Bottrop. Der Fuhlenbrocker Holger Gruner (57) kennt den VHS-Bau noch als Gymnasium. Nach Stationen in der Region kehrt er nach Bottrop zurück.
Es sind nicht immer die linear verlaufenden Lebensläufe mit stringent verfolgtem Karriereziel, die Erfolg garantieren. Manche schauen erst einmal nach links und rechts, probieren etwas (oder sich) aus, um dann doch zielgerichtet Schwerpunkte zu setzen. So einen leicht mäandernden Lebenslauf mit manchen Ecken und Kanten hat auch Holger Gruner. Der neue Direktor der Volkshochschule ist nun 100 Tage im Amt.
Während diese Zeitspanne Politiker oft schon dazu verleitet, erste Ergebnisse, oder was man dafür hält, heraus zu posaunen, lässt sich ein Tanker wie die VHS so ruckartig nicht steuern. Das möchte der Diplom-Pädagoge, der nach einer Lehre und dem nachgeholten Abi an der Uni Essen Erziehungswissenschaften mit den Schwerpunkten Erwachsenen- und Weiterbildung, Organisations- und Personalentwicklung studiert hat, auch gar nicht. Dem 57-Jährigen geht es darum, die inzwischen über 100 Jahre alte Institution zu stärken, weiter zu profilieren und vor allem deren Bedeutung für die Stadt und die Stadtgesellschaft in den Blick zu rücken.
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Zunächst freut sich Holger Gruner aber erst einmal darüber, dass die neue Stelle ihn gewissermaßen zurück zu den Wurzeln führt. „Ich bin hier zur Schule gegangen, als in der heutigen VHS noch das alte Jungengymnasium war“, sagt der Fuhlenbrocker, der auch eine musikalische Ader hat. Gitarre, Schlagzeug, Gesang am liebsten in einer Band gehören dazu. Gerade renoviert er im Vorort sein Elternhaus, das er mit seiner Frau, einer Ärztin, sobald wie möglich beziehen möchte. Dann kann er auch wieder zur Arbeit radeln, was bislang vom Noch-Wohnsitz Duisburg aus zwar möglich, aber doch sehr zeitintensiv ist.
Von der ersten in die zweite und in Bottrop wieder in die erste Reihe
An Duisburgs VHS leitete er zuletzt die Bereiche Wirtschaft und Beruf sowie IT und pädagogische Qualifizierungen. Dass er von Gelsenkirchen, wo er seit 2018 zunächst Stellvertreter, dann bis 2020 VHS-Direktor war, nach Duisburg in die „zweite Reihe“ wechselte, erscheint zunächst wie ein Rückschritt. Gruner geht offen damit um. „Als in Gelsenkirchen Umstrukturierungen im Bildungsbereich so stark eingriffen, dass eine selbstständige gestaltende Arbeit an der VHS nicht mehr möglich war, habe ich für mich persönlich die Reißleine gezogen“, so Gruner über seinen Wechsel nach Duisburg. Als dann Bottrop durch das vorzeitige Ausscheiden von Uwe Dorow (übrigens auch ein Ur-Bottroper) vakant wurde, war das wie ein Fingerzeig.
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Nun scheint für den bekennenden Bottroper Aufgabe und Zuschnitt der Kompetenzen ideal: „Ich habe hier eine Autarkie vorgefunden, die der Marke VHS guttut und vor allem sinnvoll ist.“ Ausweitung in die Stadtteile und ein echter Bürgerdialog sind auch Holger Gruners Anliegen für die Zukunft. Damit knüpft er an Ziele an, die sich schon sein Vorgänger gesetzt hat, die aber von der Corona-Pandemie ausgebremst wurden.
Auch das Raumproblem hat der neue VHS-Chef im Blick. Zwar gebe es um die 50 Einzelstandorte in Bottrop, auf die man zumeist aber nur begrenzten Zugriff habe. „Wir sind eine Volkshochschule ohne Schule in Bottrop, die zwar mit dem Museum oder dem Kulturzentrum schöne Gastspielorte hat, aber jenseits einiger Dozenten- und Arbeitsräume sowie Flurflächen keinen Raum für das VHS-Leben.“ Gemeint ist ein Zentrum und Begegnungsort für die Arbeit der festen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der gut 350 Honorarkräfte und nicht zuletzt der etwa 8000 Teilnehmenden an den Kursen der unterschiedlichen Fachbereiche. Auch dort sei die Talsohle der Coronazeit (mit damals etwa 6000 Kursteilnehmern) inzwischen überwunden.
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Aktiv in der Stadt zu sein heiße aber auch, im Wörtlichen sichtbar zu sein. Ein optischer Wiedererkennungseffekt, wie ihn jetzt schon die weitaus meisten der rund 900 Volkshochschulen in Deutschland haben, ein neuer kundenfreundlicherer und schlagkräftigerer Auftritt in den elektronischen Medien gehöre einfach dazu. Manches davon sei schon in Arbeit.
Bottrops VHS: Keine Angebote sollen wegfallen – Verbindungen zum Museum stärken
Inhaltlich gehe es vor allem darum, die Breite des Weiterbildungsangebots zu halten. „Sicher, lange nicht nachgefragte Kurse verschwinden, aber zurzeit sehe ich erstmal kein Angebot, das sofort wegfallen sollte.“ Dass ein VHS-Programm neben reiner Wissensvermittlung immer auch eine gesellschaftliche, soziale Bedeutung habe, gehört für den neuen Direktor zum Wesen dieser Einrichtung in einer Stadtgesellschaft. Ein künftiger Schwerpunkt solle aber zum Beispiel auch ein Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung sein.
Ein weiteres Nahziel sei ebenfalls, auch inhaltlich Querverbindungen zum Museum Quadrat zu intensivieren, das ebenfalls unter neuer Leitung stehe. „Das kann dann sicherlich über die Gastspiele der Gastvorträge des VHS-Forums in den Museumsräumen hinaus gehen“, so Gruner. Und natürlich werden das erweiterte Kulturzentrum in Kooperationsangeboten mit dem benachbarten Kulturamt und das Filmforum mit dem neu eröffneten Bistro eine noch tragendere Rolle als bislang im VHS-Angebot spielen.
Der Neue an der Spitze der VHS
Holger Gruner, seit Januar neuer Direktor der VHS, wurde 1965 in Bottrop geboren. Der Fuhlenbrocker besuchte noch das alte Jungengymnasium. Er machte eine Ausbildung zum Elektroinstallateur bei der eingesessenen Firma Wischermann bevor er am Oberhausen Kolleg sein Abi nachholte.
Danach studierte er Erziehungswissenschaften an der Universität Essen (Dipl.-Pädagoge) und arbeitete bis 2017 in leitenden Positionen bei der Gelsenkirchener Ausbildungsförderungsgesellschaft (GAFÖG).
An er dortigen VHS war Holger Gruner bis 2020 Programmbereichsleiter, zunächst stellv. Leiter und schließlich Direktor und wechselte dann an die VHS Duisburg. Seit Januar leitet Gruner die VHS Bottrop.