Bottrop. Seit gut zwei Wochen ist der Anbau des Quadrats geöffnet. Wie einheimische und auswärtige Gäste das neue Museum und die Ausstellung beurteilen.
Jeder Freitag ist ein freier Tag für die Bottroper Kunstfreunde. Da heißt es Ausweis raus und Eintritt frei. Jedenfalls gilt das für die große Sonderausstellung „Josef Albers. Huldigung an das Quadrat“, die seit der Eröffnung des Museumsanbaus am 19. Oktober zu sehen ist. Gleich am ersten freien Freitag kamen 600 Besucher. Und auch am letzten Freitag waren mehr als 100 interessierte Bottroper vor Ort.
Das klingt nach Neugier und Begeisterung für den Erweiterungsbau und seine Nutzung, aber die Meinungen der Bottroper gehen tatsächlich auseinander. Vor allem die Bewertungen des Gebäudes sind widersprüchlich. Während auswärtige Gäste zumeist die harmonische Einheit des neuen Baukörpers mit dem ursprünglichen Gebäude betonen und das spürbare Bemühen würdigen, den Baumbestand des Parks zu schonen, hängt die Bewertung der Parkbesucher aus Bottrop stark davon ab, ob sie die Ausstellung bereits besucht haben oder nicht.
Bewertungen des Quadrat-Anbaus gehen auseinander
Wer das Gebäude nur von außen betrachtet, neigt eher zu einer skeptischen Beurteilung. Da fallen Beschreibungen wie „riesiger Klotz mit abweisender, dunkler Fassade“. Eine Spaziergängerin, die gerade ihre tägliche Runde mit ihrem Hund dreht, äußert sich erleichtert, dass der Bau am Rande des Parks liegt, weil dadurch der Störfaktor für den Park nicht so groß ist. Heinrich Militzer, ein Besucher aus Dinslaken, betont dagegen die gelungene Außengestaltung, vor allem die Präsentation der Plastiken, im Umfeld des Museums.
Verbindendes Element sind in jedem Fall die riesigen Fenster auf allen Gebäudeseiten. Sie gewähren den Spaziergängern vom Park aus Einblicke in das Museumsinnere, den Ausstellungsbesuchern eröffnen sie die Aussicht auf den Park. Lobende Erwähnung findet bei allen Befragten die Wiederherstellung des Teichs, der durch die Verschiebung zur Straße hin an Präsenz gewinnen soll, obwohl er an Fläche deutlich verloren hat.
Am Wochenende sind vor allem auswärtige Besucher im Bottroper Museum
Während die Bottroper vor allem den freien Freitag nutzen, finden am Wochenende viele Kunstinteressierte aus umliegenden Städten den Weg ins Museum. Vor dem Gebäude parken Fahrzeuge aus Oberhausen, Essen, Bochum, Dortmund, Recklinghausen, Borken und Wesel. Aber auch Gäste aus der Schweiz, aus Leipzig, Frankfurt, Münster und Düsseldorf sind vor Ort. Einige haben eher zufällig über die Medien – Aktuelle Stunde, Westart, Deutschlandfunk – von der Eröffnung erfahren, andere, wie ein Gast aus Dessau, verfolgen Ausstellungen zu Bauhaus-Kunst systematisch. Seine Einschätzung zur Sonderausstellung: „Die Exponate und auch ihre Darstellung sind einfach fantastisch.“
Und mit diesem Feedback steht er ganz und gar im Einklang mit den anderen Besuchern. Die Resonanz auf die Wandtexte, die die Ausstellung in jedem der acht Räume erläutern, ist durchweg positiv. Vor allem die Zitate von Josef Albers werden als Bereicherung erlebt. Trotzdem vermissen einige einen Flyer oder ein Infoheft, das eine erste Orientierung in der Ausstellung erleichtern könnte. „Denn“, schmunzelt Ingo Warnert aus Hamm, „am Anfang wird man von den vielen Quadraten schon ziemlich erschlagen.“
Besucher loben „Reduktion auf das Wesentliche“
Die Präsentation von Originalexponaten anderer Künstler, mit deren Werken Albers sich intensiv auseinandergesetzt hat, stößt durchgehend auf Anerkennung. Viele bleiben vor Paul Cézannes „Der Steinbruch Bibémus“, stehen, studieren die Erläuterungen zum Zusammenspiel der Farben, der Dynamik, der Bildkompositionen. Das so entstehende Spannungsfeld in der Betrachtung der Werke aus den verschiedenen Epochen bietet eine neue Perspektive auf die Entstehung von Albers Arbeiten.
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Die Münsteranerin Anna Lammers ist zum ersten Mal im Neubau, aber das Josef Albers Museum kennt sie schon lange. Sie ist Kunsthistorikerin und seit einiger Zeit auch Mitglied im Förderverein. „Ich mag vor allem die Stille“, erklärt sie. „Der Zugang über die Reduktion, die Zurückhaltung in der Raumgestaltung, alles ist aufs Wesentliche reduziert und fügt sich als Gesamtkonzeption in den Raum und auch in den Park ein“, schwärmt sie.
Besucher ziehen Vergleiche zu anderen modernen Museen
Und auch eine, Besucherin aus Recklinghausen, ist begeistert. „Die Ausstellung erlebte ich anfänglich als eintönig,“ räumt sie ein, „aber im Laufe der Betrachtung eröffnet sich ein immer neues Farbgefühl. Es entsteht ein abwechselnder Eindruck vom Warm und Kalt der Farben, sie beginnen zu flimmern und wirken regelrecht lebendig.“ Dabei war sie ursprünglich vor allem an der Architektur interessiert. Auch die findet sie beeindruckend.
Sie wird begleitet von einer Freundin aus Frankreich. Die vergleicht das Gesamtkonzept in seiner Umsetzung mit anderen modernen Museen wir dem Frieder-Burda-Museum in Baden-Baden. Ob am Ende kritische oder versöhnliche Töne bei den Bottropern überwiegen werden? In jedem Fall sind alle herzlich eingeladen, die „freien Freitage“ zu nutzen, um ihr Museum aus allen Perspektiven zu betrachten.
Museumsleiterin spricht von „großem Erfolg“
Das Interesse am Neubau des Museums und an der Ausstellung der Albers-Werke sei groß. Das sagt die neue Leiterin des Museums, Linda Walther, mit Blick auf die ersten Tage nach der Eröffnung. Da habe man an jedem mehrere Hundert Besucher im Hause gehabt „Das ist für uns ein guter Erfolg“ urteilt die Museumsleiterin.
Sie verweist auch auf das Programm in der Woche nach der Eröffnung. Da habe das Museum verschiedene Führungen und Workshops für ganz unterschiedliche Zielgruppen angeboten. Und die sein alle quasi ausgebucht gewesen. Daher gehe sie davon aus, dass die Bottroper und die Menschen aus der Region neugierig auf ihr neues Museum seien. An den ersten drei Tagen nach Eröffnung war zudem der Eintritt ins Museum frei. So sollten vor allem die Bottroper die Chance haben, das Haus kennenzulernen. Aber nach wir vor kämen die Leute, seien interessiert, das sehe man etwa auch um Shop.
Allerdings kann Linda Walther nicht sagen, woher die Besucher kommen. Das werde beim Eintritt nicht erfasst. Jedoch haben die Eröffnung des Museumsanbaus und die große Albers-Ausstellung auch bundesweit für Aufmerksamkeit gesorgt. So berichteten etwa die Tagesthemen genauso wie überregionale Zeitungen. Das habe sicher auch noch mal für Interesse gesorgt.