Bottrop. Selbst Hauswände wackeln, wenn in Bottrop schwere Fahrzeuge über die Hegestraße rollen. Wie die Stadt mit ihren Aussagen die Leute verärgert.
Die Verärgerung der Anwohnerinnen und Anwohner über den Verkehrslärm an der Hegestraße in Grafenwald nimmt weiter zu. „Wir fühlen uns verhöhnt“, sagt Ulla Paß. Ihre Kritik richtet sich vor allem an die Stadtverwaltung. Dass die Verwaltung nach den Anwohnerprotesten an der Hegestraße bisher so gut wie nichts Wirkungsvolles gegen die Lärmbelästigungen unternommen habe, sei eigentlich an sich schon ärgerlich genug, meint die Gräfenwälderin. Obendrein stellt sie aber auch noch fest: „Das ist hier inzwischen ja alles noch viel schlimmer geworden“.
Ulla Paß und Ehemann Josef stehen mit ihrer Kritik über den Verkehrslärm an der Hegestraße nicht allein. Mehr als 100 Unterschriften hatte ein Kreis aufgebrachter Anwohnerinnen und Anwohnern gesammelt. Die Unterschriftenlisten sind im Rathaus eingereicht. Abhilfe habe die Stadtverwaltung seitdem nicht geleistet. „Man hat hier ein Tempo-Display hingestellt. Das ist alles“, sagt Ulla Paß enttäuscht. Sie habe außerdem den Hinweis erhalten, dass die Hegestraße in einigen Jahren ja neu ausgebaut werden solle. „Frühestens 2026/27“, heißt es inzwischen bei der Stadt.
„Nachts um halb Vier falle ich hier förmlich aus dem Bett“
Sowohl Ulla Paß als auch ihre Nachbarinnen und Nachbarn haben allerdings den Eindruck, die Behörden nähmen die Beschwerden der Anlieger nicht ernst. So lautete eine Antwort aus dem Tiefbauamt auf die Bürgerbeschwerden schon im Januar 2021 tatsächlich: „Eine aktuelle Prüfung vor Ort durch die städtische Straßenunterhaltung hat ergeben, dass die vorgefundenen Fahrbahnunebenheiten weiterhin im Toleranzbereich liegen und somit auch von städtischer Seite kein weiterer Handlungsbedarf gesehen wird.“ Aus Sicht der Anwohnerinnen und Anwohner ist das ein starkes Stück, liest sich das doch so, als hätten sie sich grundlos beklagt.
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In ihren Wohnzimmern und Küchen aber wackeln die Schränke und es klirrt das Porzellan; vor allem wenn schwere Lastwagen über die Hegestraße rollen. Nachts würden viele von ihnen durch lautes Gepoltere aus dem Schlaf gerissen. „Um halb vier falle ich hier förmlich aus dem Bett“, beklagt sich Ulla Paß über die lärmenden Transporter, die ihr und etlichen anderen die Nachtruhe rauben. Nach Erdarbeiten, bei denen offenbar Kabel und Rohre quer zur Straße verlegt wurden, sei die Fahrbahn der Hegestraße inzwischen auch noch unebener als je zuvor.
Lkw rumpeln laut über schlecht geflickte Fahrbahnstellen
Wegen der schlecht geflickten Fahrbahnstellen, des welligen Asphaltes und der Straßenschäden seien die Verkehrsgeräusche durch Lkw und auch Pkw mit Anhängern, die darüber fahren, inzwischen noch lauter zu hören. Zu schnell fahren Pkw und Lkw sowieso, ärgert sich die Grafenwälderin. Vor allem nachts mache dies um so mehr Lärm. Als Hauptverursacher machen die Anwohnerinnen und Anwohner die großen Transporter der Spedition aus, die für das nahe Glaswerk in Gladbeck fahren. „Das scheppert dermaßen, wenn die über die Fahrbahnwellen poltern“, ärgert sich Ulla Paß.
Lärmaktionsplanung
Im Rahmen der Lärmaktionsplanung hatte die Stadt eine aktuelle Verkehrszählung veranlasst. Diese Werte müssen jetzt transformiert werden, heißt es. Im Anschluss daran erfolgen noch einmal Detailberechnungen auch für die Hegestraße.
Auf dieser Grundlage wird dann geprüft, ob Maßnahmen vor dem ohnehin geplanten Umbau der Straße umgesetzt werden. Nach der Ermittlung weiterer Berechnungsergebnisse wird es auch noch eine Beteiligung der Öffentlichkeit zur Lärmaktionsplanung geben.
Laut werde es vor allem, wenn die Transporter leer fahren. Seien sie aber voll beladen und rollen mit erhöhtem Tempo über die beschädigten Fahrbahnstellen, wackeln in den umliegenden Häusern sogar die Wände. Die Forderung der Anwohner nach einem Tempo 30-Limit hatte die Stadt aber zurückgewiesen. „Man hat uns gesagt, dass dies nicht möglich sei, weil die Hegestraße eine Verbindungsstraße zwischen den Städten sei“, wundert sich die Grafenwälderin.
Verwaltung behauptet: „Keine nennenswerten Verstöße“
Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürften an solchen Straßen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage bestehe, heißt es seitens der Verwaltung. Handeln können die Verkehrsbehörden demnach durchaus. So heißt er erläuternd: Örtliche Verhältnisse können in der Streckenführung, dem Ausbauzustand der Straße, witterungsbedingten Einflüssen, der Verkehrs- sowie Lärmbelastung und den Unfallzahlen begründet sein.
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„Das alles war und ist aber auf der Hegestraße derzeit nicht gegeben, so dass eine Geschwindigkeits-reduzierung zunächst nicht vorgesehen ist“, teilt Stadtsprecher Thorsten Albrecht auf Basis der Informationen aus der Verwaltung mit. Es seien bisher auch „keine nennenswerten Verstöße“ zu verzeichnen. So sei im vergangenen Jahr das Tempo auch nachts kontrolliert worden. „Auch diese Messungen waren unauffällig“, berichtet der Stadtsprecher.
Anwohner fordern nachts Tempo 30 wie an anderen Straßen
Sie erleben das allerdings völlig anders, versichern empörte Anwohnerinnen und Anwohner wie Ulla Paß. Ihre Verärgerung ist auch deshalb groß, weil die Stadt an anderen Straßen erst vor kurzem Tempo-Limits eingeführt hatte: etwa an der Hans-Böckler-Straße. Auch auf der Gladbecker Straße dürfen Autos jetzt von 22 Uhr bis 6 Uhr von Stadtmitte bis zur Stadtgrenze in beide Fahrtrichtungen maximal 30 Kilometer pro Stunde fahren. „Ist die Gladbecker Straße etwa keine Verbindung zwischen den Städten?, fragt Ulla Paß rhetorisch und fordert den gleichen Lärmschutz für die Anwohnerinnen und Anwohner der Hegestraße: Tempo 30 zumindest nachts.