Bottrop. Ein Institut erforscht im Auftrag der Stadt die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen in Bottrops Altstadt. Das steckt hinter dem Projekt.

Die Stadt Bottrop will die Kinder- und Jugendarbeit in der Innenstadt neu ausrichten. Seit Dezember werden deshalb Feldforschungen durchgeführt. Hierfür ist von der Verwaltung das Institut für sozialraumorientierte Praxisforschung und Entwicklung (ISPE) beauftragt worden. Eine erste Zwischenbilanz soll Ende März, Anfang April dieses Jahres folgen.

Der jüngste Sozialbericht hat dagegen verdeutlicht: Vor allem in und am Rande der Innenstadt leben viele Kinder und Jugendliche in prekären Verhältnissen. In der Altstadt wächst mittlerweile jedes zweite Kind in finanzieller Armut auf. Der Jugendhilfeausschuss hat daher am 30. August 2022 die Verwaltung beauftragt, eine Bedarfsanalyse für den Bezirk durchzuführen. Das Ziel ist eine Neukonzeption der offenen Kinder- und Jugendarbeit zu erstellen. Anschließend soll ein oder mehrere Träger auf Grundlage der Ergebnisse das Konzept umsetzen.

Die Schüler von drei Bottroper Grundschulen in der Innenstadt sollen anhand von farbigen Nadeln („Nadelmethode“) ihre Lebenssituation beschreiben.
Die Schüler von drei Bottroper Grundschulen in der Innenstadt sollen anhand von farbigen Nadeln („Nadelmethode“) ihre Lebenssituation beschreiben. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Kinder in der Bottroper Altstadt: „Schulen sind ganz wichtige Orte“

Aber was genau wird seit Dezember gemacht? Das ISPE unternimmt eine Analyse und Bedarfsermittlung in Bezug auf Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 18 Jahren. In den Prozess sind drei Grundschulen (Albert-Schweitzer, Droste-Hülshoff, Cyriakusschule) sowie fünf weiterführende Schulen (Marie-Curie-Realschule, Gustav-Heinemann-Realschule, Janusz-Korczak-Gesamtschule, Josef-Albers-Gymnasium und Heinrich-Heine-Gymnasium) involviert.

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Anhand verschiedener wissenschaftlicher Methoden erhofft man sich wichtige Informationen, wie Kinder und Jugendliche ihre Umgebung wahrnehmen, ihre Freizeit gestalten und was sie vermissen und sich wünschen. „Kinder und Jugendliche sind sind selbst Experten in ihrer Lebenswelt“, sagt Elisabeth Kößmeier vom Jugendamt. „Es ist wichtig, sie bei diesem Prozess und bei der Entwicklung mitzunehmen.“

Bei der Umsetzung verliert das Institut keine Zeit. Elf Termine an Grundschulen und fünf an den weiterführenden Schulen sind inzwischen vereinbart. Weitere folgen. „Aus Sicht der Kinder und Jugendlichen sind Schulen ganz wichtige Orte“, sagt Professor Ulrich Deinet vom ISPE.

Für die Neuausrichtung der offenen Kinder- und Jugendarbeit im Bereich der Bottroper Innenstadt wird durch das Institut für sozialraumorientierte Praxisforschung und Entwicklung eine Bedarfsanalyse durchgeführt. Hier im Bild: Professor Ulrich Deinet.
Für die Neuausrichtung der offenen Kinder- und Jugendarbeit im Bereich der Bottroper Innenstadt wird durch das Institut für sozialraumorientierte Praxisforschung und Entwicklung eine Bedarfsanalyse durchgeführt. Hier im Bild: Professor Ulrich Deinet. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Kinder sollen negative und positive Orte benennen

Zur Feldforschung gehören auch subjektive Landkarten. Die Grundschüler zeichnen oder malen selber Karten, mit denen sie ihre Lebensräume darstellen. Ganz individuell beschreiben sie dem ISPE, wo sie wohnen und wo sie ihre Freizeit verbringen. Und die Mädchen und Jungen werden gefragt zu ihrer Lebenssituation in der Innenstadt: Was sind für sie Freizeit-Orte, negative oder positive Orte? Welche Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen kennen oder besuchen sie? Immer verbunden mit der Frage „Warum“?

Sozialdezernentin Karen Alexius Eifert zum Thema Sicherheit in der Innenstadt: „Das ist mir wichtig, bei diesem Thema auch mal den Blick auf die Kinder und Jugendlichen zu legen.“ Anhand von farbigen Nadeln zeigen die Grundschüler an, was jeweils bei den Fragen auf sie zutrifft.

Instagram-Kanal zur Befragung der Jugendlichen

Auch Jugendliche nehmen an dieser sogenannten „Nadelmethode“ teil. Zudem werden sie im öffentlichen Raum (zum Beispiel am ZOB) anhand von Kurzfragebögen interviewt. Vier Befragungstermine haben inzwischen stattgefunden. Eine zentrale Anlaufstelle in der Innenstadt bietet zusätzlich das Ladenlokal auf der Hansastraße, wo einst der Eloria-Shop beheimatet war. Hier sind insgesamt 16 Erhebungstage vorgesehen. Hinzu kommen weitere 17 ausgefüllte Fragebögen.

Zusätzlich wird für die Befragung ein Instagram-Account genutzt. Eine Erkenntnis hat sich bereits aus den Gesprächen ergeben. „Es gibt in Bottrop keinen richtigen Kinderstadtplan“, sagt Professor Ulrich Deinet. Wenig erfolgreich verließ bisher die Kontaktaufnahme zu den Vereinen im Bezirk. „Wir würden mit unseren Befragungen auch gerne Vereine besuchen“, so der Professor.

Die Jugendbefragung ist bei Instagram zu finden unter @jugendbefragung­_bottrop. Das Geschäft auf der Hansastraße ist geöffnet am Dienstag und Freitag von 15 bis 17 Uhr.

Zwei Workshops im März

Zwei Workshops (8. und 29. März) werden durchgeführt. Eingeladen werden etwa Schulleitungen, Vertreter von freien Trägern der Jugendhilfe sowie den Quartierszentren, außerdem Vertreter von Verbänden und Vereinen sowie Ärzte und Vertretungen aus den städtischen Fachbereichen.

In den Workshops werden die Teilnehmer zur Situation der Kinder und Jugendlichen in Bottrops Altstadt befragt. Und es sollen Vorschläge für eine Weiterentwicklung formuliert werden.