Bottrop. Bottroper Gastronomen sind sich uneinig: Manche sind im Fußballfieber, andere boykottieren. Diese Kneipen übertragen die Fußball-WM in Katar.
Es ist eine hitzige Diskussion, die unter Fußballbegeisterten in ganz Europa geführt wird: Wie sollte man die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar behandeln? Was spricht für oder gegen einen Boykott? Während sich viele Metropolen gegen ein Public-Viewing stellen, stehen auch Bottroper Wirte vor einer schwierigen Entscheidung.
Klar positioniert sich die Stadt Bottrop: „In Zeiten von Energie- und Gasknappheit, drohenden Blackouts und dem Appell an Bürger und Unternehmen, sparsam zu wirtschaften, fallen Public Viewings gänzlich aus dem Rahmen“, heißt es auf Anfrage aus der Pressestelle. Es sei nicht zumutbar, in Krisenzeiten, ein solches Turnier zu zelebrieren oder gar zu unterstützen. Auch wären derartige Veranstaltungen im Winter nicht wirtschaftlich.
Fußball-WM in Katar: Woodpecker’s überträgt die Spiele
Im Woodpecker’s Roadhouse in Grafenwald bereitet man sich hingegen vor auf die WM-Übertragung. Betriebsleiter Sebastian Heintze blickt mit einem lachenden und einem weinendem Auge dem Turnier entgegen: „Wir bieten unseren Gästen die Möglichkeit, in einem unserer Biergärten – überdacht und beheizt – Spiele zu verfolgen. Auf einer großen Leinwand und mit 250 Sitzplätzen übertragen wir die Weltmeisterschaft gesondert vom Regelbetrieb.“
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Als Gastronom sei man, genauso wie alle Dienstleister, darauf bedacht, kundenorientiert zu arbeiten. „Wir verkaufen auch Kümmerling, obwohl ich das selber nicht trinke. Als Privatperson den katarischen Umgang mit Arbeitskräften scharf zu kritisieren, ist auch bei uns völlig normal“, so Heintze.
Bottroper Gastronom: „Fragwürdige Vergabe und Menschenrechtsverletzungen“
Ralf Mader, Geschäftsführer des Cottage, boykottiert die Weltmeisterschaft konsequent. „Aufgrund der fragwürdigen Vergabe des Turnieres und den mit dem Bau neuer Stadien mitten in der Wüste einhergehenden Menschenrechtsverletzungen zeigen wir diese Weltmeisterschaft nicht“, erklärt der Gastronom. Seine Entscheidung sei ein politisches Statement, das er sich auch von seinen Kolleginnen und Kollegen wünsche.
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„Generell zeigen wir Europa- und Weltmeisterschaften. Da ist im Sommer die Nachfrage auch groß. Doch dieses Mal sind wir durch das Weihnachtsgeschäft ohnehin ausgelastet und können auf die Übertragung verzichten“, so Mader. Seine Kundschaft sei nicht in der üblichen Fußball-Euphorie und dementsprechend mit seiner Entscheidung einverstanden. Wer die Spiele sehen möchte, fände sicherlich Ausweichmöglichkeiten.
Bottroper Rathausschänke zeigt WM-Spiele mit deutscher Beteiligung
In der Rathausschänke im Herzen der Stadt werden mindestens alle Partien mit deutscher Beteiligung und die interessantesten Paarungen übertragen. Inhaber Abdelkader Hmadi sieht sich selbst in der Bringschuld: „Wir sind eine Sportgaststätte und jeher eng mit Fußballübertragungen verwoben. Unser Konzept – Essen, Trinken, Fußball – lockt Sportbegeisterte und bleibt auch zur Winterweltmeisterschaft bestehen.“
Der Gastronom zahlt pro Jahr einen fünfstelligen Betrag nur für Übertragungsrechte der Fußballbundesliga, sowie aller relevanten Turniere und Pokale. Für ihn gehe es nur um den Sport und die damit verbundenen Emotionen. „Schon 2014 wurden wir in meinem damaligen Lokal zusammen Weltmeister. Geselligkeit und gemeinsame Begeisterung für den Sport waren damals wie heute Erfolgsgaranten und halten den Betrieb überlebensfähig. Am liebsten wäre mir ein Wintermärchen mit einem deutschen WM-Titel als Weihnachtsgeschenk“, so Hmadi.
Angepasste Öffnungszeiten wegen früher Anstoßzeiten
Als Privatperson sehe er natürlich die mit dem Austragungsort verbundenen Probleme. Doch das Turnier an sich werde in der Rathausschänke unpolitisch betrachtet. Die Beurteilungen hinsichtlich der Begleiterscheinungen sei Aufgabe der Politik. Hmadi sagt: „Ein Turnier im Sommer in einem weniger problematischen Land wäre ethisch wie wirtschaftlich vorteilhafter. Diesen Sommer holten viele Gäste Urlaub nach und konnten uns nicht besuchen. Eine Weltmeisterschaft im Sommerloch hätte der Branche sehr gut getan. Doch ich arbeite mit den aktuellen Gegebenheiten und nehme es so an, wie es nun mal kommt.“
Zusammen mit bekannten Brauereien erstelle er „Promotionpakete“, inklusive Trikots und anderer Fanutensilien, die in der Rathausschänke verlost und verkauft werden sollen. Den frühen Anstoßzeiten einiger Partien käme er, je nach Relevanz der Spiele, mit angepassten Öffnungszeiten entgegen.
Keine Übertragung der Fußball-WM auf dem Bottroper Weihnachtsmarkt
Auf den anstehenden Weihnachtsmarkt „Bottroper Weihnachtszauber“ hat die Weltmeisterschaft allerdings keinen Einfluss. Holger Czeranski, Organisator des Bottroper Weihnachtsmarktes, lehnt eine Übertragung im Rahmen der mehrwöchigen Veranstaltung ab: „Fußballspiele passen nicht in das bewährte Konzept und es gibt dahingehend auch keinen Bedarf. Unserer Kunden besuchen den Weihnachtsmarkt nicht um Sportveranstaltungen beizuwohnen, sondern die winterliche und festliche Atmosphäre zu erleben, die auch in den letzten Jahren Besucher in die Innenstadt gelockt hat“.
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Auch seine die Organisation eines Public Viewings – inklusive Veranstaltungsort und Sicherheitskräften – nicht zu stemmen. „Public Viewing in Winterjacke und eisigen Temperaturen unter freiem Himmel stößt generell auf wenig Interesse und würde die anfallenden Kosten nicht erwirtschaften können“, so Czeranski.