Bottrop. Am Tetraeder in Bottrop sprach Reinhold Messner mit Schülern über „Fridays for Future“, „Letzte Generation“, Nachhaltigkeit und Umweltschutz.
Er hat alle vierzehn Achttausender auf dieser Erde bestiegen. Im Alleingang schaffte er den Nanga Parbat im Himalaya, ohne zusätzlichen Sauerstoff erreichte er den Gipfel des Mount Everests. Aber auf der Halde mit dem Tetraeder war Reinhold Messner noch nie – bis jetzt.
Der 78-Jährige ist Pate des Projekts Ruhr-Natur der Brost-Stiftung. Ein Wettbewerb zum Thema Nachhaltigkeit und Umweltschutz für Kinder und Jugendliche. Drei Schulklassen haben gewonnen. Eine davon, eine Projektgruppe des Leibniz-Gymnasiums in Dortmund, durfte mit der Bergsteigerlegende hinauf zum Tetraeder wandern, Fragen stellen und mit ihm über Umweltschutz und Nachhaltigkeit diskutieren.
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Einmal Bergsteiger, immer Bergsteiger. Reinhold Messner kann nicht aus seiner Haut. Deshalb hat er am Parkplatz an der Beckstraße gleich einen Tipp für die Schülerinnen und Schüler parat: „Ich rate euch, mehr auf den Boden zu schauen, als in die Luft. Man könnte ja stolpern“, sagt er lächelnd. „Wenn ich wandere dann am liebsten in Ruhe und in Stille. Geredet wird eigentlich nicht.“
Reinhold Messner geht schweigend hinauf zur Halde an der Beckstraße
Begleitet von Ehefrau Diane hält sich Messner an seine Vorgabe. Kaum ein Wort verlässt seine Lippen auf dem teils steilen Anstieg. Für jemanden wie ihn, der das Höhenbergsteigen revolutioniert hat, scheint es wie ein gemütlicher Spaziergang zu sein. Konzentriert und gleichmäßig setzt der 78-Jährige einen Fuß vor den anderen.
Auf dem Haldenplateau startet die Fragerunde. „Ich sehe das heute hier nicht als Monolog, sondern als Dialog“, sagt Messner. Er fragt interessiert nach den Projekten der Schüler. Die 14- bis 18-Jährigen erzählen ihm, wie sie das Gymnasium sauberer machen wollen. Dank einer gelben Tonne werden Plastik und Restmüll besser getrennt. Im Innenhof haben sie zudem Hochbeete gebaut. Der erste Salat ist inzwischen geerntet worden. Die angebauten Produkte sollen später der Cafeteria zugute kommen. Messner ist beeindruckt: „Das ist eine gute Idee.“
Der 78-Jährige wirkt beim Besuch in Bottrop entspannt, zeigt sich nahbar und offen für Diskussionen. Die anfängliche Schüchternheit der Schülerinnen und Schüler ist bald verflogen. Sie sollen wissen, was er über den Klimawandel und Klimaaktivisten denkt. Wobei er mit dem Wort „Klimawandel“ seine Probleme hat. „Das Klima hat sich in Millionen von Jahren immer verändert“, sagt er. Er spricht dagegen von globaler Erwärmung. „Nirgends ist sie so schnell sichtbar und spürbar wie im Gebirge.“
Messner war schon immer ein Mann der klaren Worte. Auch zur „Letzten Generation“ hat er eine Meinung. „Sich auf die Straße zu kleben, ist nicht die Antwort. Das ist kontraproduktiv. Die Letzte Generation ist eine Sekte und Sekten sind gefährlich.“ Die Aktivisten von Fridays for Future kommen glimpflicher davon. Es sei „eine Bewegung“, so Messner. „Es reicht aber nicht, am Freitag die Schule zu schwänzen. Ich wünsche mir Offenheit und Kreativität von der jüngeren Generation.“
Kinder und Jugendliche sollen die Natur greifen, um sie zu begreifen. Es bieten sich seiner Meinung nach wegen der Digitalisierung aber immer weniger Möglichkeiten. „Nur wenn sie verstehen, wie und warum sich die Natur im Laufe der Geschichte verändert, kann man die Probleme lösen.“
Eine Schülerin wirft ein: „Es sind alten Menschen, die unsere Welt regieren und Macht haben. Wir sind jung. Und wir haben nicht die Mittel und nicht die Erfahrung, die Welt zu verändern. Man muss doch auf sich aufmerksam machen. Wir haben doch nicht die Macht, unsere Welt und Zukunft zu retten.“
Reinhold Messner war noch nie in Bottrop, aber Bottroper waren bei ihm in Südtirol
Messner sagt den Satz, für den er bereits im April in der ARD-Talkshow „Maischberger“ kritisiert wurde: „Das Klima kann man nicht schützen.“ Und ergänzt: „Nur beeinflussen und an Schalthebeln drehen.“ Die globale Erwärmung könne man nicht von heute auf morgen korrigieren. Das gehe nur im Laufe von Jahrzehnten. Die Demokratie sei eine hohe Errungenschaft. Man dürfe sich aber nicht erpressen lassen von den Forderungen der Aktivisten. „Ohne die Demokratie werden wir die Probleme nicht lösen können.“
Für Reinhold Messner ist es der erste Besuch in Bottrop. „Die Stadt kannte ich nur vom Namen“, sagt er zur WAZ. Seine Heimat Südtirol ist ein beliebtes Ziel für Touristen. „Da kommen ab und zu mal Gäste aus Bottrop.“ Das Tetraeder („Ich finde die Architektur gelungen“) war ihm bisher kein Begriff. Währenddessen lässt er vom Haldenplateau den Blick schweifen. In der Nähe entdeckt er ein Windrad. „Ich finde, man sollte hier weitere Windräder bauen lassen. Wir brauchen saubere Energie.“
Klassenfahrt nach Südtirol
Neben dem Leibniz-Gymnasium in Dortmund landete die Förderschule „Am Rönsbergshof“ (AG Naturhelden) aus Duisburg und das Bottroper Heinrich-Heine-Gymnasium (Klasse 9) auf den ersten drei Plätzen des Wettbewerbs.
Verbunden mit dem Gewinn ist für alle drei jeweils eine Klassenfahrt nach Südtirol. Dort sollen die Klassen einen Tag mit Reinhold Messner verbringen.