Bottrop. Das Angebot der Parkinson-Tagesklinik am KKH war Thema beim WAZ-Medizinforum in Bottrop. Welche Rolle die Bewegung dabei spielt.

Rund 400.000 Menschen leiden in Deutschland an der Parkinson-Krankheit, in Bottrop sind es bis zu 400 Betroffene. Das führte Professor Dr. Carsten Eggers, seit 2021 Neurologie-Chefarzt mit dem Schwerpunkt Parkinson, beim jüngsten WAZ-Medizinforum im Knappschaftskrankenhaus (KKH) aus. Das rückte die Behandlungsmöglichkeiten und Therapieangebote in der noch jungen Parkinson-Tagesklinik am KKH in den Fokus. Und brachte die Forums-Gäste dabei sogar in Bewegung.

Aber zunächst einmal zur Theorie: Die Krankheit, auch Morbus Parkinson oder Schüttellähmung genannt, ist eine fortschreitende Gehirn- und Nervenerkrankung, die besonders in höherem Lebensalter auftritt. Als Ursache kommt eine Vielzahl von Faktoren in Frage, Umwelt, Genetik und Alter haben Einfluss. Zwar gebe es erhöhte Risikofaktoren bei Boxern oder (köpfenden) Fußballern, aber körperliche Aktivitäten seien andererseits auch besondere Schutzfaktoren.

Zu Beginn des WAZ-Medizinforums im Knappschaftskrankenhaus Bottrop erläuterte Professor Dr. Carsten Eggers Grundlegendes zur Parkinson-Erkrankung.
Zu Beginn des WAZ-Medizinforums im Knappschaftskrankenhaus Bottrop erläuterte Professor Dr. Carsten Eggers Grundlegendes zur Parkinson-Erkrankung. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Die Symptome sind vielfältig und unterschiedlich, wobei nicht jeder Patient alle Symptome aufweise, sagte der erfahrene Mediziner. Neben motorischen Symptomen – Bewegungsverlangsamung, Muskelsteifheit, Zittern – gebe es viele nicht motorische Symptome wie Schmerzen, psychologische Probleme, Schlafstörungen. Die Krankheit sei bis jetzt noch nicht heilbar, aber behandelbar mit einer Kombination aus Medikamenten und Therapie.

Parkinson-Tagesklinik: Drei Wochen lang an jedem Werktag Therapie

Eine Versorgung könne ambulant oder stationär im Parkinson-Zentrum Bottrop erfolgen, so Eggers. Eine neue dritte Säule der Behandlung ist die neue Tagesklinik am Reha-Zentrum Prosper, da eine stationäre Behandlung nicht für alle Patienten geeignet sei. Erkrankte kommen dort für circa drei Wochen werktäglich zu ambulanten Behandlungen mit einem festen Tagesablauf, der kein Universalprogramm beinhalte, sondern auf jeden Patienten abgestimmt werde. Neben den Therapien gibt es gemeinsame Mahlzeiten, Ruhe- und Reflexionszeiten.

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Weil die Patienten unterschiedliche Probleme und Symptome haben, müssen auch die Therapieansätze individuell an die persönliche Belastbarkeit angepasst werden, da die Ergebnisse langfristig in das Leben einfließen sollen. Im Team arbeiten vernetzt Experten verschiedener Disziplinen wie Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie oder Neuropsychologie zusammen, die den Menschen hinter der Erkrankung sehen und ein „ganzheitliches Training für Körper und Seele empfehlen“.

Die leitenden Therapeuten Susanne Nierhoff (Mi.) und Gerd Geldmacher (re.) betonten die Bedeutung von Bewegung für die Parkinson-Therapie.
Die leitenden Therapeuten Susanne Nierhoff (Mi.) und Gerd Geldmacher (re.) betonten die Bedeutung von Bewegung für die Parkinson-Therapie. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Wie man davon einiges konkret umsetzen kann, demonstrierten die Gesamttherapeutische Leiterin Susanne Nierhoff und der Leiter der Physiotherapie Gerd Geldmacher. Beim von Professor Dr. Carsten Eggers angekündigten „praktischen“ Teil des Abends gaben sie Einblicke in einige Therapieeinheiten und stellten gezielte Übungen mit und ohne Hilfsmittel vor: „Dabei soll vor allem Sport zu ihrer Therapie werden.“

Bogenschießen bei Parkinson: Förderung der Augen-Hand-Koordination

Geldmacher bewaffnete sich mit einem Bogen, der beim Training die Augen-Hand-Koordination fördert, und „wenn wir die Scheibe treffen, gibt es einen Mordsspaß“. Susanne Nierhoff zeigte „Smovey“, die „grünen Wunderringe“. Die Plastikschläuche mit Stahlkugeln erzeugen einen vibrierenden Effekt, der sich positiv auf die Muskulatur auswirkt und Verspannungen lösen kann.

Auch Boxtraining kann die Symptome der Krankheit verbessern, es wird dabei nicht nur die gesamte Muskulatur gefordert, sondern die Kopfarbeit erhöht auch die Konzentrationsfähigkeit. Beim Schlagtraining an der Boxbirne bewiesen die Experten Treffsicherheit, bevor sie sich mit Schlägen auf die Handschuhe langsam durch den Raum trieben.

Etwas langsamer geht es beim Tai Chi zu, einer uralten chinesischen Bewegungskunst. Mit einfachen Übungen versetzte Geldmacher auch die Besucher und Besucherinnen des Forums in ruhige und fließende Bewegungen. Tai Chi verbessert den Gleichgewichtssinn, Bewegungen und Atmung werden koordiniert.

Zum persönlichen Terminplan des Patienten in der Tagesklinik könnten auch Stimmübungen, feinmotorisches Training, Gedächtnis-und Orientierungsübungen, Neurotanz, Entspannungstechniken, Tischtennis, psychologische Gespräche und vieles mehr gehören: „Jede Therapie ist hilfreich und wirkt, aber man muss schon schauen, für wen welche Therapie sinnvoll ist.“ Ganz wichtig sei dabei die fachliche Anleitung, betonen die Therapeuten.

Gründung eines Parkinson-Netzwerks in Bottrop

Auch weil nach der Behandlung in der Tagesklinik weitere Maßnahmen und Fortführung des bislang Erreichten notwendig seien, wurde gerade in Bottrop ein Parkinson-Netzwerk gegründet.

Als letzten Rat gab Susanne Nierhoff den Besuchern und Besucherinnen mit auf den Weg: „Bleiben Sie gesund, aber tun Sie auch was dafür.“

Der Weg in die Parkinson-Tagesklinik

Ein Aufenthalt in der Tagesklinik sei für jeden Parkinson-Patienten im Prinzip einmal pro Jahr möglich, erklärte Professor Dr. Carsten Eggers. Vor der Aufnahme ist ein Beratungsgespräch am Knappschaftskrankenhaus notwendig. Voraussetzungen sind unter anderem eine bestimmte Ausprägung der Symptome und eine hohe Patientenmotivation. Anschließend muss das Therapieangebot mit der Krankenkasse abgestimmt werden.

Kontakt: Parkinson-Zentrum Bottrop, Knappschaftskrankenhaus, 02041 15-1701, parkinson-zentrum@kk-bottrop.de