Bottrop-Kirchhellen. Am Wochenende beginnt auch für den Kirchenmusiker und die zahlreichen Chöre der große Festmarathon. Zeit für Privates findet der Kantor dennoch.

Pfarrer, Küsterinnen, viele Ehrenamtliche in den Kirchengemeinden wissen derzeit buchstäblich nicht, wo ihnen der Kopf steht, was sie zuerst tun sollen. Weihnachten naht. Von besinnlichem Advent ist oftmals wenig zu spüren. Es sei denn, man plant gut vor, zwingt sich zur Auszeit - auch wenn die schon mal morgens ganz früh oder abends ist, wenn mancherorts noch die stimmungsvollen Roratemessen gefeiert werden. Als Kantor von St. Johannes der Täufer zählt Detlef Steinbrenner auch zu den Weihnachtsprofis, die zwischen Heiligabend und - grob gesagt - dem Dreikönigstag im Dauerstress sind. Der Bottroper Musiker, der sich selbst augenzwinkernd als „musikalischer Bistumsflüchtling“ bezeichnet, sieht den Liturgie- und Feiermarathon inzwischen fast entspannt.

Von Bottrop nach Kirchhellen ausgewandert: ein musikalischer „Bistumsflüchtling“

Seit 23 Jahren ist der 57-Jährige nun schon Herr der Orgel aber auch verantwortlich für nicht weniger als fünf Chöre an der Kirchhellener Pfarrkirche. Seit der Zusammenlegung ist er auch für Feldhausen und Grafenwald musikalisch verantwortlich. „Auch wenn ich natürlich nicht bei allen Gottesdiensten die Orgel spielen kann“, sagt der Steinbrenner. Er blickt auf seine hiesige Lieblingsorgel, das vor 18 Jahren umfassend sanierte und vor allem sinnvoll und sachverständig erweiterte Instrument in der kürzlich frisch sanierten Pfarrkirche. „Alles richtig gemacht“, sagt Steinbrenner rückblickend über seine Entscheidung, kurz vor der Jahrtausendwende von Bottrop aus dem Bistum Essen ins Dorf im Bistum Münster zu wechseln. Nicht nur, dass es in Bottrop seine früheren Wirkungsstätten St. Barbara (abgerissen) und Heilig Kreuz (heute Kulturkirche) nicht mehr gibt. Auch die Kirchenmusikerstellen seien im Nachbarbistum inzwischen Mangelware.

Lieblingsplatz: Kantor Detlef Steinbrenner am Spieltisch der Breil-Orgel von St. Johannes, die 2004 von der Orgelbaufirma Sauer aufwändig umgebaut und erweitert wurde.
Lieblingsplatz: Kantor Detlef Steinbrenner am Spieltisch der Breil-Orgel von St. Johannes, die 2004 von der Orgelbaufirma Sauer aufwändig umgebaut und erweitert wurde. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Aber zurück zu Weihnachten. Gerade sind in St. Johannes die großen Tannenbäume im Chor und bei der weitläufigen Krippenlandschaft aufgestellt worden. „Weihnachten beginnt für mich immer schon im August, ab dem Advent habe ich dann schon wieder Ostern im Kopf“, lacht der Kantor. Oben auf der Orgelempore geht Steinbrenner immer wieder die Literatur durch, die an den Festtagen erklingen soll. „Bach ist immer dabei“, so der Musiker, der allerdings auch die Franzosen nicht verachtet - und nicht nur mit Blick auf die große Orgelsymphonik des 19. und 20. Jahrhunderts des Nachbarlandes. Immerhin: einer seiner Lehrer ist neben Wolfgang Seifen, dem früheren Organisten der Marienbasilika in Kevelaer auch der berühmte Olivier Latry, Musikpädagoge und Titularorganist an Notre-Dame in Paris.

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Dabei geht es dann weniger um die Orgelmusik, sondern um das, was die Chöre singen werden. In diesem Jahr wird es keine großen Messen wohl aber viele kleinere Formate geben. Kirchenchor (in Kirchhellen singen in diesem ältesten Chor traditionellerweise nur Männer), Frauenchor und Gemeindechor (gemischt) haben für die Festtage Motetten und mehrstimmige Sätze einstudiert. Die Coronazeit hätten die Chöre noch nicht so recht überwunden, so Steinbrenner. Nicht nur, dass heute statt der vor Corona gut 170 Sängerinnen und Sänger nur noch rund 100 Aktive in den Ensembles engagieren. Auch die Stimmen selbst müssten wieder aufgebaut, trainiert werden, weiß der Musiker. Und: „Manche sind wegen möglicher Covid-Ansteckung immer noch vorsichtig.“ Den Kinderchor befindet sich gerade erst wieder im Neuaufbau. Dafür sei die Choralschola - mit acht Männern das kleinste Ensemble - unverändert aktiv. Die hat sich nicht nur dem gregorianischen Choral, der ältesten und einstimmigen Musik des Abendlandes, verschreiben, sondern singt auch teilweise mehrstimmig und hat sogar Stücke aus der Liturgie der Ostkirche im Repertoire.

Was bleibt da noch für die Familie? „Doch, zwischendurch an den Weihnachtstage findet sich immer noch Zeit für ein Innehalten oder Zusammensein zuhause“, sagt Detlef Steinbrenner. Als Kirchenmusiker leibt er aber auch die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr. Es ist dann noch festlich, eine gute Zeit auch, die Werktagsmessen mit Orgelliteratur schön zu gestalten, aber eben nicht der ganze große Aufwand. Auch jetzt gibt es Heiligabend wieder Kurzgottesdienste vor der Kirche. Das sei noch aus der Coronazeit übrig geblieben. Draußen steht dann aber ein E-Piano. Man müsse schon nah dran sein und schauen was passiere. Die Kirchenportale zu öffnen und dann den Orgelklang nach draußen schallen zu lassen, wäre keine gute Option - und das nicht nur, wegen der stark gestiegnen Heizkosten.

Messen mit Musik - kein Singen an der Krippe

Bereits am Samstag, 17. Dezember, erklingt Musik für Orgel und Sopran in der Vorabendmesse um 17.30 Uhr in St. Johannes.

Am 24. Dezember gestaltet der Kirchenchor die Christmette um 22 Uhr in St. Johannes.

An den Weihnachtstagen singt der Kirchenchor um 10 Uhr im Hochamt (25. Dezember), der Frauenchor am Stephanstag (26. Dezember) ebenfalls um 10 Uhr in St. Johannes.

Ausfallen wird im Januar allerdings noch einmal das Singen an der Krippe mit allen Chören.