Bottrop. 106 Kinder und Jugendliche hat das Bottroper Jugendamt 2022 in Schutzeinrichtungen untergebracht. Diese Rolle spielen Flüchtlinge dabei.

Die Zahl der Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen durch das Jugendamt hat sich in Bottrop mehr als verdoppelt: von 50 Fällen in 2021 auf 106 Fälle im vergangenen Jahr. Bei den meisten Inobhutnahmen stand aber nicht etwa eine schwere Vernachlässigung oder Überforderungssituation im Elternhaus im Hintergrund. 72 Minderjährige wurden 2022 vom Jugendamt in einer Einrichtung untergebracht, weil sie als unbegleitete Flüchtlinge eingereist waren. Im Jahr zuvor waren das lediglich 17.

Minderjährige Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien kommen nach Bottrop

„Die Jugendlichen kommen überwiegend aus Afghanistan und Syrien“, erläutert Jugendamtsleiterin Daniela Bockholt. Weil die Stadt sich eigentlich auch nach einem Hilferuf der Stadt Bochum auf eine „große Welle“ unbegleiteter minderjährige Ausländer (kurz UMA) eingerichtet hatte, war das Morianhaus als Sammelunterkunft ins Auge gefasst worden. Doch besagte große Welle sei in dieser Form gar nicht gekommen, berichtet Daniela Bockholt. Jedenfalls bisher. „Die UMA kommen nach und nach. Wir schaffen es, wenn auch mit Mühe, sie anderweitig unterzubringen.“ Noch lasse sich da auf die Kapazitäten der Träger zurückgreifen. „Wir hoffen, dass uns das weiter gelingt.“ Zumal Wohngruppen Flüchtlingsheimen als Unterkunft vorzuziehen sind.

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Entsprechend lasse sich derzeit nicht absehen, wann eine Belegung des Morianhauses akut werde. Vor ein paar Tagen ist in dem Viertel rund ums Morianhaus in Batenbrock-Süd ein Quartierszentrum eröffnet worden. Mit der Einrichtung der Beratungsstelle reagiert die Stadt auf die teils massiven Beschwerden und Sorgen der Anwohner rund um das neue Flüchtlingsheim für junge, männliche Flüchtlinge. „Dieses wäre auch nur eine Überbrückungslösung, die wir im Moment noch nicht nutzen müssen“, sagt Bockholt.

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Zurück zu den Inobhutnahmen: Elf wurden im vergangenen Jahr veranlasst aufgrund der Überforderung der Eltern bzw. eines Elternteils (Vorjahr: zehn). In fünf Fällen war Vernachlässigung der Grund, warum Kinder und Jugendliche aus ihrer Familie herausgeholt wurden (Vorjahr: drei). 19 Mal wurde die Maßnahme auf eigenen Wunsch ergriffen (zehn Mal im Vorjahr; aber 26 Mal sogar im ersten Corona-Jahr 2020).

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„Insgesamt bewegen wir uns hier auf dem Niveau der Vorjahre“, fasst die Jugendamtsleiterin zusammen. Die Inobhutnahme sei für das Jugendamt immer das letzte Mittel. Sie wird immer dann durchgeführt, wenn ein unmittelbares Handeln zum Schutz von Minderjährigen erforderlich ist. „Bevor es dazu kommt, passiert ganz viel an Beratung und Unterstützungsmaßnahmen“, sagt Daniela Bockholt. Erstes Ziel sei es, die Eltern zu befähigen, sich selbst gut um ihre Kinder zu kümmern.