Düsseldorf. Jahrelang wurde um 5000 Euro vom Land gestritten. Jetzt kündigt der Gesundheitsminister Zahlungen an. Der Opfer-Kreis wurde größer.
Hunderten Opfern des Bottroper Apotheker-Skandals konnte durch die Lockerung der Unterstützungsregeln des Landes in den vergangenen Monaten doch noch geholfen werden. Das geht aus einem Bericht von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) für den Sozialausschuss des Landtags hervor.
Demnach können insgesamt 1613 Betroffene, die zwischen 2001 und 2016 möglicherweise gepanschte Krebsmedikamente aus der „Alten Apotheke“ bezogen haben, mit der Auszahlung einer „Billigkeitsleistung“ von maximal 5000 Euro rechnen. Darunter befinden sich nur 858 Opfer, die ursprünglich vom Urteil des Landgerichts Essen gegen den skrupellosen Apotheker Peter S. auch als solche benannt worden waren. Weitere 755 Personen profitieren derweil von der Ausweitung der Anspruchsberechtigten, auf die sich der Landtag nach langer Diskussion zuletzt eingelassen hatte. Weitere 200 Anträge befinden sich noch in Bearbeitung. Das Geld soll schrittweise im Herbst fließen.
Apotheker-Skandal: Land war nicht zu Schadensersatz verpflichtet
„Wenngleich die Unterstützungsleistung das Leid der Betroffenen und ihrer Angehörigen und Freunde natürlich nicht ausgleichen kann, konnte die Billigkeitsleistung hoffentlich dazu beitragen, es etwas abzumildern“, erklärte Laumann. Das Landgericht Essen hatte den Apotheker Peter S., der sich über Jahre an unterdosierten Krebstherapien bereichert hat, bereits 2018 zu zwölf Jahren Haft verurteilt.
Obwohl es erhebliche Zweifel an der Apotheken-Aufsicht gegeben hatte, war das Land zu keinem Schadenersatz verpflichtet. Laumann hatte sich jedoch persönlich Ende 2021 beim Landtag dafür eingesetzt, dass zumindest 10 Millionen Euro für einen Hilfsfonds bereitgestellt wurden. Daraus sollten zunächst nur Opfer unterstützt werden, deren Schicksal nachweislich zur Verurteilung des Apothekers geführt hatte. Nach vehementen Protesten ließ sich Laumann darauf ein, dass auch alle Personen Hilfen beantragen können, die zwischen 2001 und 2016 individuell zubereitete Krebsmedikamente aus der „Alten Apotheke“ erhalten hatten. Dies musste jedoch zumindest belegt werden. „Uns war bewusst, dass die Nachweiserbringung für die Betroffenen sehr herausfordernd sein kann und dass die Nachweise auch nicht immer erbracht werden können, insbesondere, wenn die Ausgabe der Medikamente schon längere Zeit zurückliegt“, so Laumann.
Gepanschte Krebsmedikamente: Individuelle Schäden nur schwer nachzuweisen
Das Grundproblem im jahrelangen Streit um die „Billigkeitsleistung“: Es ließ sich aus Sicht des Landes nicht so leicht eingrenzen, wer nachweislich Opfer des Bottroper Apothekers wurde. Die Krebsmedikamente wurden offenbar über Jahre - und womöglich nicht nur im strafrechtlich untersuchten Zeitraum zwischen 2012 und 2016 - nach Belieben gestreckt. Individuelle Schäden waren nur schwer auf eine wahrscheinliche Unterdosierung zurückzuführen. Der im Herbst 2016 aufgedeckte Skandal um gestreckte Krebsmedikamente und zehntausendfache Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz gehört zu den größten Medizinskandalen in der Geschichte der Bundesrepublik. Herausgekommen ist das kriminelle Handeln damals durch zwei mutige Angestellte.