Bottrop. In der Gastronomie fehlt Personal. Die Gewerkschaft fordert deshalb ein Gehalt von 3000 Euro für Einsteiger. Bottrops Wirte halten davon nichts.
Ob Corona-Schließungen, Inflation oder nach oben schießende Energiepreise, die Gastronomiebranche ist in letzter Zeit von einigen Herausforderungen geplagt. Kein Wunder also, dass das Thema Fachkräftemangel die Gastronomen in diesen Zeiten nicht gerade freudig stimmt. Auch Bottrop bleibt vor dieser Problematik nicht verschont. Von einem neuen Vorstoß der Gewerkschaft NGG halten die Wirte aber nichts.
Fehlende Auszubildende: Die Branche muss dringend attraktiver werden
„Allein für Bottrop hat die Bundesagentur für Arbeit in der Hotellerie und Gastronomie aktuell 27 offene Stellen registriert“, heißt es von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, kurz NGG.
Grund dafür seien laut der NGG vor allem die unattraktiven Arbeitszeiten und stressigen Schichten. Martin Mura, NGG-Geschäftsführer der Region Ruhrgebiet, in dessen Bezirk auch Bottrop angesiedelt ist, sieht die Gastrobranche daher momentan gefährdet. Denn auch bei jungen Leuten sei es immer schwieriger, Interessenten für die nun startenden Ausbildungen zu finden, so Mura. Er schlage daher „Küchen-Alarm“ für die gesamte Branche.
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Für ihn liege die Lösung des Problems jedoch auf der Hand: Die Branche müsse attraktiver werden, vor allem durch bessere Arbeitszeiten und eine höhere Bezahlung. Letzteres macht der NGG-Geschäftsführer nun deutlich: „Ein „Gastro-Start-Lohn“ von 3000 Euro brutto pro Monat für alle, die in der Hotellerie und Gastronomie nach ihrer Ausbildung in einem Vollzeit-Job weiterarbeiten.“ Doch genau diese Forderung stößt bei Bottrops Gastronomen auf heftigen Gegenwind.
Bottrops Gastronomen: Hohes Startgehalt sei in der Realität nicht umsetzbar
„Das ist totaler Quatsch“, findet Christian Erhard klare Worte. Der Gastroleiter der „Factory“ an der Gladbecker Straße kann über den „Gastro-Start-Lohn“ nur den Kopf schütteln. „Es ist leicht, sowas zu fordern, wenn man nicht zahlen muss“, kritisiert er. Schließlich müsse am Ende der Kunde diese „absurden“ Personalkosten tragen und deutlich höhere Preise im Restaurant zahlen. „Das geht einfach nicht, weil die Realität zeigt, dass die Gesellschaft nicht bereit dazu ist“, sagt Erhard.
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Sein Lösungsansatz: Bezahlung nach dem Leistungsprinzip. Wer bereit sei, mehr zu leisten und schlichtweg motivierter sei, der bekomme am Ende auch mehr Geld.
Und bei noch einem Punkt stimmt der gelernte Koch der NGG nicht zu. Denn obwohl er in dem Betrieb nicht ausbilde, denke er nicht, dass die Branche so unbeliebt sei. „Es hat sich schon sehr viel getan, was Arbeitszeiten und Rechte von Gastromitarbeitern angeht.“
Gastronomen setzen vermehrt auf eine leistungsbezogene Bezahlung
„Jüngere Mitarbeiter zu finden, das ist schon eine Herausforderung“, weiß auch Mario Grube. Er betreibt das „Mio 1889“ auf der Gastromeile und ist sich den Problemen der Branche bewusst. Auch er hat in den vergangenen Jahren Personalknappheit erlebt. Doch von dem angeblich schlechten Ruf der Branche ist er nicht überzeugt. Seiner Erfahrung nach sei ein Job in der Gastronomie etwas Tolles und auch heute noch reizvoll. „Bei Köchen ist das schon schwieriger, jemanden zu finden“, erklärt er dennoch.
Von dem Vorschlag der NGG eines hohen Startgehalts hält Grube allerdings wenig. „Das ist total verkehrt“, kritisiert er die Idee. Es solle in der Gastronomie lieber nach Leistung gehen und bessere Leute auch besser bezahlt werden, so Grube. „Pauschal so viel zahlen, kann man einfach nicht machen.“
Ähnlich geht es auch Thorsten Stöcker vom Bahnhof Nord. Er hat in diesem Ausbildungsjahr einen Azubi gefunden, eine weitere Ausbildungsstelle bleibt jedoch unbesetzt.
„Es gab kaum Bewerber und am Ende blieb die Stelle dann eben frei“, erklärt er. Seiner Meinung nach sei es jedoch schon immer schwer gewesen, junge Leute zu finden. Einen enormen Negativtrend könne er nicht erkennen. Doch auch er ist von der 3.000 Euro-Gehalts-Idee nicht begeistert. „Das ist schon sehr viel Geld. Vor allem für Berufseinsteiger ist das wirklich viel“, findet er.
Von sieben auf 19 Prozent: Gastronom sorgt sich wegen Erhöhung der Mehrwertsteuer
Denn auch er zahle seinen Mitarbeitern ein leistungsbezogenes Gehalt. Wer bereit sei, mehr zu leisten, der solle auch mehr verdienen, findet der Gastronom. Anstatt mit Ideen wie diesen, die den Fachkräftemangel scheinbar verbessern sollen, beschäftige er sich mit ganz anderen Problemen.
„Die Frage nach der Mehrwertsteuer macht mir viel mehr Sorgen, als der Personalmangel“, sagt er. Zur Jahreswende soll nämlich die Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants wieder von sieben auf 19 Prozent steigen. Aus Sicht von Thorsten Stöcker würde eine Anhebung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie zu deutlich steigenden Preisen und damit auch ausbleibenden Kunden führen.