Bottrop. Die Essener Domsingknaben und Domorganist Sebastian Küchler-Blessing eröffneten das Traditionsfestival weihnachtlich-meditativ. So geht’s weiter.

Nachdem Orgel Plus zuletzt auf die großen Formate verzichtete, musste und auch bei den Eröffnungskonzerten eher kammermusikalische Akzente setzte, gab es jetzt wieder einen prächtigen Auftakt in großer Besetzung. Zum Neujahrskonzert in St. Cyriakus begrüßten nicht nur Festivalleiter Gerd-Heinz Stevens und Stadtdechant Jürgen Cleve das zahlreich erschienene Publikum, sondern dieses wiederum auch die Essener Domsingknaben direkt zu Beginn mit anhaltendem Applaus.

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Offensichtlich haben diese „großen Formate“ in den letzten beiden Jahren des Festivals gefehlt, wie schon kürzlich beim ersten Konzert des Städtischen Musikvereins zu erleben war. Der Vorzeigechor, der nicht nur regelmäßig die Liturgie und eine Konzertreihe in der Bischofskirche der Nachbarstadt gestaltet, sondern auch darüber hinaus regelmäßig Auftritte absolviert, war zwar nicht in Vollbesetzung, dafür aber in repräsentativer Konzertstärke mit rund 50 Sängern unter Leiter Harald Martini angetreten – und Essens Domorganisten Sebastian Küchler-Blessing.

Der Essener Domorganist Sebastian Küchler-Blessing eröffnete mit den Essener Domsingknaben die 35. Ausgabe des Bottroper Festivals Orgel Plus. An der Orgel der Cyriakuskirche spielte er Werke des 18. bis 21. Jahrhunderts.
Der Essener Domorganist Sebastian Küchler-Blessing eröffnete mit den Essener Domsingknaben die 35. Ausgabe des Bottroper Festivals Orgel Plus. An der Orgel der Cyriakuskirche spielte er Werke des 18. bis 21. Jahrhunderts. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Vor allem in seinem „Kerngeschäft“, der geistlichen Vokalmusik der vergangenen 400 Jahre, zeigte der Chor wieder einmal seine Stärken. Vom breit angelegten, flächigen Chorklang bis hin zu durchscheinender Polyphonie eines Orlando die Lasso („Jubilate Deo“) oder einem „Ave Maria“ von Tomás Luis de Vittoria, das der Chor neben lupenreiner Intonation mit einer schönen Forte-Piano-Dynamik adelte, erlebten die ersten Festivalgäste dieser 35. Ausgabe eine stimmungsvolle Reise durch die weihnachtliche Festzeit. Dass da manche Abstimmungen zwischen Orgel oben, Chor vorn und zwei Mal mitsingendem Publikum im Kirchenschiff nicht immer punktgenau an den Start gingen – Schwamm drüber.

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Als Kabinettstücke hingegen gestaltete Küchler-Blessing Bachs F-Dur-Pastorella BWV 590 oder das meditativ-versonnene Choralvorspiel zu „Es ist ein Ros’ entsprungen“ aus den Elf Choralvorspielen op. 122 von Johannes Brahms. Der Solist zeigte sich einmal mehr als subtiler Klangmischer am Instrument und „spielte“ mit der kunstvoll versteckten Melodielinie, die der Komponist romantisch verwob.

Es gibt sogar eine Reminiszenz an die leidende Ukraine

Mit drei unterschiedlichen Chorsätzen der beiden Zeitgenossen Melchior Vulpius und Michael Praetorius (um 1600) und der zeitgenössischen Bearbeitung von Donald Cashmore schwebte das alte Weihnachtslied „Es ist ein Ros’ entsprungen“ fast wie ein Motto über diesem besinnlichen Neujahrskonzert. Und dass diese Besetzung der Essener Domsingknaben in allen Stimmlagen makellos gestaltet war, zeigte sich auch in Günther Raphaels ausgedehntem A-Capella-Satz von „Maria durch ein Dornwald ging“ im Wechsel der Männer- und Knabenstimmen. Und an die leidende Ukraine erinnerte Sebastian Küchler-Blessing mit einer prunkvoll registrierten „Toccata on Ukrainian Carol“. Orgel Plus-Fans dankten auch am Ende stehend mit minutenlangem Beifall.

So geht es weiter bei Orgel Plus

Noch bis zum 8. Januar dauert die 35. Ausgabe des Festivals Orgel Plus in diesem Jahr. Neben exotischen Kombinationen wie Joris Verdin und Marie-Noelle Bette, die mit Physharmonika, einer uralten Reiseorgel, und dem Tafelklavier im Gepäck am 6. Januar im Kammerkonzertsaal des Kulturzentrums zu Gast sind, stehen auch Klassiker auf dem Programm.

Orgel zu vier Händen und Füßen gibt es am 3. Januar mit dem virtuosen Duo Pascal und Markus Kaufmann in Liebfrauen auf dem Eigen. Dann erklingt u.a. Franz Liszts „Totentanz für Klavier und Orgel“. Am 4. Januar spielen in Herz Jesu in der Stadtmitte Lisa Hummels und Ljobov Nosova Orchesterklassiker wie Ravels „Boléro“ auf der großen Rensch-Orgel.

Orgel plus Flöte und Saxophon mit Rolf von Ameln und Stephan Aschenbrenner gibt es am 5. Januar ebenfalls in Herz Jesu. Beginn ist jeweils um 19.30 Uhr.

Drei Nachmittagskonzerte: Am 4. Januar, 15 Uhr, heißt es in der Kulturkirche an der Scharnhölzstraße 33 Orgel plus Harmonium und Klavier beim Kaffeekonzert für Senioren. Am 6. Januar gibt es um 16 Uhr in St. Cyriakus an der Hochstraße ein Familienkonzert als Orgelspaziergang mit der Orgelmaus. Als Abschlusskonzert gibt es Orgel plus Walzer mit Geige und Salonorchester am 8. Januar, 16 Uhr, wieder in der Kulturkirche. Infos: orgelplus.de.