Bottrop. Die Bottroper Liebfrauen-Kirche hat eine neue, restaurierte Turmuhr erhalten – mit Blattgold. Ein windiges Spektakel in fast 78 Metern Höhe.
Es ist eine windige Angelegenheit. Aber letztlich geht doch alles glatt. Die Liebfrauen-Kirche am Nordring hat auf der Ostseite ein neues Zifferblatt und neue Zeiger. Morgens um zehn Uhr steht die Installation allerdings noch auf der Kippe.
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Ein Mitarbeiter von Mateco, einer Firma für Arbeitsbühnen, macht mit einem Hubsteiger zunächst eine Probefahrt hinauf zu Bottrops höchstem Kirchturm – sage und schreibe 78 Meter. Der Einbau verzögert sich. In luftiger Höhe pfeift der Wind. Der Korb vibriert, das Messgerät zeigt Geschwindigkeiten von knapp elf Meter pro Sekunde an. Maximal möglich sind 12 pro Sekunde. Ansonsten ist es zu gefährlich.
Bottroper Stiftung finanziert Zeiger und Zifferblatt mit Spenden
Also heißt es zunächst, sich in Geduld zu üben. Darin ist Bernhard Schürig von der Stiftung Liebfrauen erprobt. Die Stiftung hat sich den Erhalt des denkmalgeschützten Gebäudes zur Aufgabe gemacht. Lange hat er auf diesen Moment gewartet. Mit Spenden sind das Zifferblatt und die Zeiger finanziert worden. „Circa 5000 Euro“, sagt er. Der Turm besitzt aber vier Uhren, ausgerichtet in alle vier Himmelsrichtungen. Drei weitere Restaurationen sollen bald folgen. Der Zahn der Zeit nagt an den Uhren.
Was genau bei der bisher letzten Restauration gemacht wurde, da ist Schürig überfragt. Aber beim Jahr ist er sich relativ sicher: „Das muss 1984 gewesen sein.“ So erhielt immerhin eine Turmuhr eine dringend benötigte Frischzellenkur. „Die Denkmalbehörde hat größten Wert darauf gelegt, dass alles restauriert wird. Es durfte nichts erneuert werden“, betont Schürig.
Das Zifferblatt besteht aus Kupferblech. Bei der Restauration musste die gesamte Fläche vollständig abgeschliffen werden. Anschließend folgte eine neue Grundierung. Das Blech ist jetzt wieder glänzend schwarz. Blattgold zeigt die zwölf Stunden an. Laut Fachfirma kam eine Mixtion zum Einsatz, vergleichbar mit einem speziellen Kleber, der das hauchdünne Blattgold am Blech hält. Anschließend wurde es vorsichtig mit Watte aufpoliert.
Liebfrauen in Bottrop: Zeiger und Stundenabschnitte der Uhr bestehen aus Blattgold
Auch der Stunden- und der Minutenzeiger bestehen aus Kupferblech und sind vollständig überzogen mit Blattgold. Farben in Goldtönen waren keine Alternative. „Die Farben verwittern schnell. Blattgold hält Jahrzehnte. Alles andere kann man vergessen“, so Schürig. „Die gesamten Kosten werden von der Stiftung Liebfrauen getragen.“ Dazu gehören auch der Auftrag an die Fachfirma und die Mietung des Hubsteigers.
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Mit knapp 45 Minuten Verspätung wird der zweite Versuch unternommen. Der Wind hat sich ein wenig gelegt. Am Boden beträgt er knapp zwei Meter pro Sekunde. Wie schnell er oben bläst, wird der Versuch zeigen. Ein Mateco-Mitarbeiter und ein Fachmann für Kirchentechnik von „Diegner und Schade“ aus Dorsten lösen das Zifferblatt vom Gestell des Anhängers und tragen es hinüber in den Korb des Hubsteigers.
Inzwischen macht sich Bernhard Schürig auf den Weg ins Gotteshaus. Auf ihn warten unzählige Stufen einer Wendeltreppe. Wenn er den Zwischenraum, wo sich das mehr als hundert Jahre alte mechanische Uhrwerk befindet, erreicht hat, ist er noch lange nicht am Ziel. Ab hier geht es für ihn nur über enge Holzstufen weiter nach oben. Der Weg führt ihn vorbei am Glockenstuhl.
Draußen bewegt sich zeitgleich der Korb des Hubsteigers ganz langsam und vorsichtig in die Höhe. Es geht vorbei an den kahlen Ästen der angrenzenden Bäume. Der Platz, wo die Turmuhr befestigt werden soll, ist nicht mehr weit entfernt. Aber: Bei einer Windböe muss der Versuch abgebrochen werden. Denn die beiden Männer müssen gemeinsam das Zifferblatt mit Zeiger halten. Auf der Rückseite des Blechs befindet sich eine Antriebsstange mit Messingzahnrädern, die durch ein circa 60 Zentimeter großes Loch im Bauwerk gesteckt werden muss.
Spendensammlung: Auch die anderen drei Turmuhren sollen restauriert werden
Währenddessen ist Bernhard Schürig im Kirchturm angekommen, um die Stange in Empfang zu nehmen und eigenhändig an die Mechanik anzuschließen. Zusätzlich wird das Kupferblech in der schwindelerregenden Höhe mit Schrauben fixiert. Geschafft! Na ja, zumindest vorerst.
Auf der Nord- und Westseite des Turms werden anschließend zwei weitere verwitterte Turmuhren der gleichen Optik demontiert. Runde Holzplatten versperren nun die Löcher. Die Südseite gestaltet sich schwieriger, weil hierfür ein größer Hubsteiger geordert werden müsste. Das Fahrzeug muss lang und groß genug sein, damit es sich über das Kirchenschiff bewegen kann. Deshalb bleibt die alte Uhr vorerst an Ort und Stelle. In einem nächsten Schritt will die Stiftung für die drei weiteren Uhren auf Spendensammlung gehen. Wenn das Geld zusammengekommen ist, sollen sie auch restauriert werden.