Bottrop. Die Osterfelder Straße im Bottroper Stadtkern soll verkehrsberuhigt werden. Autos dürfen dort dann nicht fahren. Es gibt auch Kritik an der Idee.

Wird die Verkehrsachse mitten durch die Bottroper Innenstadt bald für die meisten Autofahrer gesperrt? Fachleute empfehlen der Stadt, genau das zu tun. Zwischen dem Gleiwitzer Platz und dem Altmarkt wäre dann auf der Osterfelder Straße erst einmal versuchsweise kein Durchkommen mehr für alle Autos und Motorräder im Durchgangsverkehr. Nur Anlieger und Busse dürften dort noch entlang fahren.

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Den Experten ist dieser Versuch sogar so wichtig, dass sie die Aussperrung des Durchgangsverkehrs zu einem der Leitprojekte bei der Modernisierung der Bottroper City erklären. Zwei Vertreter der von der Stadt mit der Begutachtung der Innenstadt beauftragten Fachbüros stellten diese zentrale Idee jetzt während einer Anwohnerversammlung in der Heilig-Kreuz-Kulturkirche gut 80 Zuhörerinnen und Zuhörern vor. Auch ihnen sei bei einem der ersten Besuche in Bottrop aufgefallen, wie sehr die Achse aus Horster Straße und Osterfelder Straße den Stadtkern durchtrenne.

Zehntausend Fahrzeuge rollen täglich über Bottrops City-Achse

„Es sind immerhin zehntausend Fahrzeuge, die da jeden Tag durchrutschen“, sagte der Dortmunder Stadtplaner Daniel Bläser. Die Osterfelder Straße wirke daher nicht nur auf dem Weg von der Gastromeile in die weitere Innenstadt wie eine große Barriere. Die jetzige Tempo 30-Regelung ändere daran nicht viel. Das Ziel müsse es vielmehr sein, diese enorme Barrierewirkung wesentlich deutlicher zu verringern. Der Kasseler Verkehrsplaner Alexander Gardyan schlug daher vor, einen Verkehrsversuch zu unternehmen, mit dem der Durchgangsverkehr gestoppt würde. „Dann kann man alles erst einmal testen“, sagte er.

Wenn zwischen der Kirchhellener Straße und dem Gleiwitzer Platz die Durchfahrt für den privaten Kfz-Verkehr erst einmal verboten sei, werde Fußgängerinnen und Fußgängern das Überqueren der Straße erheblich erleichtert. Autofahrten in die kleine Kirchhellener Straße hinein und bis auf den Parkplatz am Gleiwitzer Platz sollen allerdings weiterhin möglich bleiben. Beide Planer wissen darum, dass solche rabiateren Ideen oft auf große Skepsis stoßen.

„Wenn man es erst einmal versucht, geht es am Ende doch“, warb Alexander Gardyan für den Test. Teams ihrer Planungsbüros hatten vorher in Bottrop ohnehin beobachtet, dass viele Fußgängerinnen und Fußgänger sowieso schon einfach über die Straße gehen; auch an solchen Stellen, an denen keine Ampeln und Zebrastreifen sind.

Zu viele Autos rollen über die Osterfelder Straße in Bottrop. Zehntausend täglich sollen es sein. Fachbüros für Stadtplanung und Verkehr raten der Stadt, die Verkehrsachse mitten durch den Stadtkern nur für Anliegerverkehr und Busse freizugeben.
Zu viele Autos rollen über die Osterfelder Straße in Bottrop. Zehntausend täglich sollen es sein. Fachbüros für Stadtplanung und Verkehr raten der Stadt, die Verkehrsachse mitten durch den Stadtkern nur für Anliegerverkehr und Busse freizugeben. © WAZ

Wie viele Autos rollen dann über die kleine Kirchhellener Straße?

Zwar gab es auch skeptische Wortmeldungen im Publikum: Einfach die Straße zu sperren, verbessere nicht viel, meinte eine Kritikerin und erhielt Beifall. Mehrere Anwohner und Interessenvertreter signalisierten jedoch, dass sie einem solchen Versuch offen gegenüberstehen. Das hängt für sie aber davon ab, wie dieser Test konkret ausgeführt wird. So warf CDU-Innenstadt-Vertreter Karl Reckmann die Frage auf, ob die Durchfahrt für private Autos nicht besser bereits ab der großen Kreuzung mit der Friedrich-Ebert-Straße verboten werden sollte.

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Seine Sorge ist, dass die vielen privaten Autofahrer sonst über die schmale Kirchhellener Straße rollen werden, um die Sperrung auf der Osterfelder Straße zu umfahren. „Wenn die Durchfahrt für private Pkw verboten ist, wird das allein schon die Menge an Autos deutlich reduzieren“, hofft dagegen Verkehrsplaner Gardyan. Tempo 10 auf der kleinen Kirchhellener Straße, die außerdem ja noch zu einer Fahrradstraße werden soll, mache die Durchfahrt für Autofahrer hoffentlich uninteressant“, meinte er. Letztlich könne der Verkehrsversuch aber ja angepasst werden, wenn sich Reckmanns Sorge bestätigen sollte.

Prüfung der Verkehrslast auf weiteren Straßen wird wichtig

Jan Gerd Borgmann und andere Anwohner rechnen wiederum damit, dass bei einer Sperrung der City-Achse für durchfahrende Autos der Verkehr auf der Peterstraße stark zunehmen werde. „Da ist es ja jetzt schon gefährlich“, sagte Borgmann, gerade für Fahrradfahrer. Eine Verkehrsberuhigung sowohl auf der Osterfelder Straße durch die City als auch auf der Peterstraße am Stadtkernrand entlang dürfte kaum funktionieren, meinte der Bottroper. „Das ist ein Zielkonflikt“, stimmte ihm der Kasseler Verkehrsplaner zu, er betonte jedoch: „Es ist sehr wichtig, die Innenstadt aufzuwerten.“

Karl Reckmann lenkte die Aufmerksamkeit auch auf die Roonstraße und die Straße „Am Lamperfeld“, weil der Autoverkehr wegen des Durchfahrtverbotes in der City dann womöglich verstärkt über diese beiden Straßen rolle. Auch das griff der Verkehrsplaner auf. „Es ist ganz wichtig, zu prüfen: Was passiert dann da?“, sagte Alexander Gardyan zusätzlich auch mit Blick auf die Friedrich-Ebert-Straße. Allerdings müssen die Planer für ihren Versuch ohnehin erst noch ein Hindernis überwinden: Die Innenstadtachse besteht aus Landesstraßen. Somit muss der Landesstraßenbetrieb mit allem auch einverstanden sein.

Letztlich war die Idee zur Sperrung der Innenstadtachse für den Durchgangsverkehr jedoch auch früher schon in Variationen immer wieder einmal aufgekommen. So hatte Verkehrsausschussvorsitzender Rüdiger Lehr (SPD) sich für sogenannte Shared Spaces ausgesprochen: also für Verkehrsräume, in denen alle gleichberechtigt sind. Auch für die Reservierung der Osterfelder Straße als reine Umweltspur für Radfahrer, Taxis und Busse hatte der Ratsherr schon geworben.