Bottrop. Juliano benötigt wegen seiner schweren Behinderung eine Delfintherapie. Wie es ihm geht und wie das Benefizspiel mit Schalke 04 zustande kam.
Dicht gedrängt standen die Zuschauer am Freitagabend rund um die Platzanlage an der Welheimer Straße, als die dort heimischen Welheimer Löwen zum Benefizspiel gegen die Traditionsmannschaft des FC Schalke 04 antraten. Die meisten der rund 600 zahlenden Zuschauer wollten sicherlich die prominenten Ex-Profis bestaunen.
Aber es gibt auch Fußballspiele, bei denen das Ergebnis völlig unwichtig ist, weil mit dem guten Zweck der eigentliche Gewinner des Spiels von vornherein feststeht. Die gesamten Einnahmen werden zum Wohl eines schwerkranken Bottroper Jungen eingesetzt, um notwendige Delfintherapien zu finanzieren.
Juliano Ziemmek (10) ist körperlich und geistig gehandicapt, wie die WAZ im Oktober berichtete, wird beim Laufen gestützt, spricht wenige Worte und kann sehr aggressiv gegen sich selbst werden und sich dabei selbst verletzen.
Die Eltern, Melanie und Marco Ziemmek, versprachen sich von einer Delfintherapie Fortschritte in der körperlichen und emotionalen Entwicklung. Da die Krankenkasse solche Therapien nicht übernimmt und die Familie die sehr hohen Kosten nicht tragen kann, erhoffte man sich die Finanzierung über eine Spendenaktion.
Diese Hoffnung hat sich bereits einmal erfüllt: Die ganze Familie mit der älteren Schwester und dem jüngeren Bruder waren in den ersten beiden Aprilwochen zur Delfintherapie in der Türkei. Dort ist Juliano begeistert zusammen mit dem dortigen Therapeuten Suat und den Delfinen geschwommen.
Aus Mönchengladbach kam eine Therapeutin dazu, die mit Juliano begleitende Entspannungsübungen durchführte, zum Beispiel auf der Alpha-Liege mit Vibrationen und Musik, bei der „Galileo-Therapie“ auf einem Vibrationsboard oder mit Klangschalen. Die Eltern stellen inzwischen die ersten Erfolge fest, Juliano sei aufmerksamer und konzentrierter, berichtet seine Mutter.
Auch sein „Hauen“ und der Ärger in der Klasse seien geringer geworden, vermutlich weil er jetzt besser mit der umgebenden Lautstärke umgehen könne. „Wir sind über jede Verbesserung froh“, sagt Melanie Ziemmek. Juliano habe die Therapie nicht nur körperlich gut getan: „Er hat oft sehr herzhaft gelacht, das kennen wir so nicht von ihm.“
Auch die anderen Familienmitglieder hatten einmal Gelegenheit mit Delfinen zu schwimmen. „Es ist unbeschreiblich, einen Delfin anzufassen“, sagt Melanie Ziemmek begeistert, „wir sind froh, dass es so etwas gibt.“ Ohne Reisekosten hat die erste Therapie rund 7500 Euro gekostet.
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Insgesamt sind fünf bis sechs Therapien im Abstand von jeweils einem Jahr angeraten und müssen noch finanziert werden. Dazu trug auch die Überraschung des Abends bei. Da Juliano nach Angaben seiner Mutter sowieso jedem Motorrad hinterher sieht, stand er dann staunend dabei, als mehr als 100 schwere Maschinen knatternd an ihm vorbei ins Stadion einfuhren und hinter dem Tor abgestellt wurden.
Secretary „Obelix“ von den Highway Rider’s Essen hatte die Idee, ebenfalls helfen zu wollen („Wir machen was“) und organisierte über den Motorrad Ruhrpott Verband die Sternfahrt von 13 Motorradclubs mit Bikern in Lederkutten nach Welheim. Die Aufforderung „Kohle zu sammeln“ erbrachte die stolze Summe von 2000 Euro, die der Familie als Scheck überreicht wurde.
Olaf Thon: „Wir sammeln nach dem Spiel noch in der Kabine.“
Die Initiative zum Benefizspiel ging von Thomas „Netzer“ Ochojski, dem „Mädchen für alles“ im Verein Welheimer Löwen aus: „Wir haben beim Bierchen zusammengesessen und überlegt, was wir für unser Vereinsmitglied und meinen Freund Marco Ziemmek tun können.“ Über seine bestehenden Kontakte zu Olaf Thon wurde die Sache festgezurrt.
Zwar habe bei der Schalker Traditionsmannschaft der Terminplan für die Saison bereits festgestanden, aber der Weltmeister von 1990 habe kurzfristig entschieden: „Dann machen wir so eine gute Sache einfach vor dem Saisonbeginn.“ Olaf Thon kam nicht mit leeren Händen nach Welheim, sondern kündigte schon zugesagte Spenden in vierstelliger Höhe an: „Außerdem sammeln wir nach dem Spiel noch in der Kabine.“
Juliano führte an der Hand seiner Eltern die Mannschaften zum Spielbeginn aufs Feld und führte auch den symbolischen Anstoß aus. Vater Marco trug da bereits stolz das Trikot mit „Juliano“-Aufdruck. Die gesamten Einnahmen aus dem Eintrittskartenverkauf, der Bewirtung und der aufgestellten Spendenröhre im Klubheim werden von den Welheimer Löwen der Spendenaktion zur Verfügung gestellt.