Bottrop. Die Horster Straße ist seit Mai gesperrt. Vor allem Händler leiden darunter. Für Anlieger der Dauerbaustelle gibt es aber auch einen Lichtblick.

Erst war der marode Zustand der Horster Straße ein Problem für Verkehrsteilnehmer und Stadtverwaltung. Jetzt ist die seit dem vergangenen Jahr bestehende Großbaustelle an einer der Hauptausfall- und Einfallstraße von West nach Ost ein Problem der Anwohner und vor allem der Geschäftsleute. Die im Sommer abgerissene Zechenbahn-Brücke kurz vor der Straße Am Ringofen und dem Ostring (stadtauswärts betrachtet) wirkt weiter wie eine Riesenschneise und macht dort die Horster Straße in beiden Richtungen zu einer Sackgasse.

Toxische Mischung: Erst Corona, jetzt die lange Baustelle auf der Horster Straße

Für das eingesessene Textil-, Gardinen- und Dekorationsgeschäft von Familie Bischoff (Hausnummer 145) bringt das gleich mehrer Probleme mit sich. „Erst Corona, jetzt die Baustelle bis zur Brücke, dann eine neue Baustelle ab der Brücke bis zum Ostring, denn die wird ja noch kommen“, so der Inhaber, der mit seinem Bruder Klemens den Betrieb führt. „Seit 72 Jahren in Batenbrock, jetzt ist die dritte Generation am Ruder, wär’ schade, wenn das nicht mehr weitergehen würde“, so Vater Klaus Bischoff. Mit 81 arbeitet er im Hintergrund immer noch mit.

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Die Söhne Wolfgang und Klemens Bischoff liefern die Fakten, die durchaus Anlass zu Sorge geben: 30 Prozent Umsatzeinbußen durch Corona und nun die Großbaustelle. Viele Kunden blieben weg, weil sie schlicht kaum noch zum Laden kämen. Das mache das besagte Umsatzdrittel aus. Dann kämen wohl noch rund 12.000 Euro Straßenausbaubeiträge dazu. Eine Beteiligung an Baumaßnahmen, die Anlieger stemmen müssen für Baumaßnahmen, die schon 2018 beschlossen wurden. Erst für später beschlossene Straßenbauvorhaben träfe die von der letzten Schwarz-Gelben Landesregierung beschlossene Abschaffung dieser Gebühren zu. Aber Genaues wissen die Geschäftsleute nicht.

Zwischen Ostring und der alten abgerissenen Zechenbahn-Brücke geht auf der Hoster Straße zurzeit so gut wie nichts mehr. Auf der anderen Seite der Brücke sieht es ähnlich aus. Für Geschäftsleute bedeutet das natürlich einen Umsatzrückgang.
Zwischen Ostring und der alten abgerissenen Zechenbahn-Brücke geht auf der Hoster Straße zurzeit so gut wie nichts mehr. Auf der anderen Seite der Brücke sieht es ähnlich aus. Für Geschäftsleute bedeutet das natürlich einen Umsatzrückgang. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Zusammen betrachtet scheint dies für Bischoffs, die hier stellvertretend für andere Geschäftsleute an der Hoster Straße stehen, eine toxische Mischung zu sein. Corona und Anliegergebühren könne man der Stadt nicht anlasten, so Wolfgang Bischoff. Was er aber bemängelt, ist oft fehlende oder absolut kurzfristige Kommunikation, auf die man als Geschäftsmann kaum reagieren könne. „Da liegt donnerstags ein Zettel im Briefkasten, dass am Freitag das Wasser abgestellt wird. Wie sollen wir als Betrieb, der auch wäscht, uns so kurzfristig darauf einstellen? Die Kunden, zum Teil auch Großkunden wie Krankenhäuser, Altenheime oder zum Teil auch Schulen verlassen sich auf uns.“ So etwas könne mit Sicherheit verbessert werden, so Bischoff.

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Gegen die Instandsetzung der Straße haben sie grundsätzlich nichts. „Das war lange nötig“, so Klaus Bischoff. Nur wirtschaftliche Entlastung, zum Beispiel bei den Gewerbesteuern, kämen trotz dieser Belastungen nicht. Und, dass die Vororte im Vergleich zur Innenstadt stiefmütterlich behandelt würden, sei vielen Händlern ein Dorn im Auge. „Da gibt man Tausende für bunte Blumenkübel aus, hier in Batenbrock gibt’s nicht einmal mehr einen Weihnachtsbaum am Park, von subventionierten Ladenlokalen ganz zu schweigen.“

Der Flüsterasphalt kommt - die Straßenausbaubeiträge für Eigentümer dagegen nicht

Auf städtischer Seite kann man manchen Unmut verstehen. Niemand hat gerne Baustellen vor seiner Tür. Auch Heribert Wilken, Leiter des für den Ausbau zuständigen Fachbereichs Tiefbau, sieht das so. Aber: „Bis Ende 2023 soll der Abschnitt bis Am Ringofen fertig sein, ab 2024 beginnt dann der letzte Bauabschnitt ab dort bis zur Aegidistraße. Es werde auch überall der sogenannte „Flüsterasphalt“ verlegt, bis auf die Tempo-30-Zone an der Janusz-Korczak-Schule. „Bei 30 merkt man keinen Unterschied, bei Tempo 50 schon“, so Wilken.

Was die Anlieger am meisten interessieren dürfte: „Der Baubeschluss für die Horster Straße ist am 12. September 2018 gefallen, somit fällt er unter die ab Januar 2018 geltende Landesförderung und die bisherigen Straßenausbaubeiträge etwa für Beleuchtung, Gehweg oder Bäume entfallen für die Eigentümer“, sagt der Tiefbauamtsleiter auf Anfrage der WAZ. Und bei Fragen oder möglichen Kommunikationsproblemen rät er: „Immer anrufen und mit uns sprechen.“

Was geschah - was noch kommt

Seit Ende Mai ist die Horster Straße gesperrt. Im Sommer wurde die Zechenbahn-Brücke abgerissen. Versorgungsleitungen werden neu gelegt, Kanalarbeiten gemacht.

Alle Bauarbeiten inklusive Gehweg, Parkstreifen und neuer Bäume in dem Abschnitt zwischen Friedrich-Ebert-Straße und Am Ringofen (kurz vor dem Ostring) sollen bis Ende 2023 abgeschlossen sein. Kosten: rund 3,8 Millionen Euro.

Der nächste und letzte Bauabschnitt der Horster Straße von Am Ringofen bis Aegidistraße könnte 2024 beginnen. Mit dessen Ende wären alle wichtigen Bottroper Ost-West-Achsen saniert, so Tiefbauamtsleiter Heribert Wilken.