Bottrop. An der Paßstraße wurde im Juli 1925 Bottrops erste Badeanstalt eröffnet. Heute ist das Gebäude eine Turnhalle – und jetzt ein Baudenkmal.
Die alte Turnhalle an der Paßstraße 16 wird die Nummer 128 in der Denkmalliste der Stadt Bottrop. Allerdings nicht wegen der Funktion als Turnhalle: In dem Gebäude wurde am 19. Juli 1925 Bottrops erste Badeanstalt eröffnet. Das Schwimmen war damals aber weniger wichtig als das Baden zum Sauberwerden.
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Geplant und gebaut hat die Sport- und Badeanstalt der aus Hannover stammende Architekt Albert Lange (1891 - 1945), der von 1922 bis 1934 Stadtbaurat in Bottrop war. Später wechselte er zum Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk und wurde Verbandsdirektor des Vor-Vorgängers des heutigen Regionalverband Ruhr (RVR). 1945 starb Lange in Gelsenkirchen bei einem Luftangriff.
Lange war seiner Zeit in vielen Dingen voraus. Er orientierte sich schon am Stil von Architekten wie Walter Gropius, der 1925 in Dessau die „Bauhausschule“ baute und gemeinsam mit vielen anderen Planern, aber auch Künstlern, den Bauhausstil entwickelte. Bekanntlich haben zu dem auch Josef und Anni Albers Wesentliches beigetragen.
Neues Bottroper Baudenkmal: Die ehemalige Badeanstalt
Besonders gut zu erkennen ist Langes Stil an der städtischen Berufsschule, dem heutigen Berufskolleg, übrigens ebenfalls ein Bottroper Baudenkmal. Albert Lange plante und baute sie 1928/29 schon ganz im Sinne der Devise „Form follows Function“ – ein krasser Kontrast zu den historisierenden Prachtbauten wie dem bis 1916 errichteten und 1920 erweiterten Rathaus oder dem früheren Gymnasium und heutigem Kulturzentrum an der Böckenhoffstraße.
An der Turnhalle ist allerdings weniger der Baustil ausschlaggebend für die Aufnahme in die Denkmalliste. Immerhin finden die Denkmalschützer dennoch lobende Worte für die erhaltenen Ausgestaltungen: „Auffallend ist im Inneren insbesondere die in Grün, Beige, Weiß gehaltene farbliche Gestaltung und die sorgfältige, qualitätvolle Ausformung der Decken mit profilierten Balken oder in der Turnhalle mit einem stuckierten Rechteckmuster. Die Türblätter und andere Details sind ebenfalls aus der Bauzeit überliefert. Die Turnhalle besaß ursprünglich eine sechseckige Apsis. Diese Tatsache gemeinsam mit der anspruchsvoll gestalteten Decke lässt vermuten, dass die Turnhalle auch als Festsaal genutzt wurde.“
Bottrop fanden Duschen und Badewannen zur öffentlichen Nutzung
Getreu dem Bauhausmotto war den Denkmalschützern in diesem Fall aber die Funktion noch wichtiger als die Form. Albert Lange baute die Badeanstalt in einer Zeit, in der die meisten Bottroper noch kein eigenes Bad hatten. Was sie deshalb an der Paßstraße fanden, war nicht nur ein kleines Lehrschwimmbecken, sondern 16 Dusch- und 5 Wannenkabinen zur öffentlichen Nutzung. Dazu gab es eine Trennung zwischen Gängen, die mit Straßenschuhen benutzt werden konnten, und Barfußgänge. „Ungewöhnlich fortschrittlich für die Zeit“, loben die Denkmalschützer.
Nicht nur Schüler konnten an der Paßstraße Sport betreiben und das Schwimmen lernen. Vermutlich haben auch Vereine die Halle genutzt, aber auf jeden Fall die Polizisten der Bereitschaftspolizei. Ihre Unterkunft auf der anderen Seite des Sportplatzes wurde 1929 fertig gestellt.
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Das abschließende Urteil der Denkmalschützer: „Die Turnhalle mit der ehemaligen Badeanstalt ist bedeutend für Bottrop, weil sie ein gut überliefertes bauliches Zeugnis des Sozialwesens und des Städtebaus und damit der Stadtwerdung Bottrops ist. Das Gebäude wurde am 19. Juli 1925 als Bottrops erste öffentliche Badeanstalt mit Turnhalle eröffnet. Zugleich war die Anlage im Verbund mit neuen städtischen Wohnungen an der Paßstraße ein Ansatz, eine Zechenkolonie mit der Innenstadt zu verbinden. Hier wurde also ein in der Zeit hygienisch, gesundheitlich und pädagogisch notwendiges sozialpolitisches Konzept baulich umgesetzt.“ ks