Bottrop. Illegale Trampelpfade und Mountainbike-Trails stören das Gleichgewicht im Köllnischen Wald. Balanceakt zwischen Freizeit und Naturschutz.
Der Wald ist gut für alle – aber nicht jeder Besuch tut auch dem Wald gut. Vor allem, wenn es sich wie beim Köllnischen Wald um ein Naturschutzgebiet handelt. Ein klassischer Konflikt zwischen intensiver Nutzung von Natur im Ballungsgebiet und denen, die sich um den Erhalt der natürlichen Flora und Fauna oft zu Recht sorgen. Es entstehen Trampelpfade und kleine künstliche Übergänge über Wasserläufe wie den Spechtsbach, die ebenso illegal sind, wie Mountainbike-Trails, die manche Radsportler durchs frisch ergrünende Unterholz fräsen.
„Wir kennen den Zwiespalt der Leute, die vermehrt im Wald Erholung suchen und natürlich alles individuell und hautnah erleben möchten und dem, was der Natur vor allem in geschützten Gebieten abträglich ist“, sagt Ina Olenjniczak von der Unteren Naturschutzbehörde. Denn gerade in alten Buchenwäldern wie dem Köllnischen Wald, übrigens seit 1988 Naturschutzgebiet, finden sich zahlreiche Tier- und vor allem Pflanzenarten, die eine wichtige Krautschicht am Boden bilden.
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Vor allem Gebiete entlang des Spechtsbachs sind so genannte FFH-Gebiete. Diese Bereiche fallen unter die Bestimmung der Flora-Fauna-Habitats-Richtlinie der Europäischen Union, die auch Deutschland 1992 mit verabschiedet hat. Was bedeutet das? „Da gelten strenge Naturschutzregeln, um den naturnahen Zustand gerade in Bodennähe zu erhalten“, sagt Ina Olenjiczak. Bevor sich nämlich die Baumkronen zum Sommer hin verdichten, bilden diese zurzeit noch lichten Wälder Frühblühern wie Buschwindröschen, Scharbockskraut (gerade auch als frühe Bienennahrung), aber auch Bärlauch, Waldmeister oder verschiedene Orchideenarten einen idealen Lebensraum.
„Dieses Gleichgewicht wird natürlich durch Trampelpfade und Rad-Trassen empfindlich gestört“, sagt auch RVR-Förster Werner Meemken. Dieses Phänomen, das Spaziergänger sich ihre individuellen Pfade bahnen, die dann von vielen dauerhaft genutzt werden, habe es zwar immer schon immer gegeben. Aber seit der Corona-Pandemie, als auf einmal viel mehr Menschen den Wald für sich entdeckten und vor allem auch für sich bleiben wollten, habe den Naturschutzgebieten immer stärker zugesetzt. Dazu kommen die Hundebesitzer, die ihre Tiere nicht angeleint in Naturschutzgebieten laufen lassen. Klingt zwar reglementierend: „Ist aber dennoch absolut verboten und wird auch geahndet“, sagt Ina Olenjiczak und blickt auf eine Stelle am Spechtsbach, wo die Ranger kurz zuvor einen illegal aus Holz und Stämmen gebauten Überweg entfernt haben.
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Deswegen sind nicht nur Ranger des Regionalverbandes Ruhr (RVR) wie Ulrich Gräfer und Stefan Kalisch samt Kollegen verstärkt unterwegs. Auch der Kommunale Ordnungsdienst sei immer häufiger auch außerhalb der Stadt anzutreffen und nicht nur wie an warmen Sommertagen am Heidesee. Zurzeit sind sie damit beschäftigt, die illegalen Trampelpfade wieder „dicht“ zu machen. Wo bereits Holzbarrieren nichts nützen, schichten sie Baumstämme und dichtes Buschwerk auf, um zu signalisieren: „Hier ist kein Weg, auch wenn es dahinter durch das häufige Niedertrampeln so aussieht“, erklärt Ulrich Gräfer.
Gerade hat er noch in luftiger Höhe ein neues Schild an einer alten Buche angebracht: Achtung – Naturschutzgebiet. Betreten verboten. „Wenn wir auf Besucher treffen, die abseits de regulären Wege unterwegs sind, sprechen wir sie darauf an“, so Gräfer. Viele seien überrascht. Da ist doch ein Weg. Aber auch wenn es durch starke Nutzung bereits so aussieht: „Es ist ein illegaler Trampelpfad und wir versuchen zu erklären, warum diese Nutzung dem Wald und letztlich auch dem Menschen schadet“, so der Ranger.
Ranger sind im Naturschutzgebiet zur Ausweiskontrolle berechtigt
Zumeist seien die Besucher einsichtig. Auch die allermeisten Hundehalter. „Aber es kann auch mal zu Ärger kommen, deshalb sind wir immer zu zweit unterwegs“, ergänzt Ranger-Kollege Stefan Kalisch. Bei aggressiveren Gruppen wäre man allein hilflos und es gäbe auch keinen Zeugen, der das Fehlverhalten bestätigen könne. Zur Kontrolle, auch des Ausweises, sind die Ranger im Naturschutzgebiet berechtigt. Verstöße können auch geahndet werden, als Ordnungswidrigkeit oder, je nach Schwere, sogar als Straftat.
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Aber darauf haben weder die Ranger noch der RVR oder die Untere Landschaftsbehörde abgesehen. Alles gehe es um ein gutes Nebeneinander von Erholungssuchenden und Natur. Das nutzbare Wegenetz in und um den Köllnischen Wald, der immerhin knapp 200 Hektar groß ist, sei kilometerlang und biete jede Menge schöner Aussichten. Pflanzen und Tieren sollte man auch ihre Ruhe gönnen, gerade in der Brut- und Aufzuchtzeit. Und: „Gefährlich werden kann das Stören außerdem, wenn Wildschweine, von denen es hier viele gibt, auch einmal richtig wild werden“, ergänzt Ina Olenjiczak.
Der Köllnische Wald - Naturschutzgebiete
Der knapp 200 Hektar große Köllnische Wald ist seit 1988 das große und wichtige Naturschutzgebiet Bottrops. Er gilt als naturnah und nie im großen Umfang wirtschaftlich genutzt worden und gehört zum Naturschutzgebiet Hohe Mark.
In der nächsten Zeit sollen weitere Gebiete zu Prozessschutzflächen erklärt werden, so RVR-Förster Werner Meemken. Angedacht seien ungefähr 200 Hektar, au denen dann keine Eingriffe mehr erfolgen und der Wald komplett sich selbst überlassen bleibt.