Bottrop. 37 Jahre führte Familie Lenko das Forsthaus Specht. Ein Schicksalsschlag beendet diese Ära. Jetzt soll das Haus verkauft oder verpachtet werden.

Seit gut drei Jahrzehnten ist die Geschichte des alten Forsthauses Specht mit der Familie Lenko verbunden. Diese Ära geht jetzt zu Ende. Christoph Lenko, der die traditionsreiche Gastronomie vor sieben Jahren von seinem Vater übernommen hat, muss das Forsthaus nun abgeben – krankheitsbedingt. Sicher kein leichter Entschluss, da Lenko ebenso wie seine Frau Claudia das Gastronomiegeschäft von der Pike auf gelernt und das Haus ganz in der Familientradition mit Herzblut geführt haben. Jetzt steht die Immobilie mit dem umgebenden Grundstück zur Verpachtung beziehungsweise zum Verkauf.

„Kein kleines Anwesen“, wie Klaus Lenko betont. Es gehe immerhin um ein Grundstück von 10.000 Quadratmetern, dazu 1000 Quadratmeter Gastronomiebereich, 800 Quadratmeter Kellerräume und eine Wohnung von 200 Quadratmetern im Obergeschoss. Dort wohnt Lenko senior bis heute mit seiner Frau Heidi. Und ja, natürlich habe es bereits Anfragen von Interessenten gegeben. So etwas gehe ganz schnell herum, sobald ein Hinweis erscheine, gebe es die ersten Anrufer, sagt Klaus Lenko.

Bislang versucht die Familie, das Bottroper Traditionshaus in Eigenregie zu verkaufen

Einen Makler habe die Familie bis jetzt noch nicht hinzugezogen. Man schaue erst einmal, was in der nächsten Zeit passiere. Fest steht nur: „Ich werde mit über 70 Jahren das Forsthaus als Gastronomiebetrieb nicht erneut übernehmen und mein Sohn kann es einfach nicht mehr, so schwer das für uns alle ist“, sagt der einstige Gastronom, der über Jahrzehnte erlebt hat, wie unzählige Gäste im Forsthaus ein- und ausgegangen sind.

Fortsetzung der Familientradition 2016: Brauereichef Axel Stauder (m.) gratuliert den neuen Inhabern von Forsthaus Specht. Klaus und Heidi Lenko (l.) übergeben das Restaurant an Claudia und Christoph Lenko.
Fortsetzung der Familientradition 2016: Brauereichef Axel Stauder (m.) gratuliert den neuen Inhabern von Forsthaus Specht. Klaus und Heidi Lenko (l.) übergeben das Restaurant an Claudia und Christoph Lenko. © Presse Stauder

Zuletzt gehört das Forsthaus nicht nur zu den beliebten Feierorten, sondern auch zu den offiziellen Trauorten der Stadt, in denen sich Brautpaare das Jawort geben und anschließend gleich feiern können. Eine erste Erwähnung findet sich jedoch schon vor über 320 Jahren. Anfang des 18. Jahrhunderts ist das Forsthaus in gräflichem Besitz und wird von Forstangestellten und für Jagdgesellschaften genutzt. Ab 1910 baut man dort den Gastronomiebetrieb sukzessive aus.

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Im ländlich an der Grenze zu Kirchhellen gelegenen Fachwerkhaus finden die offiziellen Essen anlässlich der Stadtwerdung und Großstadtwerdung Bottrops statt, Willy Brandt trinkt dort Bottroper Bier, das es 1967 noch gibt, aber auch später kommen immer wieder Politiker unterschiedlicher Couleur ins Forsthaus, bis hin zu den heutigen Landesministern Ina Scharrenbach oder Marcus Optendrenk.

Willy Brandt (r.) 1967 in Bottrop – natürlich Im Forsthaus Specht. Dort sitzt der spätere Kanzler neben Hans Wuwer und Dr. Fritz Kleffner.
Willy Brandt (r.) 1967 in Bottrop – natürlich Im Forsthaus Specht. Dort sitzt der spätere Kanzler neben Hans Wuwer und Dr. Fritz Kleffner. © FUNKE Foto Services | Foto: Koschnitzke

Vor allem aber bleibt Forsthaus Specht in der Ära Lenko ein über die Grenzen Bottrops hinaus bekanntes und beliebtes Ausflugsziel mit gehobener, regional orientierter Frischeküche. Klaus Lenko führt das Forsthaus seit 1985. Knapp zehn Jahre später erwirbt er die Immobilie, auch mit Blick auf eine sich abzeichnende Übernahme durch Sohn Christoph. Der modernisiert ab 2016 zusammen mit seiner Frau das Forsthaus samt Karte behutsam, erweitert die Theke, auch durch ein begehbares Weinabteil. Immerhin bietet Forsthaus Specht bis zu 300 Personen Platz.

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„Es wäre schon schön, wenn es ein Ort für Gastronomie bleiben würde“, sagt Klaus Lenko, der anstelle seines Sohnes nun die Verhandlungen führt. Aber: „Es muss stimmen, es sollte ein Haus mit Anspruch bleiben, nur einfach Bier ausschenken können, das reicht nicht“, weiß der erfahrene Restaurantbesitzer. Er würde beispielsweise gerne einem aufstrebenden, begabten Gastronomen eine Chance geben, könnte sich auch eine Übergabe auf Rentenbasis vorstellen.

Ein kompletter Verkauf sei natürlich ebenfalls eine Variante. Dann wäre es durchaus möglich, dass das alte Forsthaus Specht keine gastronomische Adresse mehr für Bottrop und Umgebung wäre. Noch ist nichts entschieden.