Bottrop. Die ev. Kirche hat aufgrund der Nachfrage aus ukrainischen Familien die zweite Welcome-Gruppe eröffnet. Sprache ist hier wichtig. Und noch mehr.
Alaa (5) und Alisa (4) haben sich gemeinsam das kunterbunte Schnecken-Brettspiel vorgenommen. Miteinander reden können sie nicht, denn Alaa kommt aus Syrien und Alisa aus der Ukraine. Doch im Spiel verstehen sie sich schon ganz gut - und die gemeinsame Sprache lernen sie ja hier, in der Welcome-Gruppe der evangelischen Gemeinde. Und die ist: Deutsch.
Welcome-Gruppe in Bottrop: Brückenangebot für Flüchtlingskinder
Es ist ein Brückenangebot, das Flüchtlingskindern wie Alisa und Alaa hilft, in Bottrop anzukommen, Strukturen kennenzulernen, die Sprache zu erwerben – und dabei einfach Kind sein zu dürfen. In den Räumen gibt es, wie man es aus Kitas kennt, jede Menge Spielmaterial. Nebenan zum Beispiel legen Mohamed und sein jüngerer Bruder Kalilou Schienen für eine Holzbahn auf den Teppich. Mohamed kann schon gut Deutsch. Auf die Frage nach seinem Alter sagt er: „Vier.“ Und wie alt ist sein Bruder? „Klein.“ Alles klar!
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Ihre erste Welcome-Gruppe hat die evangelische Gemeinde im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 aufgemacht. Aufgrund der aktuell hohen Nachfrage aus ukrainischen Flüchtlingsfamilien ist nun zum 1. August die zweite hinzugekommen, berichtet Nicole Klinger, Kita-Abteilungsleiterin in der evangelischen Gemeinde. Gemeinsam sind beide Gruppen jetzt in ein Haus der Gemeinde an der Arenbergstraße gezogen.
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Die Kinder – zehn aus der Ukraine, zehn weitere unter anderem aus Syrien und der Türkei – sind in den Gruppen bunt gemischt vertreten. Nach der aktuellen Eingewöhnungsphase werden sie dort wochentags von 8 bis 12 Uhr betreut, frühstücken gemeinsam Mitgebrachtes von daheim – „wir haben gemerkt, dass die Kinder besser essen, wenn sie ihr gewohntes Frühstück selbst mitbringen“ – nehmen sich auch gemeinsame Projekte vor. Dann stehen Themenkomplexe wie Farben, Kleidung, Familie im Mittelpunkt von Bastel-, Musik- und Spielangeboten.
Bei allen Aktivitäten – auch draußen im Garten oder beim Besuch des nahen Abenteuerspielplatzes – sprechen die pädagogischen Fachkräfte Deutsch mit den Kindern. „Unsere Erfahrung ist, dass sie das ganz schnell lernen“, sagt Sabine Plümpe. Gibt’s Probleme, kann eine der Kolleginnen, nämlich Irina Majewski, auch Russisch sprechen. Und manchmal wird Englisch genutzt. Hände und Füße sowieso… „Am Anfang ist es immer schwierig“, so Plümpe. Aber insgesamt klappe das richtig gut.
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Steigt die Nachfrage weiter, könnte eine weitere Welcome-Gruppe im Haus an der Arenbergstraße oder auch im Bereich der Kita Eigen II eröffnet werden, sagt Nicole Klinger. Möglich ist die Aufnahme von Kindern ab einem Alter von zwei Jahren. „Jetzt nehmen wir aber vorrangig die Älteren auf, die kurz vor der Einschulung stehen.“ Manche besuchen tatsächlich bis zu ihrem ersten Schultag dieses Brückenangebot. Andere wechseln vorher auf einen regulären Kita-Platz. Aber die Erfahrung von Fachkraft Corinna Porwol ist: „Viele möchten nicht wechseln, weil sie sich hier so wohl fühlen.“ Diesen Wohlfühlfaktor zu schaffen, ist dem gesamten Team wichtig.
Flüchtlingskinder aus der Ukraine malen in Blau-Gelb
Bringen die Kinder, die aktuell vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind, nicht auch manche belastende Erfahrung mit in die Gruppe? Sabine Plümpe hat in den ersten Gruppentagen beobachtet: „Es wird alles in Blau-Gelb gemalt.“ In den Nationalfarben der Ukraine. Motive seien Fahnen, Mama, Papa.
Ihre Kollegin Barbara Koloch aus der Nachbargruppe meint: „Bis jetzt erzählen die Kinder nichts vom Krieg. Ich habe auch nicht bemerkt, dass sie extrem ängstlich wären. Sie kommen rein, sehen die anderen Kinder, das Spielzeug und legen los.“ Nicole Klinger ergänzt: „Das ist wie eine kleine Oase hier für sie. Hier können sie abschalten.“ Eben einfach Kinder sein.
Kita- und Schulbesuch
Brückenangebote für Flüchtlingskinder im Kita-Alter machen auch der katholische Kita-Zweckverband und ab September die Arbeiterwohlfahrt (Spielgruppen). Die Angebote werden von den Trägern selbst verwaltet; die Stadt vermittelt Anfragen weiter.
Wie viele Kinder aus der Ukraine im Kindergartenalter in Bottrop leben, kann nicht gesichert gesagt werden. Denn, so Nadine Granow-Keysers, Fachbereichsleiterin Schule und Kindertagesbetreuung: „Nicht alle stehen im Leistungsbezug, viele sind privat untergebracht und melden sich nicht sofort in Bottrop an oder um.“
In den Schulen sind zurzeit 106 ukrainische Schüler und Schülerinnen, davon 49 in den Grundschulen und 57 in den weiterführenden Schulen. Granow-Keysers: „Die Zahl wird in den nächsten Tagen auf jeden Fall steigen, weil in den Ferien im Kommunalen Integrationszentrum sehr viele Erstberatungen erfolgt sind und die Aufnahmen in den Schulen erst jetzt nach Ferienende erfolgen.“