Bottrop. Sechs Jahre nach der Karstadt-Schließung haben sich ehemalige Mitarbeiter getroffen. „Mit Karstadt ist ein Stück Bottrop verloren gegangen.“

Es ging emotional hoch her beim ersten Treffen der ehemaligen Karstadt-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sechseinhalb Jahre nach der Schließung des Kaufhauses in der Innenstadt. Neben stürmischen Umarmungen und Küsschen wurde auch manche Träne geweint oder mühsam unterdrückt. Bei den fast 40 Teilnehmerinnen am Sonntag im Waldhof in Oberhausen schwirrten ständig Sätze durch die Luft: „Wie geht es dir? was machst du? Wir haben uns eine Ewigkeit nicht gesehen.“

Die Initiative zum Treffen ging von Melanie Hilbert und Martina Ochmann aus, die sich intensiv an die Zeit der Schließung erinnern: „Wir waren am Boden zerstört, haben lange nicht gewusst, wie es weiter gehen soll.“ Bei Martina Ochmann ging es bei Karstadt weiter, sie wechselte von der Parfümerie-Abteilung in die Verwaltung nach Essen. Melanie Hilbert fand eine Anstellung beim Diakoniewerk Essen und leitet einen Second-Hand-Laden, aber Karstadt war „unser Zuhause, es war, als wenn man die Familie verlässt, wir haben geheult“.

Mitarbeiterin: „40 Jahre Karstadt, dann arbeitslos bis zur Rente“

Das Wort „Familie“ fällt oft: „Wir haben wie eine Familie zusammengehalten, wir haben gemeinsam gearbeitet“, viele betrachten das Treffen eher als Familienzusammenführung. Viele Beschäftigte waren jahrzehntelang bei Karstadt und vor allem die älteren hatten berechtigte Existenzangst, viele hatten sich nie Sorgen um ihre Zukunft gemacht. Für einige endete das Berufsleben wie bei Angela Pott: „40 Jahre Karstadt, dann arbeitslos bis zur Rente.“

Manche mussten sich bei Bewerbungen Fragen gefallen lassen: „Sie sind jetzt 57, sind sie denn noch fit?“ Regina Bartz war noch fit und wechselte zum Marienhospital, von der Einzelhandelskauffrau zur Hauswirtschaftlerin. Nach 25 Jahren als „Tagesfrau“ in verschiedenen Abteilungen hat Uschi Geitel „das Licht ausgemacht, das hat wehgetan“.

Das Ehemaligentreffen der Karstadt-Mitarbeiter in Bottrop: Für viele war Karstadt ein Zuhause.
Das Ehemaligentreffen der Karstadt-Mitarbeiter in Bottrop: Für viele war Karstadt ein Zuhause. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Manche haben auch ihre Ausbildung bei Karstadt gemacht und waren bis zum Ende dabei wie Ulrike Fürtges, die 1966 als Azubi begann, oder Elke Keil, die 1978 ihre Ausbildung begann und wie viele geglaubt hatte: „Ich geh da in Rente“, aber dann mit einem Aufhebungsvertrag ausschied.

Andere Karstadt-Filiale: „Nicht mit Bottrop vergleichbar“

Jüngere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden von anderen Filialen übernommen. Susanne Sixel wechselte nach Mülheim und Wesel und Sarah Kühbardner war bereits in einigen Filialen tätig, aber „die sind mit Bottrop nicht vergleichbar, so etwas habe ich bis heute nicht wieder gefunden, so familiär, so ein Miteinander“.

Ähnliches berichtet Julian Kohne, nach seiner Ausbildung noch ein Jahr bis zur Schließung beschäftigt. Er wechselte vom Einzelhandel zur Büroarbeit im Dienstleistungssektor: „Aber es war damals anders, etwas Besonderes, mit Karstadt ist ein Stück Bottrop verloren gegangen.“ Das bestätigt auch Roswitha Jurczik, seit 1963 bei Karstadt und Ausbilderin von vielen Anwesenden. Sie wird noch oft in der Stadt angesprochen. „Sie kenne ich noch, schade, dass Karstadt zu ist.“

Karstadt-Filiale in Bottrop hat 2016 geschlossen

Der ehemalige Geschäftsführer Jürgen Gerbert freut sich, dass so viele Leute ihren neuen Weg gefunden haben. Man habe sich damals viele Gedanken gemacht und zu helfen versucht, wo es möglich war: „Ich glaube, man hätte mich heute nicht eingeladen, wenn man nicht gerne mit mir gearbeitet hätte.“ Jürgen Samariter war 38 Jahre in der Elektroabteilung und fand anschließend einen Job bei einer Elektronikkette, ironischerweise auf dem Gelände des ehemaligen Karstadt-Gebäudes in Dinslaken: „So schließt sich auch ein Kreis!“

Jürgen Samariter war 38 Jahre lang in der Elektroabteilung von Karstadt beschäftigt.
Jürgen Samariter war 38 Jahre lang in der Elektroabteilung von Karstadt beschäftigt. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Die Karstadt-Gebäude war viele Jahre der Ankerpunkt der Innenstadt. Die Filiale ist seit März 2016 geschlossen und für viele Bottroper das schmerzhafte Sinnbild für den Niedergang und Verödung der Innenstadt. 2015 hatte der Investor Devello die ehemaligen Althoff-Arkaden gekauft, aber bislang keinen längerfristigen Mieter halten können. Auch die Eröffnung der geplanten Netto-Filiale zieht sich weiter hin.