Bottrop. Wem kalt ist, der kann einen der Bottroper Wärmeorte aufsuchen. Wer finanzielle Not hat oder Gesellschaft braucht auch. Das passiert vor Ort.
Es ist behaglich im Wärmeort der Caritas, zu erreichen im ersten Stock eines Geschäftshauses in der Bottroper Fußgängerzone. Nicht nur von den Temperaturen her; die Tische sind zu einem gemütlichen Karree zusammengestellt, elektrische Kerzen und der Duft nach Waffeln tun das Ihrige dazu. Und natürlich das „Herzlich Willkommen“, mit denen die Mitarbeiterinnen jeden und jede beim Reinkommen begrüßen. Hier bleibt man gerne.
Wärmeort in Bottrop-Mitte: Flüchtlinge suchen Kontakt
Hier trifft man andere, hier lernt man was, hier findet man Unterstützung. So empfindet es zum Beispiel Mazema Sedo (50). Sie ist mit ihrer Familie aus Syrien geflüchtet, lebt seit 2015 in Bottrop. Von ihren fünf Kindern geht das jüngste in die siebte Klasse. Und es gibt auch schon zwei Enkel. Mit ihrem Mann ist sie zu dem Caritas-Treff gekommen, um Kontakte zu knüpfen. „Alle sind hier sehr freundlich und gut“, sagt Mazema Sedo. Die deutsche Sprache sei schwer, und man brauche Kontakt zu Deutschen, um das Verstehen und Sprechen zu üben. Doch diesen Kontakt zu finden, ist für die Flüchtlinge nicht ganz einfach.
Das bestätigt Sabih Ismail, heute ihr Nachbar, der ebenfalls aus Syrien kommt: „Wir kommen immer her. Wir möchten lernen.“
Das können sie heute; spielerisch und an aktuelle Fragen angepasst. Die Wärmeort-Koordinatorinnen Dana Rashid und Anna Köhler haben sich vorgenommen, den Besucherinnen und Besuchern deutsche Begriffe rund ums Thema Energie nahe zu bringen. Sie erhalten Karten mit Wörtern wie Kühlschrank, Gas, Rechnung, Steckdose. Erst müssen diese auf Deutsch umschrieben, später in ein Kreuzworträtsel eingesetzt werden. Schwierigstes Wort im Rätsel sind die „Betriebskosten“. Puh! Alle machen mit, auch wenn die Deutschkenntnisse in der Runde sehr unterschiedliches Niveau haben.
Natürlich treibt das Thema Energie – samt explodierender Kosten – die Menschen hier um. Mazema Sedo bemerkt: „Diesen Monat ist es sehr kalt. Wir sparen bei Heizung und Strom.“ Sie wollen auch dabei helfen, den Gasverbrauch in der Ukrainekriegs- und Krisensituation zu senken. Sollte es finanziell für das arbeitslose Paar zu eng werden, könnte Mazema Sedo hier im Wärmeort erfahren, wo sie Unterstützung erhält.
Wärmeort: Mit Menschen reden, Neues erfahren
Heute aber plagt sie eine andere Sorge, die sie Dana Rashid vorträgt: Ihr fehlen die passenden Papiere, um ins Ausland reisen zu dürfen. Dabei würde sie zum Beispiel so gerne ihre Schwester wiedersehen, die in der Türkei lebt. Seit acht Jahren wartet sie schon darauf. „Man muss geduldig bleiben.“ Mazema Sedo seufzt und lächelt.
Flüchtlinge machen unter den heute 15 Besucherinnen und Besuchern des Wärmeortes den Großteil aus. Mitten unter ihnen sitzt aber auch Friedhelm. Der 89-Jährige macht sich ums Finanzielle absolut keine Sorgen. Aber „ich bin ein bisschen alleine, ich habe meine Frau verloren“. Seine Familie ist weit verstreut „und wird auch kleiner“. Der Senior sucht Abwechslung, Begegnungen. „Hier erfährt man mal etwas Neues.“ Und: „Hier kann man mit jemandem sprechen“, meint der Bottroper.
