Bottrop. Nach Dirigentenwechsel und Pandemie kehrt Bottrops Musikverein mit Mozarts Requiem zurück aufs große Konzertpodium. Ein guter Neustart
Abschiedskonzert, Dirigentensuche, Pandemie: Schwieriger kann ein Dirigentenwechsel für einen Chor kaum sein. Nach über zweieinhalb Jahren Zwangspause hat Bottrop „seinen“ Musikverein wieder. Mit einer schlanken Interpretation von Mozarts unvollendet hinterlassenem Requiem betrat der städtische Chor in der voll besetzten Cyriakuskirche unter seinem neuen Leiter Ludger Köller erstmals wieder das große Konzertpodium. Flankiert wurde der Chor dabei wie stets in den letzten Jahren vom Essener Folkwang Kammerorchester und einem hörenswerten Solistenquartett.
Chor des Bottroper Musikvereins mit Mozarts Requiem
„Schlank“ mag in mehrfacher Hinsicht auf den Konzertnachmittag zutreffen. Wie fast überall bei Dirigentenwechseln hat auch der Musikverein bei der Zahl der Aktiven eingebüßt. Schlanker – aber dafür auch beim Chor- wie Orchesterpart anspruchsvoller – die Ergänzungen des Originalfragments durch den amerikanischen Pianisten und Musikforscher Robert Levin. Klingt wie Mozart, zuweilen im Orchester etwas weniger „dick“ aufgetragen als frühere „Vollendungen“ der unvollendet gebliebenen Totenmesse.
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Dabei arbeiteten sich Chor, Solisten und Orchester nicht nur gewissenhaft durch das dramatische Herzstück des Werks, die Sequenz „Dies irae“, eine textlich wie musikalisch farbenreiche Schilderung des jüngsten Gerichts. Da legte die Posaune wuchtig vor, bevor Harald Martini mit markant gerundetem Bass oder Fabian Strothmann mit schlankem, fast kristallin daherkommenden Tenor übernahmen.
Publikum hat Bottroper Musikverein vermisst
Elisa Rabanus mit klarem, sicher geführten Sopran und der warm-grundierte Alt von Elvira Bill ergänzten nicht nur das Solisten-Quartett ideal, sondern formten beispielsweise das posthum komplett ergänzte „Benedictus“ zu einem Kabinettstück eines Solistenensembles „á là Mozart“ – dem der Chor ein schön gestaltetes „Agnus Dei“ folgen ließ, das er mit einem zart geformten „dona eis requiem sempiternam“ enden ließ.
Insgesamt zeigte sich der Musikverein in guter Verfassung, berührte in vielen Teilen der Totenmesse, zum Beispiel auch mit einer schwingenden, ausgewogenen Gestaltung des „Hostias“-Satzes, der geradezu lyrisch daherkam. An anderen Stellen, vielleicht auch bei der großen nachkomponierten „Amen“-Fuge am Ende der Sequenz, oder bei manchen Übergängen hätte es differenzierter, zuweilen auch zupackender zugehen können. Das Potenzial ist da – und vor allem auch wieder: der Musikverein. Er wurde vermisst – wie nicht zuletzt auch der lange Applaus des Publikums zeigte.