Bottrop. Alle Bottroper Apotheken bleiben am 15. November geschlossen, auch Hausärzte machen ihre Praxen zu. Das ist der Hintergrund des Protestes.
Als die Apotheker im Juni zum ersten Mal streikten, erregte das einiges Aufsehen. Wann hätte man diesen Berufsstand schon einmal auf die Straße gehen sehen? Doch der Protest gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung hält an, und so schließen die Bottroper Apotheken am kommenden Mittwoch, 15. November, erneut für einen Tag ihre Pforten.
Alle Bottroper Apotheken, wie Karima Ballout, Vorsitzende der Bezirksgruppe Bottrop im Apothekerverband Westfalen-Lippe, betont: „Diesmal sogar die, die beim letzten Mal nicht dabei waren.“
Bottroper Apotheker beklagen steigende Kosten
Viele Punkte treiben die Apothekerinnen und Apotheker um, darunter das Geld. „Elf Prozent der Apothekeninhaberinnen und -inhaber müssen mittlerweile Geld mitbringen, um ihre Apotheke zu betreiben. 30 Prozent sind wirtschaftlich gefährdet“, sagt Karima Ballout. Denn seit mehr als zehn Jahren sei die reglementierte Vergütung durch die Politik nicht mehr erhöht worden – trotz steigender Kosten und zunehmender Inflation.
„Wir kämpfen immer noch mit Lieferengpässen“, fügt die Inhaberin von Westfalia- und Post-Apotheke hinzu. „Es heißt zwar immer, dieses Jahr wäre es nicht so schlimm. Aber unsere Listen sagen etwas anderes.“
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Fürs nächste Jahr, so Ballout, rechne man mit mehr als 600 Apotheken-Schließungen – „wir fahren unser Gesundheitssystem an die Wand“.
Mit dem Apothekerverband Westfalen Lippe kritisiert Ballout die aktuellen Pläne Karl Lauterbachs. Zu den Vorstellungen des Bundesgesundheitsministers zählen demnach Apotheken-Filialen ohne Apotheker (nur besetzt mit Pharmazeutisch-Technischen Assistenten, PTA), ohne Labor fürs Herstellen individueller Rezepturen, ohne Notdienst.
„Wir müssen die Politik und die Öffentlichkeit erreichen“
Birgit Lauer, Apothekerin in Kirchhellen und Sprecherin der Bottroper Apothekerschaft, beklagt auch eine „komplette Verweigerung des Dialogs“ durch den Bundesgesundheitsminister, was die Fragen und Forderungen aus der Apothekerschaft angehe. „Wir müssen gucken, dass wir die Politik und die Öffentlichkeit erreichen. Wir reden über ein effizientes System, dass Herr Lauterbach vor die Wand fahren will“, findet sie deutliche Worte. „Im Prinzip demonstrieren wir dafür, dass wir unsere Mitarbeiter besser bezahlen und die Versorgung der Bevölkerung aufrecht erhalten können.“
Geplant ist am Mittwoch eine zentrale Kundgebung in Dortmund, an der die Bottroper Apothekenteams gemeinsam teilnehmen wollen.
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Natürlich lassen die Apotheken die Patienten am Protesttag nicht einfach komplett im Regen stehen – Notdienste sind organisiert. Allerdings müssen Bottroper die Stadtgrenze überqueren, wenn sie am Mittwoch dringend ein Medikament brauchen. Notdienst hat in Gladbeck die Pfau-Apotheke (Sandstraße 171, 02043 42877) oder in Oberhausen die Apotheke im Sterkrader Tor (Bahnhofstraße 80-84, 0208 63539801).
Apropos Notdienst: „Das ist auch einer der Pläne, dass nicht mehr jede Apotheke Notdienst macht“, ergänzt Karima Ballout. „Was hier gerade passiert, ist ein Unding. Das muss an die Öffentlichkeit!“
Hausärzteverband schließt sich an und zeigt Flagge
Dazu beitragen kann auch die Unterstützung des Protestes von ärztlicher Seite aus. „Der Hausärzteverband möchte sich anschließen und Flagge zeigen“, berichtet Dr. Christoph Giepen, Allgemeinmediziner und Sprecher des Bottroper Ärztevereins. So ruft der Hausärzteverband Westfalen-Lippe dazu auf, die Praxen am Mittwoch ab 10 Uhr zu schließen und zentral an Online-Fortbildungen teilzunehmen. „Um 13 Uhr würde offiziell der Notdienst am Mittwochnachmittag starten, so dass ein Verlust von zwei bis drei Stunden zum Tragen käme“, erläutert Giepen.
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Werden Hausärzte aus Bottrop sich beteiligen? „Ich habe mit mehreren Kollegen gesprochen. Eine Praxis hat gesagt, dass sie teilnehmen wird“, berichtet Giepen. „Die meisten aber können nicht schließen.“ Was auch damit zu tun habe, dass eine Hausarztpraxis nicht einfach so die Türen zumachen könne, sondern sich immer einen Vertreter suchen müsse. Das sei vor Ort dann schwierig zu organisieren.
„Inhaltlich unterstützen die hausärztlichen Praxen die Forderungen mehrheitlich“, unterstreicht Giepen. Wie die Apotheker, so fühlten auch die Mediziner sich von der Politik, vom Gesundheitsminister ignoriert.