Bottrop. . SPD denkt über Verkehrsmodelle zur Überwindung der Innenstadt-Spaltung nach. Gemeinsamer Verkehrsraum zuerst in Kirchhellen geplant.

Der Mann ist auf dem Weg in die Fußgängerzone am Pferdemarkt. Die Ampel an der Martinskirche zeigt für ihn Rot. „Das ist ja hier wie ein Wassergraben“, sagt der Besucher aus Bochum, als er am Fußgängerüberweg wartet. Sein Vergleich gilt der Osterfelder Straße, die eine breite Schneise mitten durch die City schlägt.

Martinskirche und Pferdemarkt

Wie sich diese Spaltung der Innenstadt überwinden ließe, darüber denkt die SPD neu nach: Ein von allen Verkehrsteilnehmern gleichberechtigt genutzter Raum soll dabei helfen. „Shared Space“ nennen Verkehrsexperten das in den Niederlanden entwickelte Modell. Für den Ortskern von Kirchhellen will die SPD den Versuch kurzfristig angehen. Bis die Verkehrsachse in der City auf diese Weise beruhigt wird, dürfte es noch einige Jahre dauern. „Da werden noch dicke Bretter zu bohren sein“, meinte SPD-Ratsherr Rüdiger Lehr kurz nach der Klausurtagung seiner Partei, in der diese ihre Ziele für das kommende Jahr absteckte.

Fest steht aber, dass die SPD dafür sorgen will, dass die Innenstadt weiter zusammenwächst. Sie setzt darauf, dass die Lebensqualität in der City so steigen wird, und sich die Bürger dort lieber und länger aufhalten, wenn Autos nicht mehr so sehr dominieren wie bisher. Die Probe aufs Exempel für den so genannten „Shared Space“ will Lehr an der Hauptstraße machen. „Im Kirchhellener Ortskern soll dieses Modell bald die vorhandene 20-Stundenkilometer-Zone ablösen“, sagte der Vorsitzende des Verkehrsausschusses. Eine reine Fußgängerzone wird die Hauptstraße damit aber ausdrücklich nicht. „Autofahrer können weiterhin in den Ortskern, müssen aber nicht“, erklärte Lehr, nur mit dem wesentlichen Unterschied, dass die Fußgänger in diesem gemeinsam genutzten Verkehrsraum dann dieselben Rechte haben werden wie sie. Auch für die Bottroper Innenstadt hat der Ratsherr schon ziemlich konkrete Vorstellungen. Dort allerdings will die SPD den gemeinsam genutzten Verkehrsraum erst „mittel- bis langfristig“ schaffen. Lehr hält gerade den Überweg zwischen dem Platz vor der historischen Martinskirche und dem Pferdemarkt für richtungsweisend. Das hieße dort dann aber: keine Ampeln mehr, keine Bordsteine und keinerlei Verkehrsschilder - allerdings das Rechts-vor-Links-Gebot.

Vorbilder in anderen Städten

Vorbilder für diese Gemeinschaftsstraßen gibt es längst etliche: den Roermonder Platz in Kevelaer oder den Opernplatz in Duisburg zum Beispiel - ob erfolgreich oder nicht, darüber gehen die Meinungen auseinander. Gemeinden in Niedersachsen setzten das von der Europäischen Union geförderte Vorzeigeprojekt als eine der ersten um. Die Bottroper Grünen lobten übrigens diese niedersächsischen Modelle fast überschwänglich. „Alle fahren langsamer, auch ohne Verkehrsschilder und ohne Ampeln“, meinte ihr ehemaliger Sprecher, Ulrich Schnirch. Über sieben Jahre ist das jetzt her.