Bottrop. Beim WAZ-Medizinforum im Marienhospital Bottrop zeigten Experten: Der Sekundentod hat meistens eine Vorgeschichte. Das sind ihre Empfehlungen.

In der diesjährigen „Herzwoche“ stellt die Deutsche Herzstiftung den plötzlichen Herztod in den Vordergrund. Im Rahmen des WAZ-Medizinforums referierten im Marienhospital die beiden Kardiologie-Chefärzte Dr. Michael Markant und Dr. Anja Dorszewski zum Thema „Herzkrank? Schütze dich vor dem Herzstillstand“.

Plötzlicher Herztod: Rund 65.000 Menschen sterben jährlich daran

Jährlich erleiden etwa 65.000 Menschen in Deutschland einen plötzlichen Herztod, erklärte Dr. Michael Markant zu Beginn seines Vortrages zum Thema „Herzinfarkt und Herzschwäche als Risiken für den plötzlichen Herztod“. Dieser hat meist eine „Vorgeschichte“, häufigste Ursache sei eine Erkrankung der Herzkranzgefäße, die koronare Herzkrankheit (KHK), meist zurückzuführen auf Ablagerungen, die Durchblutung und ausreichende Sauerstoffversorgung behindern. Das Risiko steige bei zunehmendem Lebensalter, besonders nach dem 70. Lebensjahr, aber auch jüngere Menschen könne es treffen. Männer seien zwar statistisch stärker gefährdet als Frauen, aber es sei „keine reine Männerkrankheit“.

Dr. Michael Markant, Chefarzt für Kardiologie am Marienhospital Bottrop, sprach beim WAZ-Medizinforum über „Herzinfarkt und Herzschwäche als Risiken für den plötzlichen Herztod“.
Dr. Michael Markant, Chefarzt für Kardiologie am Marienhospital Bottrop, sprach beim WAZ-Medizinforum über „Herzinfarkt und Herzschwäche als Risiken für den plötzlichen Herztod“. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Ursache für den plötzlichen Herztod sei zudem häufig eine nicht diagnostizierte Herzschwäche. Anzeichen dafür seien unter anderem Kurzatmigkeit, Abnahme der Leistungsfähigkeit, Müdigkeit, schneller Herzschlag (Klopfen), Schwellungen an Knöcheln (Wassereinlagerungen).

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Die Risiken für Herzprobleme steigen bei Bluthochdruck, Diabetes, Stoffwechselstörungen, Übergewicht, Rauchen und Bewegungsmangel.

Das wichtigste Instrument der Untersuchung sei der Ultraschall, moderne Medikamente helfen, bei Herzschwäche das Risiko zu senken. Die durch Ablagerungen verengten Gefäße können mit einem Stent oder einem Bypass offen gehalten werden.

Zum Abschluss des WAZ-Medizinforums in Bottrop zum plötzlichen Herztod konnten die Besucherinnen und Besucher die Herzdruckmassage an Puppen üben.
Zum Abschluss des WAZ-Medizinforums in Bottrop zum plötzlichen Herztod konnten die Besucherinnen und Besucher die Herzdruckmassage an Puppen üben. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Aber der herzkranke Patient könne und müsse auch selbst einiges tun: die verschriebenen Medikamente auch einnehmen, sein Gewicht kontrollieren, den Alkoholkonsum und die Kochsalzzufuhr begrenzen etwa. Besonders der Verzicht auf das Rauchen könne extrem wirksam sein. Viel Bewegung sei ungeheuer wichtig, betonten die Experten, dabei sollten Patienten „möglichst täglich etwas tun“. Sinnvoll sei maßvolles Ausdauertraining, auch verbunden mit leichtem Krafttraining. Aber auch im „Alltag zählt jede Bewegung“, ein einfaches Beispiel sei Treppensteigen anstelle von Rolltreppe oder Fahrstuhl.

Infekte: Vorsicht bei sportlicher Betätigung

Bei der Wiederaufnahme von Sport nach Infekten warnte Dr. Michael Markant eindringlich vor unterschätzten Risiken. Es könne zu entzündlichen Erkrankungen der Herzmuskeln mit gefährlichen Auswirkungen kommen. Man solle sein Training erst nach vollständiger Gesundung wieder aufnehmen.

Im zweiten Teil informierte Dr. Anja Dorszewski über die Bereiche Vorbeugung und Behandlung von Herzerkrankungen. Die Chefärztin der Elektrophysiologie und Rhythmologie, die zusammen mit Dr. Michael Markant seit 2020 die Doppelspitze der Kardiologie am Marienhospital bildet, informierte besonders über den Einsatz des ICD (Implantierbarer Kardioverter Defibrillator), der im Körper wie „ein kleiner Notarzt“ wirke und einen Elektroschock abgebe, wenn es notwendig sei.

Die lebensrettenden Computer in verschiedener Ausführung erkennen den Herzrhythmus und können korrigierend eingreifen. Die Geräte seien in den letzten Jahren immer kleiner und langlebiger geworden und können auf den Patienten gezielt eingestellt werden, erklärte die Fachärztin. Durch die hohe Therapiesicherheit sinke die Sterblichkeitsrate deutlich.

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Die beiden Kardiologen verweisen deutlich darauf, dass bei einem Herzstillstand „jede Minute zählt, wir alle müssen schnell sein.“ Das träfe besonders auf die sofortige Einleitung von Wiederbelebungsmaßnahmen zu. Dabei könnten Laien entscheidend helfen, weil der Rettungsdienst immer Zeit brauche, viele Betroffene würden das Krankenhaus nicht lebend erreichen.

Die Experten des WAZ-Medizinforums in Bottrop erläuterte Ursachen des plötzlichen Herzstillstands.
Die Experten des WAZ-Medizinforums in Bottrop erläuterte Ursachen des plötzlichen Herzstillstands. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Deshalb sei es wichtig, dass „man sofort anfängt“, wenn der Patient nicht mehr ansprechbar sei und man den Eindruck habe, er atme nicht normal: „Im Zweifel immer loslegen, man kann nichts falsch machen, außer man macht nichts!“ Im Glücksfalle stünde ein Defibrillator zur Verfügung, aber in den meisten Fällen müsse eine Herzdruckmassage zur Reanimation vorgenommen werden. Man müsse auch heute nicht mehr zusätzlich beatmen, wie man es früher in Erste-Hilfe-Kursen gelernt habe, sondern „einfach nur drücken“.

Dr. Michael Markant zeigte ganz praktisch, wie das geht – und im Anschluss konnten die Besucherinnen und Besucher an mehreren Oberkörperpuppen selbst ausprobieren, wie intensiv und anstrengend es sein kann, in der Mitte des Brustkorbes mit übereinandergelegten Händen bis zu 120 Mal in der Minute fünf bis sechs Zentimeter tief in Richtung Wirbelsäule einzudrücken. „Es ist viel schwerer als erwartet“ und „da kommt man ins Schwitzen“ waren Kommentare schon nach relativ kurzem Einsatz.

Hilfe und praktische Tipps für den Alltag geben die Ratgeber der Deutschen Herzstiftung. Kontakt: info@herzstiftung.de. Homepage: herzstiftung.de. Informationsservice: 069 955128-400.