkt und einen weiteren Sozialarbeiter eingesetzt.“ Somit sei immer jemand vor Ort. Pia Blümling weist zudem darauf hin, dass es vor der Corona-Zeit gar keinen Sicherheitsdienst am Borsigweg gegeben hat.
>>> Auch Sicherheitsauftrag an Schacht 10 wird neu vergeben
An Bottrops größter Flüchtlingsunterkunft an Schacht 10 läuft derzeit noch ein Sicherheitsauftrag bis Mitte Juni 2024. Anschließend wird die Stadt auch die Bewachung an diesem Standort an ein neues Unternehmen ausschreiben. Weil die Unterkunft weiter außerhalb liegt, werde sie nicht in Kombination mit einer weiteren bewacht.