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Beim Rätseln tut er das zum Beispiel mit seiner jungen Sitznachbarin. Und sonst auch gerne mit Mitarbeiterin Anna Köhler. Die weiß: „Wenn ältere Leute von früher erzählen, hören die anderen gerne zu.“ Und zwar gerade die, die sich im Deutschen noch üben wollen.
Die Caritas stellt diesen Wärmeort in den Räumen des Familienortes an der Hochstraße 17 bereits seit November zur Verfügung, sagt Fachbereichsleiterin Bettina Beusing. Zum Programm gehöre „immer etwas für den Kopf zum Thema Energie – und immer etwas für den Magen“. Im November und Dezember nutzten das Angebot insgesamt 86 Menschen, im Januar über 40. Geöffnet hat dieser spezielle Treff immer donnerstags ab 14 Uhr. Einmal gab’s das Angebot ergänzend in der Kontaktstelle am Borsigweg; dorthin kamen 18 Gäste.
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Alle Teilnehmenden, ist die Erfahrung von Koordinatorin Dana Rashid, haben Bedarf sich auszutauschen. Auch über das Thema Energiekosten, aber eben nicht nur.
Sozialamtsleiter: Nachfrage an den 15 Wärmeorten in Bottrop ist sehr unterschiedlich
Insgesamt 15 Wärmeort sind mit Blick auf explodierende Energiepreise stadtweit eingerichtet worden, in der Regel angebunden an bestehende Quartierszentren oder Beratungsstellen. Die Nachfrage ist bislang von Ort zu Ort sehr unterschiedlich, berichtet Sozialamtsleiter Sascha Borowiak. Grundsätzlich falle aber auf, „dass viele Menschen den Wärmeort gar nicht so sehr zum Aufwärmen aufsuchen, sondern um sich zu informieren“. Ein Effekt, der durchaus mit beabsichtigt war. Der Weg hierhin fällt vielen leichter als der Gang zum Sozialamt.
Sozialplaner Moritz Brunecker habe im Vorfeld auch von der „sozialen Wärme“ an solchen Treffpunkten gesprochen – und das bringt es tatsächlich auf den Punkt.
15 Wärmeorte im Stadtgebiet
Stadtweit gibt es 15 Wärmeorte: Für Menschen, die sich aus Angst vor vielleicht unbezahlbaren Heizkosten kaum trauen, daheim zu heizen, und es hier warm haben können. Für Menschen, die eine herzliche Begegnung bei Kaffee oder Tee dringend nötig haben. Oder für Menschen, die Hilfe und Unterstützung nicht nur rund ums Thema Energie suchen.
Die Wärmeorte sind hier eingerichtet: AGSB-Stadtteilbüro Batenbrock (Horster Straße 228), ASB-Tagespflege „Zur Gartenstadt“ (An der Kommende 13), DRK-Familienzentrum Kirchhellen (Wienkamp 5), DRK-Haus Rottmannsmühle (Karl-Englert-Straße 43), DRK-Kreisgeschäftsstelle (Siemensstraße 32), Ebel 27-Interkulturelles Stadtteilzentrum (Ebelstraße 27), Familienort Bügelstraße 25, Familienhort Hochstraße 17, Familienort Unterberg 11b, Familienort Wilhelm-Tenhagen-Straße 25, Haus der Vielfalt (Gerichtsstraße 3), Kolüsch (Unterberg 12), Quartiersbüro Prosper III (Kardinal-Hengsbach-Straße 2-4), Quartierszentrum Startklar (Horster Straße 18), Welheim 64- Interkulturelles Stadtteilzentrum (Welheimer Straße 64).
Die Öffnungszeiten und Angebot unterscheiden sich von Ort zu Ort. Info: www.bottrop.de