Bottrop/Oberhausen. Karfreitag auf der Halde: Ruhrbischof vergleicht Russlands Angriff auf die Ukraine mit Terroranschlägen. Es sei aber auch ein „Krieg der Ideen“.
Es nieselt leicht, die Wege sind aufgeweicht, der Aufstieg zum Gipfelkreuz ist mehr als nur ein lockerer Spaziergang, an dem sich wieder viele Hundert Menschen aus dem Ruhrgebiet beteiligt haben. Der Kreuzweg auf der Halde Haniel steht in diesem Jahr zum zweiten Mal im Zeichen des Überfalls Russlands auf die Ukraine. Eine Grundtönung bei vielen der offiziellen Gebete und Fürbitten der traditionsreichen Prozession. Beim Gedenken an das Leiden des historischen Jesus, das in diesen Tagen für Christen im Mittelpunkt steht, drängen sich förmlich Parallelen zum Hier und Heute auf.
Ruhrbischof zur Ukraine: „Der Angriffskrieg ist ein wirklicher Karfreitag unserer Kultur“
So spricht Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck nicht nur von einem „wirklichen Karfreitag unserer Kultur“ angesichts der vielen Toten in dem Krieg, der seit über einem Jahr mitten in Europa tobt. Der Angriffskrieg auf die Ukraine sei ein genauso tiefer Einschnitt in die Geschichte vieler Menschen und Staaten, erst recht Europas, wie es der 11. September 2001 mit den islamistischen Attentaten in den Vereinigten Staaten von Amerika war. In beiden Fällen hätten das Maß an Gewalt und die Art der Überfälle das Vorstellbare bei weitem überschritten.
Karfreitag Kreuzweg
Gespräche am Rand des Haldenplateaus verstummen. Die Teilnehmenden hören dieser politischen Anti-Kriegspredigt aufmerksam zu. Es gehe gerade im Osten Europas um einen „Krieg der Ideen, darum, wie wir leben wollen“: In einem demokratischen Rechtsstaat mit der Zusicherung der Freiheit des Menschen als Person – oder in einem gewaltsamen, nicht von Gewaltenteilung bestimmten politischen Modell.
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Das unsägliche Verhalten des russischen Patriarchen Kyrill und nicht weniger in der russisch-orthodoxen Kirche, die diesen Krieg scheinbar vorbehaltlos unterstützen und ihn für ihre Zwecke als einen Krieg gegen die so genannte westliche Verkommenheit auszunutzen versuchen, mache ihn sprachlos, so Overbeck. Denn schließlich sei Kyrill Bischof wie er selbst. Der Gegenentwurf dazu sei eine „widerständige Menschlichkeit“, die dem Recht des Stärkeren widerstehe und zur Stärke des Rechts beitrage, gerade auch wenn unsägliches Leid geschehe und die Menschenwürde mit Füßen getreten werde.
Wieder einmal präsentiert die Halde sich als „Heiliger Berg“ für viele unterschiedliche Menschen. Während oben die letzten Posaunenklänge verhallen, betet eine afrikanische Familie in ihrer Sprache an den Stationen. Aufgeweichte Erde hindert sie nicht daran, nieder zu knien. Andere folgen abseits der Prozession den Gesängen und Gebeten, die für gut zwei Stunden aus Lautsprechern entlang der Strecke zu hören sind. Denn an desem Tag wird die Halde viele deutlicher als sonst zum Ort der Einkehr und Besinnung.
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Fahnenabordnungen der KAB aus unterschiedlichen Ruhrgebietsstädten, Bergknappen mit brennenden Grubenlampen und Ehrengarden in ihren Uniformen geben dem Kreuz würdiges Geleit. Weihbischof Ludger Schepers, die Stadtdechanten von Bottrop, Gladbeck und Oberhausen aber auch Bottrops Oberbürgermeister Bernd Tischler folgen den Kreuzträgern.
Neben dem Bischof geht singend und betend Bärbel Bergerhoff-Wodopia vom Vorstand der RAG-Stiftung, die auch nach Ende des Bergbaus zum Fortbestand des Kreuzwegs beiträgt. Sie erinnert an die traditionell enge Verbundenheit von Kirche und Bergbau und versprach weiteres Engagement für den Kreuzweg auf der Halde.
Kollekte geht nach Bottrop - Menschen im Hintergrund
Die Kollekte des Kreuzwegs ist in diesem Jahr für die Förderschule am Tetraeder bestimmt. Dort hat sich kürzlich ein Förderverein gegründet. Kerzen, die die 148 Schülerinnen und Schüler gegossen haben, würden auf der Halde verkauft.
Das „Café Jederman“ der Caritas Osterfeld und die „Kurbel“ vom kath. Jugendwerk Oberhausen sorgten für heiße Getränke und Snacks.
Die „Kurbel“ wird übrigens zusammen mit den Bottroper Gemeinden im Juni das ökumenische Kirchencafé im „Centro“ neu eröffnen.