Bottrop. Bottrops Oberbürgermeister Bernd Tischler war zu Gast bei der Reihe „Ich stelle mich“. Den Bürgern ging es vor allem um eins: das Hansa-Center.

Bei der Reihe „Ich stelle mich” im Barbaraheim, Lehmkuhle, stand am Donnerstag Oberbürgermeister Bernd Tischler der Moderatorin Jeanette Kuhn und rund 50 Bottropern Rede und Antwort. Der Zeitpunkt der Veranstaltung hätte brisanter nicht sein können angesichts der kürzlich bekannt gewordenen Pläne für das Hansa-Center, in dem ein orientalisches Einkaufszentrum entstehen soll.

Dieses Thema, das die Bottroper Öffentlichkeit seit Bekanntwerden bewegt wie lange kein zweites, drohte, die Veranstaltung zu Beginn zu kippen. Das Format „Ich stelle mich“ soll eigentlich die Person des Interviewpartners in den Mittelpunkt rücken, den persönlichen Werdegang beleuchten und private Schwerpunkte anreißen. Aber das Thema „Merhaba“ dominierte die erste Hälfte der Veranstaltung komplett.

Bottroper OB zum Hansa-Center: Einschränkungen sorgfältig prüfen

Also ging Bernd Tischler auf den Wunsch der Teilnehmer ein und erinnerte zunächst an die jüngere Entwicklung in der Sache: die Insolvenz der Fakt AG im November 2022, die Pläne der Stadt Bottrop, die Immobilie selbst zu kaufen und die bittere Erkenntnis, welche Belastung auf der Immobilie liegt, weil die Fakt AG das Hansa-Center als Grundpfand beliehen hatte. Und so steht fest, dass letztlich der Insolvenzverwalter entscheidet, an wen die Immobilie verkauft wird, und der neue Besitzer wiederum entscheidet über die Nutzung.

„Natürlich müssen Pläne für das neue Vorhaben eingereicht werden und der Rat der Stadt entscheidet, ob die geplante Nutzung genehmigungsfähig ist und mit dem Bebauungsplan in Übereinstimmung gebracht werden kann,“ erläutert Tischler. „Da die Innenstadt jedoch sogenanntes Kerngebiet ist, in dem weitreichende Nutzungsmöglichkeiten umsetzbar sind, müssen etwaige Einschränkungen sorgfältig geprüft werden.“

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Dass der neue Eigentümer angeboten hat, einen Bürgerbeirat zu bilden, um die Beteiligung der Bottroper zu gewährleisten, überzeugt die Skeptiker jedoch nicht. Es kommen Sicherheitsfragen auf, bei denen auch die räumliche Nähe zum Brennpunkt Berliner Platz und ZOB thematisiert wird. Hier weist der OB zum einen auf die Mobile Wache vor Ort hin und schildert zum anderen Maßnahmen der Stadt wie die Aufstockung des kommunalen Ordnungsdienstes.

Bottroperin zum Hansa-Center: „Wir haben den Papp auf“

Misstrauen herrscht unter den Anwesenden auch bei der Frage, woraus sich der Optimismus speist, der neue Investor sei finanzkräftiger als bisherigen Eigentümer. „Früher haben wir uns als Bürger darauf verlassen, dass die Stadt das schon vernünftig regelt“, sagt eine Teilnehmerin, „aber inzwischen haben wir ehrlich gesagt den Papp auf.“

Verärgerung wird auch spürbar, als ein Gast gezielt nach der Beteiligung der Schulte Holding mit Sitz in Düsseldorf fragt und nur ausweichende Antworten erhält, und er weist darauf hin, dass die ebenfalls involvierte Vermögensverwaltung aus Düsseldorf inhabergeführt ist und über kaum Mitarbeiter verfügt. Die SI&AM GmbH, gibt auf ihrer Webseite an, über ein Team von zehn Mitarbeitern zu verfügen.

Nach einer halben Stunde hitziger Diskussion macht Johannes Bombeck als Veranstalter und Vertreter des Fördervereins Barbaraheim den Vorschlag, zum ursprünglichen Gesprächsformat zurückzukehren und sagt zu, in absehbarer Zeit einen Sondertermin zum Thema Hansa-Center anzubieten, zu dem alle Beteiligten aus der Kommune und von Seiten des neuen Eigentümers eingeladen werden, um mit interessierten Bürgern zu diskutieren.

Die Entwicklung des Hansa-Centers ist das bestimmende Thema derzeit in Bottrop.
Die Entwicklung des Hansa-Centers ist das bestimmende Thema derzeit in Bottrop. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Qualitäten der Stadt Bottrop und Probleme in der City

Von da an geht es dann tatsächlich um persönliche Fragen an Bernd Tischler, um seine berufliche Laufbahn, um seine kurze aber intensive Zeit als aktiver Fußballer und darum, wie er sich noch heute sportlich fit hält für den anstrengenden Job als OB. Er erzählt über seine Familie und seine bevorzugten Urlaubsorte. Als die Moderatorin ihn nach seinen Kochkünsten befragt, winkt er lachend ab und gibt zu: „Ich kann nicht kochen, aber ich kann eine Mikrowelle bedienen.“

Insgesamt wird deutlich, dass der OB den Titel der Veranstaltung „Ich stelle mich“ durchaus ernst nimmt. Er bleibt keine Antwort schuldig und zeigt sich sachlich und zugewandt. Und obwohl mehrfach spontaner Applaus aufkommt und in den Wortbeiträgen der Teilnehmer große Zustimmung zur Person Bernd Tischler und zu seiner Arbeitsleistung deutlich wird, lenkt er den Fokus immer schnell wieder von persönlichen Verdiensten auf die Qualitäten der Stadt Bottrop über – geringste Pro-Kopf-Verschuldung im Ruhrgebiet, niedrige Arbeitslosenquote, vergleichsweise gute Kita-Versorgung und natürlich immer wieder Innovation City. Dabei werden auch Probleme nicht verschwiegen, der Leerstand in der Hansastraße zum Beispiel, aber dann geht es schnell wieder um Lösungsansätze.

„Es gab sehr viele positive Entwicklungen, auf die wir stolz sein können“

In der Aufbruchphase fasst eine Teilnehmerin, die sich auch während der Veranstaltung engagiert zu Wort gemeldet hat, ihre Einschätzung des Abends noch mal zusammen. „Früher haben viele gesagt, ich wohne in der Nähe von Essen statt ich komme aus Bottrop. Das ist heute anders. Es gab einfach sehr viele positive Entwicklungen in den letzte Jahren, auf die wir stolz sein können.“

Umso mehr äußert sie Zweifel, ob ein orientalisches Zentrum mit Basar, Hamam und Hochzeitssaal diese positive Entwicklung unterstreichen oder nicht eher einen Image-Verlust bedeuten würde.