Bottrop/Gladbeck. „Ein Wunder“: Trotz schlechtester Prognose wird der Gladbecker Ulrich Sakowsky im KKH Bottrop erfolgreich gegen Nierenkrebs behandelt.
Er führt mit Ende 70 ein Ingenieurbüro in Gladbeck. Er ist sportlich, steht, wie man so schön sagt, mitten im Leben. Dann die Diagnose: Nierenkrebs, auch noch einer, der bereits gestreut hat. Sein Hausarzt gibt Ulrich Sakowsky noch ein halbes Jahr unter medikamentöser Therapie. Doch am Knappschaftskrankenhaus (KKH) Bottrop zeigt man dem Patienten alternative Wege auf. Heute sind bei dem Gladbecker keine Tumore mehr nachweisbar. „Er ist 80 geworden, ist wieder Tennis spielen gegangen – ein Wunder“, bemerkt Dr. Mirko Müller, Chefarzt der Klinik für Urologie.
Bottroper Urologie-Chefarzt: „Die Diagnose war eigentlich ein Todesurteil“
Denn: „Die Diagnose war eigentlich ein Todesurteil. Und mit der Standardtherapie wäre es ein Todesurteil geblieben“, so der Mediziner. Er erinnert sich gut an die erste Begegnung mit Ulrich Sakowsky 2018 im KKH. „Er hatte einen acht Zentimeter großen Tumor an der rechten Niere. Das Besondere war, dass die Nebenniere mitbefallen war.“ Metastasen hatten sich gebildet, Knochen und viele Lymphknoten waren ebenfalls betroffen.
Im Gespräch beleuchteten Ulrich Sakowsky, heute 82, und Dr. Mirko Müller damals das Für und Wider einer Operation. „Es wurde nichts beschönigt – und nichts weggelassen“, sagt der Patient. Er wusste, der operative Eingriff würde risikoreich sein, fünf bis sechs Stunden dauern, Ausgang letztlich ungewiss. Aber: „Ich hatte Vertrauen.“ Und die Aussicht auf einen schnellen OP-Termin.
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Am 26. April 2018 wurden komplikationslos die Niere, die Nebenniere und einige Lymphdrüsen entfernt. „Wir wussten nach der OP, dass ein Teil der Lymphdrüsen nicht entfernt werden konnte“, berichtet der Urologe. „Dann haben wir die Standard-Therapie angeschlossen.“ Eine medikamentöse Behandlung mit Tyrosinkinasehemmern (TKI). „Das nimmt dem Nierenkrebs die Blutversorgung und damit den Saft“, erläutert Dr. Mirko Müller.
Eine Behandlung übrigens, unter der der Patient mit Nebenwirkungen zu kämpfen hatte. Gliederschmerzen, Durchfall, rissige Haut, entzündete Schleimhäute machten ihm zu schaffen.
Die medikamentöse Standardtherapie hat nicht gewirkt
Doch nach einem halben Jahr haben die Mediziner gesehen: Es gibt auf der Lunge noch Absiedelungen, Lymphknoten sind vergrößert. „Die Standardtherapie hat nicht gewirkt“, fasst der Chefarzt zusammen. Glück im Unglück: Sie konnten die „Gunst der Stunde“ nutzen, wie Müller es formuliert, wurde doch 2018 der Nobelpreis für die Immuntherapie vergeben. Ulrich Sakowsky konnte am KKH genau so eine Immuntherapie angeboten werden; damals alles andere als eine Standardtherapie in der Klinik für Urologie.
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Die Immuntherapie macht die Krebszellen für die körpereigene Abwehr sichtbar, erklärt der Chefarzt. „Die Krebszellen haben nämlich den Trick, dass sie sich selbst unsichtbar machen. Die Immuntherapie durchbricht das. Dadurch kann die körpereigene Abwehr die Krebszellen attackieren.“
Drei Jahre lang erhielt Ulrich Sakowsky entsprechende Infusionen, bis Oktober 2021, als zunächst kaum spürbare Nebenwirkungen wie Hautekzeme und Juckreiz überhand nahmen. Und siehe da: „Am Ende haben wir in der Bildgebung seit Oktober 2021 keinen Tumor mehr nachweisen können“, so Müller. „Das habe ich in meiner Therapie so noch nie gesehen!“
Patient nennt Therapieerfolg „überragend und überraschend“
„Überragend und überraschend“, nennt der Patient selbst den Therapieerfolg. Zu dem er mit seiner positiven Haltung sicher ein gutes Stück beigetragen hat. „Ich habe mich mit dem Krebs gar nicht intensiv befasst, habe mir keine Ängste gemacht“, sagt der Gladbecker. Stattdessen nahm er sich vor: „Ich ziehe das jetzt durch.“ Man müsse als Patient mitarbeiten.
Dr. Mirko Müller bestätigt: Innere Einstellung, körperliche Aktivität und Bewegung machen für den Heilungsprozess viel aus.
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Der Kontakt zum Krankenhaus besteht weiter. Zum einen, weil alle sechs Monate Kontrolluntersuchungen anstehen. Und zum anderen, weil Ulrich Sakowsky den Rat von Dr. Mirko Müller zu schätzen gelernt hat. Zuletzt empfahl der Mediziner seinem Patienten eine Darmkrebs-Vorsorgeuntersuchung.
Patient und Mediziner halten gemeinsames Plädoyer für die Vorsorge
Vor der Krebsdiagnose, gibt Ulrich Sakowsky zu, hat er die gesundheitliche Vorsorge schleifen lassen. Heute plädiert er zusammen mit dem Chefarzt deutlich dafür, Früherkennungsuntersuchungen wahrzunehmen. Tumore in der Niere zum Beispiel können über Ultraschalluntersuchungen festgestellt werden. Diese gehören im Vorsorgebereich allerdings zu den selbst zu zahlenden individuellen Gesundheitsleistungen.
Das Problem: Wie viele andere Krebsarten bereiten Nierentumore zunächst keine Schmerzen. Ulrich Sakowsky zum Beispiel hatte sich einfach schlecht gefühlt („Ich stand neben mir“), was zunächst auf eine Erkältung geschoben wurde. Bis ein erfahrener Vertretungsarzt ihn aufgrund auffälliger Blutwerte ins Krankenhaus überwies. Zum Glück, sagt der Gladbecker, „sonst wäre ich weiter aufgefressen worden“.
Uroonkologisches Zentrum
Das Zertifizierte Uroonkologische Zentrum am Knappschaftskrankenhaus Bottrop ist nach Auskunft von Chefarzt Dr. Mirko Müller eines von acht in ganz NRW.
Rund 35 Nierenkrebs-Operationen werden dort pro Jahr durchgeführt. „Wir haben 20 bis 25 laufende Therapien bei urologischen Krebserkrankungen insgesamt“, berichtet der Mediziner. Also auch bei Tumoren etwa an Blase oder Prostata. „Das Gros der Behandlungen machen heute Immuntherapien aus.“
Kontakt zur Klinik für Urologie: 02041 15-1801. Info im Netz: kk-bottrop.de