Bottrop. Was fast skandalös klingt, relativiert sich schnell: 27 Euro im Jahr kostet der Bibliotheksausweis. Das bekommen die Bottroper für ihr Geld.
Bei den Bibliotheksgebühren gehört Bottrop zu den zehn teuersten deutschen Städten. Klingt zunächst überraschend und auch kontraproduktiv, gerade vor dem Hintergrund der aktuell veröffentlichten IGLU-Studie zur Lesekompetenz, die rund einem Viertel der Grundschülerschaft in Deutschland eklatante Defizite bescheinigt.
Wer genauer hinschaut, wird 27 Euro Jahresgebühr allerdings dann doch als moderat empfinden, zumal das ermäßigte Ticket nur 13,50 Euro kostet und die Nutzung für Kinder und Jugendliche gratis ist. Einige Bestseller kosten aber zwei Euro extra.
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Zur Einordnung: Hamburg schießt mit 45 Euro den Gebühren-Vogel ab. Dort müssen selbst Kinder noch zahlen. Bochum oder Bonn liegen bei 30, Recklinghausen bei 28 Euro Jahresgebühr. Und: Soviel günstiger sind Oberhausen oder Duisburg mit 20 Euro (der niedrigsten Gebühr in der Bundesrepublik) dann auch wieder nicht, wie das Unternehmen Preply in seiner jüngsten Gebührenvergleich von 100 deutschen Großstädten zeigt.
Für umgerechnet 2,25 Euro lässt sich Bottrops Bibliotheksangebot nutzen
So sieht das auch Jörg Dieckmann. „Für umgerechnet 2,25 Euro im Monat haben Bottroperinnen und Bottroper Zugriff auf den kompletten Bestand und die Infrastruktur der Lebendigen Bibliothek“, sagt der Leiter der im vergangenen Jahr sanierten Bibliothek. Der Bestand, das sind immerhin 73.000 Medien, von denen rund 10.000 im Jahr aussortiert und wieder ersetzt werden.
Vor zehn Jahren habe es es übrigens die letzte Gebührenerhöhung auf das heutige Niveau gegeben, so Dieckmann. Damals sei Bottrop Stärkungspakt-Kommune gewesen und viele Gebühren, nicht nur für die Bibliothek, in mehreren Schritten angehoben worden. Das geschah übrigens per Ratsbeschluss, nicht durch die Einrichtungen selbst.
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Seit der Wiedereröffnung im vergangenen August präsentiert sich die Bibliothekszentrale im Kulturzentrum runderneuert. Vor allem im energetischen Bereich ist viel geschehen. Aber auch inhaltlich und technisch habe die Bibliothek zugelegt. Eine komplett neu strukturierte Kinder- und Jugendabteilung mit Sound-dusche, verbesserte Aufenthaltsqualität – man denke nur an die neue Sitztreppe. Die Zahl der Arbeitsplätze wurde erhöht, es gebe freies WLAN, was vor allem Studierende und Schüler intensiv nutzten, für die die Lebendige Bibliothek mittlerweile ein fester Lernort geworden sei, weiß Jörg Dieckmann.
Nutzerzahl der Stadtbibliothek ist höher als die der Ausweisbesitzer
Den könne man mit allen Möglichkeiten übrigens auch ohne Bibliotheksausweis nutzen. „Nur wer ausleihen möchte, braucht einen Ausweis.“ Die Onleihe für elektronische Medien wie eBook, ePaper oder eVideo gehört zum Standard der Stadtbibliothek. Auch die entsprechenden Reader sind vorhanden und können ebenfalls ausgeliehen werden. Und seit der Durchgang zwischen Böckenhoffstraße und Kulturhof fertiggestellt sei, werde auch die automatische Rückgabe mit ihrem barrierefreien Zugang dort viel stärker genutzt.
„Was jetzt noch fehlt und gewissermaßen als i-Tüpfelchen der Sanierung betrachtet werden kann, ist die Open-Library“, sagt Jörg Dieckmann. Das Rückgaberegal sei gerade eingetroffen, noch seien aber viele technischen Details noch nicht betriebsbereit für diese Öffnungsvariante, bei der das Haus dann ohne Personal auskomme. Wann es soweit ist? Dieckmann möchte sich lieber nicht auf ein Datum festlegen. „Das kann immer nur schiefgehen, aber ich gehe davon aus, dass es noch in diesem Jahr soweit sein wird.“
Mit dem Bibliothekskarte können Nutzer dann zunächst zwei Stunden länger als üblich im Haus bleiben. „Natürlich gibt es eine Überwachungssystem“, sagt der Chef. Aber von Häusern, die dieses Modell schon anbieten, sind bisher keine negativen Vorkommnisse bekannt geworden.“ Bleibt noch als Fernziel: die Öffnung an Sonntagen.
Die Öffnungszeiten – Die Besucherzahlen
Geöffnet hat die Lebendige Bibliothek an der Böckenhoffstraße 12: Dienstag bis Freitag von 10 bis 18, donnerstags bis 19 Uhr. Samstag von 10 bis 14 Uhr.
Die Besucherzahlen – immer mehr als es Ausweisinhaber gibt - lagen 2019 (vor Corona) bei gut 95.000 Nutzern pro Jahr. In diesem Jahr verzeichnet die Leitung steigende Zahlen und rechnet mit einer Annäherung an die Vor-Pandemiezeit und gut 70.000 Besuchern.
Auch ein Anstieg von Neuanmeldungen gibt es. Die liege etwa zwischen 20 und 40 Personen pro Monat. Info: bottrop.de.