Bottrop. Täglich ist mit weiteren Zuweisungen minderjähriger, unbegleiteter Flüchtlinge zu rechnen. In Bottrop soll ein Haus für junge Männer entstehen.
Das Bottroper Jugendamt will im Morianhaus, einem ehemaligen Gebäude der Ruhrkohle AG in der Nähe von Prosper II, unbegleitete, minderjährige, männliche Flüchtlinge zwischen 14 und 17 Jahren unterbringen. Sie folgt damit einem Hilferuf der Stadt Bochum, die an ihre Kapazitätsgrenzen stößt. „Die Situation ist unglaublich angespannt“, sagt Jugendamtsleiterin Daniela Bockholt.
Denn alle Unterbringungsmöglichkeiten sind „zum Bersten voll“. Bochum betreibt eine Landeserstaufnahmeeinrichtung, durch die tausende Flüchtlinge geschleust werden. Gerade die Unterbringung unbegleiteter, minderjähriger Ausländer, so genannte UMAs, ist kaum noch möglich. Zwischenzeitlich griff die Stadt auf Turnhallen zurück. Bereits im Herbst sendete sie einen drastischen Hilferuf ab: Die Lage spitze sich dramatisch zu, die absolute Kapazitätsgrenze der Unterbringungs-möglichkeiten sei erreicht.
Minderjährige Flüchtlinge: „Stehen vor der Tür und müssen untergebracht werden“
Nun will die Stadt Bottrop unterstützen, hat aber aktuell selbst keine Kapazitäten, nicht nur grundsätzlich in Flüchtlingsunterkünften, sondern auch in Jugendhilfeeinrichtungen. „Es ist uns bislang mit Ach und Krach gelungen, die minderjährigen Flüchtlinge unterzubringen“, sagt Daniela Bockholt.
Dabei handele es sich kaum um Menschen aus der Ukraine, sondern weitestgehend aus Afghanistan, Syrien, Iran und Nordafrika. Das Land frage nicht etwa nach, ob Kapazitäten bestehen – es weist einfach zu. Täglich sei mit weiteren Zuweisungen zu rechnen. „Die stehen hier vor der Tür und müssen untergebracht werden.“
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Um „vor die Lage zu kommen“, bittet die Verwaltung die Politik um Zustimmung, das Morianhaus umzunutzen, so dass dort bis zu 25 minderjährige Flüchtlinge unterkommen können. Da die meisten von ihnen Jungen sind, soll es sich um eine rein männliche Unterkunft handeln – das vereinfache die Schaffung logistischer Strukturen.
Brückenlösung im Bottroper Morianhaus: Flüchtlinge bleiben wenige Wochen
Bottrop will im Morianhaus eine sogenannte „Brückenlösung“ schaffen. Ein Haus, in dem die Jugendlichen nur wenige Wochen verbleiben, bis eine andere Unterbringungsmöglichkeit gefunden ist, und für das es keine Betriebserlaubnis des Landesjugendamtes braucht und somit niedrigeren Standards unterliegt. Bockholt: „Wir machen das in eigener Verantwortung.“
Um den Betrieb der Einrichtung zu sichern, ist die Stadt auf das Deutsche Rote Kreuz zugegangen. Zudem soll ein Sicherheitsdienst engagiert werden, um auch nachts eine engmaschige Überwachung zu gewährleisten. Tagsüber sollen sie ein pädagogisches Angebot sowie Mittag- und Abendessen im Caritas-Kinderdorf „Am Köllnischen Wald“ erhalten. Das habe sich bereits 2015/2016 bewährt, als die Stadt junge Flüchtlinge im Saalbau unterbringen musste.
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Den Bedenken, die Anwohner gegenüber jungen Männern haben könnten, die geballt auf einem Raum leben, entgegnet Daniela Bockholt: „Die Jugendlichen sind rund um die Uhr betreut.“ Sie hielten sich tagsüber kaum in der Einrichtung auf. Um sicher zu gehen, dass es sich tatsächlich um Minderjährige handelt, wird Bottrop auch die qualifizierte Inaugenscheinnahme übernehmen, die auch die medizinische Untersuchung impliziert.
Bottroper Jugendamtsleiterin: „Das sind traumatisierte Kriegsflüchtlinge“
Klar sei aber auch, dass es sich bei dieser Unterbringungsmöglichkeit um eine Notlösung handle. „Das sind traumatisierte Kriegsflüchtlinge“, macht die Jugendamtsleiterin die Notwendigkeit klar, dass sie entsprechend betreut werden müssen. Es seien genau die pädagogischen Angebote, die eine jugendhilferechtliche Brückenlösung von einer klassischen Sammelunterkunft für geflüchtete Menschen unterschieden, heißt es dazu in der Beschlussvorlage, über die der Sozialausschuss kommende Woche Dienstag entscheiden soll.
Das Morianhaus steht aktuell leer, war früher ein Veranstaltungs- und Schulungsgebäude der RAG. Nach erforderlichem Umbau stünde es vermutlich im April zur Verfügung. Die Kosten für die baulichen Maßnahmen und den Betrieb soll das Bottroper Jugendamt tragen.