Bottrop. Was muss Wirtschaftsförderung in Bottrop leisten? Das Konzept der Verwaltung fiel durch. Die Ratsparteien nehmen die Sache selbst in die Hand.
Der Bottroper Rat will die Wirtschaftsförderung der Stadt nicht nur anders ausrichten, sondern auch personell neu aufstellen. Das werden die Mitglieder des Wirtschaftsförderungsausschusses in einem Workshop auch selbst in die Hand nehmen. Sie wollen für die zukünftige Wirtschaftsförderung klare Ziele vorgeben und blicken dafür sowohl über die Amtszeit des Oberbürgermeisters, Bernd Tischler, als auch der amtierenden Leiterin des Amtes für Wirtschaftsförderung hinaus. Das von SPD und CDU gemeinsam geforderte neue Wirtschaftsförderungskonzept, das die Stadtverwaltung nach nicht ganz einem Jahr vorlegte, fiel bei den Ratsparteien durch. Für den Plan, den Workshop einzuberufen, gab es keine Gegenstimme.
Damit bleibt vorerst auch die Frage offen, ob die Stadt eine eigene Wirtschaftsförderungsgesellschaft gründen wird oder ob diese Aufgaben weiterhin ein Fachamt übernehmen soll. Letzteres empfahl die Stadtverwaltung, die sich dabei an Gelsenkirchen orientierte. Vor allem die großen Ruhrgebietsstädte wie Essen, Bochum oder Duisburg setzen dagegen auf eigene Wirtschaftsförderungsgesellschaften. CDU-Ratsherr Hermann Hirschfelder aber ordnet das so ein: „Die Organisationsform ist keine Garantie für eine effektive Wirtschaftsförderung, es kommt immer auf die handelnden Personen an“. Als Vorsitzender des Wirtschaftsförderungsausschusses will er die Aufgabenfelder des Ressorts in Zukunft auf das Wesentliche konzentrieren.
Bottroper Ratsherr warnt vor Verzettelung
Amtsleiterin Sabine Wißmann spricht stattdessen von einem organischen Wachstum der Aufgabengebiete. So befassten sich die Beschäftigten des Amtes früher mit reiner Bestandspflege von Unternehmen. Mittlerweile gehöre dazu auch die Unterstützung ansiedlungswilliger Firmen und des Einzelhandels sowie eine zielgruppenorientierte Öffentlichkeitsarbeit. Fachkräftesicherung sei ebenfalls ein Tätigkeitsfeld des Amtes für Wirtschaftsförderung. Gemeinsam mit den fünf großen Freizeitunternehmen am Ort sei für Bottrop außerdem die Marke „Fun City“ entwickelt worden. Schließlich kümmere sich das Ressort auch um den Breitbandausbau in Bottrop sowie gemeinsam mit der Hochschule Ruhr West darum, die zirkuläre Wertschöpfung am Ort und in der Region voranzubringen. „Es versteht sich von selbst, dass wir uns als eine Stadt mit einer Hochschule auch um Firmengründungen kümmern“, sagt Sabine Wißmann.
„Wir kümmern uns um alles. Davon müssen wir weg. Wirtschaftsförderung darf kein Kümmerkasten sein“, mahnt dagegen Hermann Hirschfelder. Der CDU-Ratsherr sieht kritisch, dass eine Reihe der Tätigkeitsfelder von Förderprogrammen abhängen, die ja immer zeitlich befristet sind. Er warnt davor, dass sich das Ressort für Wirtschaftsförderung verzettelt und seinen Aufgabenkern aus dem Blick verliert. So fragte er danach, wie viel Zeit die Beschäftigten des Ressorts eigentlich noch dafür haben oder brauchen, die Firmen zu betreuen, die nach Bottrop kommen wollen, oder schon in der Stadt ansässig sind und erweitern wollen. Eine Antwort habe er nicht erhalten, bedauert der Ausschussvorsitzende.
Stadtmarketing wieder stärker im Fokus
Die von SPD und CDU in den Blick genommene Neuordnung schließt dabei keineswegs aus, dass auch neue Aufgabenfelder hinzukommen. „Dafür würden andere Tätigkeiten dann entfallen. Wir müssen auch klar sagen, was nicht oder nicht mehr Aufgabe der Wirtschaftsförderung sein soll“, erklärte er. SPD-Wirtschaftssprecher Frank Beicht macht klar, dass auch Stadtmarketing für Bottrop sehr wichtig sei. Früher kümmerte sich darum eine eigene, kleine Gesellschaft, die längst wieder aufgelöst wurde. Zurzeit übernimmt den Veranstaltungspart das städtische Kulturamt.
Auch Frank Beicht geht es darum, neue Strukturen einzuziehen. Dabei haben SPD und CDU bei ihrem gemeinsamen Vorstoß wesentliche Handlungsfelder für die Wirtschaftsförderung schon genannt: Außer Stadtmarketing sind das für die beiden größten Ratsparteien grob skizziert die Wirtschaftsförderung, Tourismus, Hochschulangelegenheiten. „Das geht nur mit passendem Personal“, unterstreicht auch der SPD-Ratsherr.
Zweiter Mann im Wirtschaftsressort verlässt die Stadt
Personelle Veränderungen stehen in der Wirtschaftsförderung allerdings ohnehin an. Denn der stellvertretende Leiter des Fachamtes wird die Bottroper Stadtverwaltung verlassen. Dem Vernehmen nach wechselt er als neuer Leiter der dortigen Wirtschaftsförderungsgesellschaft nach Arnsberg. Zu seinen Aufgaben in Bottrop gehört vom Kauf von Gewerbegebieten über die Fördermöglichkeiten für die Wirtschaft bis zur Intensivberatung von Unternehmen das große Feld der Wirtschaftsförderung und Gründungsberatung. Die Stadt ist schon auf der Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin.