Bottrop. Für das Mega-Projekt Freiheit Emscher plant die Stadt Bottrop einen Gewerbeboulevard. Er soll das neue Gebiet ans Straßennetz anbinden.

Der im Bottroper Stadtrat so heftig ausgetragene Streit um die Gründung der Freiheit-Emscher Entwicklungsgesellschaft klingt noch nach, schon legt die Stadt etwas konkretere Baupläne für eben jenes riesige Terrain mit den fünf alten Bergbaustandorten Prosper II, die Welheimer Mark mit der früheren Kohleölanlage, Sturmshof, Hafen Coelln-Neuessen und Emil Emscher vor, die dieses Unternehmen quasi wieder brauchbar machen soll. Es geht dabei um ein erstes Detail: den Gewerbeboulevard Sturmshof Ost.

Hinter der Bezeichnung aus der Public-Relation-Welt verbirgt sich allerdings keine Prachtstraße, sondern vorerst planerisches Stückwerk. Die Bottroper Pläne zeigen in der Nähe der Kläranlage jenseits der Emscher ein von früheren Klärschlammbecken und Kohlelagern umgebenes Stück Straße, das genau an der Stadtgrenze zwischen Bottrop und Essen endet – mitten im Rhein-Herne-Kanal.

Neue Straße verbindet vier alte Bergbaustandorte

Das Gegenstück zu dem auf dem ersten Blick kurios erscheinenden Bottroper Bebauungsplan liegt in Essen vor. Denn die geplante Hauptverkehrsstraße soll ja vier der fünf alten Bergbauflächen erstmals an das Straßennetz der Städte Essen und Bottrop anschließen und so überhaupt erst möglich machen, dass diese Gelände wieder nutzbar werden: Welheimer Mark, Sturmshof, Hafen Coelln-Neuessen und Emil-Emscher. Vorgesehen ist dabei vor allem, mit dieser Piste die anderen Straßen in beiden Städten vom Lkw-Verkehr zu den künftigen Gewerbegebieten zu entlasten.

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Dazu führt der Gewerbeboulevard von der Bundesstraße B 224 über den Sturmshof und dann über den Rhein-Herne-Kanal hinweg bis zum Emil-Emscher-Gelände in Essen. Ende März soll der Bottroper Ratsausschuss für Stadtplanung auch den Weg für die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Planung des Gewerbeboulevards in Bottrop frei machen. Detailliertere Informationen, als in dem formalen Bottroper Bebauungsplanentwurf über den bloßen Verlauf dieser Hauptverkehrsstraße, finden interessierte Bürgerinnen und Bürger etwa in dem Gewerbeboulevard-Ergebnisbericht, den die Verwaltung beilegt.

Bottrops OB Bernd Tischler verspricht Transparenz

Der jetzige Einstieg in die Bebauungsplanung kommt dabei wie ein erster Beleg für die Zusage des Oberbürgermeisters auf den Tisch. So hatte Bernd Tischler im Streit um die Kontrolle über die Freiheit Emscher-Gesellschaft versichert, dass der Rat trotz der Unternehmensgründung zur Vermarktung der Bergbauflächen weiterhin mitentscheiden wird, etwa wenn es um den Bau von Brücken, Straßen, Grünzügen, oder Autobahnanschlüssen in dem Freiheit-Emscher-Gebiet geht. „Mehr Transparenz geht nicht“, sagte Tischler.

So war es früher: Im alten Kohlenlager Sturmshof zwischen Bottrop und Essen lag die Steinkohle auf Halde. Das gesamte Lager sollte bis Ende 2017 geräumt sein. Jetzt haben beide Städte Großes vor und wollen Platz für neue Gewerbegebiete schaffen.
So war es früher: Im alten Kohlenlager Sturmshof zwischen Bottrop und Essen lag die Steinkohle auf Halde. Das gesamte Lager sollte bis Ende 2017 geräumt sein. Jetzt haben beide Städte Großes vor und wollen Platz für neue Gewerbegebiete schaffen. © WAZ

Das bezweifeln allerdings nach wie vor die Fraktionsgruppen im Bottroper Stadtrat. Ihnen geht es dabei in erster Linie um die künftige Freiheit Emscher-Entwicklungsgesellschaft, die bei der Vermarktung der fünf in ihren Besitz übergehenden Bergbaustandorte das Sagen hat. Die kleineren Ratsparteien sehen sich dabei von „Informationen aus erster Hand“ abgeschnitten, wie es zum Beispiel ÖDP-Ratsfrau Marianne Dominas deutlich machte. Die FDP wollte deshalb sogar die Abstimmung über die Geldfreigabe für die noch zu gründende Freiheit Emscher-Entwicklungsgesellschaft verschieben.

Kleinere Parteien nicht im Aufsichtsrat vertreten

Die Stadt wird neben Essen und der RAG Montan Immobilien GmbH mit einem Drittel an diese Unternehmen beteiligt sein. Der Rat gab mit Stimmen von SPD, CDU, Grünen und AfD trotz des Protestes das Okay zur Gründung dieser Projektgesellschaft und zunächst 1,198 Millionen Euro zu deren Finanzausstattung frei. Die Kontrolle über die Gesellschaft soll nun doch der von SPD und CDU in Bottrop favorisierte Aufsichtsrat haben. Gegen eine Öffnung für kleinere Ratsparteien gebe es vor allem Einwände der RAG Montan Immobilien, heißt es. Aus Bottrop sind darin dann vertreten: Oberbürgermeister Bernd Tischler, Landtagsabgeordneter Thomas Göddertz (SPD), CDU-Fraktionschef Hermann Hirschfelder und Grünen-Fraktionschefin Andrea Swoboda. Baudezernent Klaus Müller und Stadtkämmerer Jochen Brunnhofer sollen die Stadt in der Gesellschafterversammlung vertreten.

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Auch die Grünen treiben allerdings Finanzfragen um: etwa ob am Ende tatsächlich auch genügend Geld für den Bau des Gewerbeboulevards oder der Umwelttrasse zwischen Bottrop und Essen vorhanden sein wird. OB Bernd Tischler weist unermüdlich darauf hin, dass das Freiheit Emscher-Vorhaben eines der größten Städtebauprojekte Nordrhein-Westfalens sei und dass die beiden Städte daher mit finanzieller Unterstützung rechnen dürfen. Schon wirft aber die Linkspartei auch die Frage auf, wie hoch die finanziellen Eigenanteile der Stadt an den von ihr erhofften Förderprogrammen für das mehrere 100 Millionen Euro teure Gesamtvorhaben werden können.

Stadt hofft auf Geld aus europäischem Klimawandel-Fonds

Erste konkrete Hinweise auf finanzielle Hilfe gibt die Verwaltung dabei durchaus: So werde von 2023 bis Ende 2026 der europäische Just Transition Fund (Fonds für den gerechten Übergang) für den Wandel zur Klimaneutralität bis 2050 wirksam, aus dem auch Gelder in das nördliche Ruhrgebiet und nach Bottrop fließen sollen. Ziel sei es, noch in diesem Jahr erste Anträge auf solche Fördergelder zu stellen.