Bottrop. Roger Köllner von den Grünen ist ein unermüdlicher Streiter für mehr und bessere Radwege. Darum ist Bottrop für ihn eine krasse Autofahrerstadt.

Es gibt drei Verkehrsachsen in Bottrop, die für den Verkehr, der über sie fließt, zu groß sind: die Hans-Böckler-Straße, der Südring und auch die Gladbecker Straße. „Sie sind alle zweispurig ausgebaut worden, obwohl die Verkehrsmenge eine Einspurigkeit möglich gemacht hätte“, betont Grünen-Ratsherr Roger Köllner. Er beruft sich dabei auf Untersuchungen, die aus Anlass des Klimaschutzmodellprojektes Innovation City in Bottrop durchgeführt wurden. Die drei Verkehrsachsen aber sehen auch nach Abschluss des Modellversuchs immer noch so aus wie vor mehr als zehn Jahren. Für Köllner hat Bottrop daher riesige Chancen auf den Beginn der Verkehrswende verpasst.

„Bottrop ist eine krasse Auto-Stadt. Es gibt hier mehr als 83.000 Fahrzeuge bei etwas mehr als 117.000 Einwohnern“, meint der Ratsherr der Grünen. Bottrop sei so gebaut worden, dass man so gut wie alles mit dem Auto erreichen könne. „Die Straßen sind aber jetzt schon zu voll und werden immer voller“, bedauert der Grüne. „Das Ziel kann nur sein: weniger Autos“, betont Köllner und weist zum Beispiel auch auf die Trockenheitsjahre im Emschergebiet hin, auf die die Emschergenossenschaft gerade erst wieder aufmerksam gemacht hat. „Die Klimakatastrophe ist da“, sagt der Grüne.

Ratsherr hält Fahrradstraßennetz für Stückwerk

Roger Köllner ist im Stadtrat und dessen Fachausschüssen so eine Art einsamer Rufer in der Bottroper Radfahrwüste. Es kann ihm beim Ausbau von Radwegen und Fahrradstraßen oder anderen Verbesserungen für Radlerinnen und Radler nicht energisch und schnell genug gehen. Der Stadtverwaltung attestiert der Grüne durchaus Bereitschaft, mehr zu tun. „Frau Dietz macht einen guten Job“, lobt Roger Köllner die Abteilungsleiterin für Verkehrsplanung und ihr Team. Die Fortschritte würden von Vertretern anderer Parteien jedoch verhindert. Das Bottroper Fahrradstraßennetz etwa sei in den Bezirksvertretungen so lange zerpflückt worden, bis davon nur noch Stückwerk übrig sei.

Nach der Ankündigung, dass jetzt auch noch eine Reihe von Projekten zugunsten des Radverkehrs aus Personalmangel bei der Stadt aufgeschoben werden sollen, überkomme ihn geradezu ein Gefühl der Ohnmacht, meint der Grüne. So würden dringend nötige Fortschritte um Jahre verzögert. Trotz der Personalenge jetzt die sogenannte Umweltspur an der Hans-Böckler-Straße versuchsweise voran zu treiben, wie es die SPD tue, hält Köllner für falsch. „Damit setzt die SPD doch nur ein Signal, das auch noch zu spät kommt. Wir müssen handeln und keine Symbolpolitik betreiben“, sagt der Bottroper. Da gebe es wichtigere Vorhaben als den Umweltspur-Versuch.

Viel Platz für Autos, Autos, Autos: An der Gladbecker Straße in Bottrop gibt es nur einen sehr schmalen Radweg. Der Fußweg auf dem Bürgersteig ist doppelt so breit, aber auch nicht gerade groß.
Viel Platz für Autos, Autos, Autos: An der Gladbecker Straße in Bottrop gibt es nur einen sehr schmalen Radweg. Der Fußweg auf dem Bürgersteig ist doppelt so breit, aber auch nicht gerade groß. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Grüne: Auf der Peterstraße ist es für Radfahrer zu gefährlich

Auf der Peterstraße etwa sei es für Radfahrerinnen und Radfahrer zu gefährlich. „Das ist da für alle eine Belastung: im Auto wie mit Rad. 80 Prozent der Radler fahren da auch noch verbotswidrig auf dem Bürgersteig“, betont Köllner. Wieder und wieder brachten die Grünen so unermüdlich wie vergeblich ins Gespräch, dort Pop-up-Lanes einzurichten und Radfahrspuren zum Beispiel mit Verkehrsbaken von der Autospur abzutrennen. „Gut 130 Städte haben damit positive Erfahrungen gemacht, und sei es auch nur, dass sie so herausfanden, wo eigene Radspuren Sinn machen und wo nicht“, bringt Köllner den Grünen-Vorschlag auch jetzt wieder ins Spiel.

An der Gladbecker Straße sieht der Bottroper ohnehin dringenden Handlungsbedarf. Auch in der Verwaltung heißt es schließlich unmissverständlich, dass es an dieser Straße „keine zeitgemäßen Radverkehrsanlagen“ gebe. Beim Treffen mit der WAZ in Höhe der beiden Discountmärkte an der Gladbecker Straße hat Köllner die nicht nur für ihn kaum länger hinnehmbare Situation vor Augen. Auf dem schmalen Radweg sind vor allem in Richtung Eigen viele unterwegs. Immer wieder kommt es zu brenzligen Situationen, wenn sich Radfahrer, Fußgänger und Autofahrer begegnen, die den Parkplatz eines der Discounter verlassen wollen.

Grüne trauern dem Radschnellweg durch Bottrops Zentrum nach

Die Grünen trauern noch immer dem auf der Gladbecker Straße vorgesehenen und im Bottroper Rat mit großer Mehrheit abgelehnten Radschnellweg nach. „Das war fast wie ein Geschenk für die Stadt. Zu 90 Prozent wäre das finanziert worden“, sagt Roger Köllner. Der Vorteil wäre, dass der Radschnellweg durchs Stadtzentrum verlaufen wäre, die jetzige alternative Radvorrangroute gehe dagegen eher am Stadtrand entlang. „Dass der fließende Verkehr auf der Gladbecker Straße zu hoch wäre, ist nur eine gefühlte Sache“, beruft sich der Bottroper auf entsprechende Untersuchungen. Die vielen Seitenstraßen, auch das Parken auf der Fahrbahn seien allerdings Erschwernisse, räumt er ein. „Die Bürgersteige in Bottrop sind aber ja fast überall meistens nur noch Zubringer vom parkenden Auto zur Haustür“, meint er.

Für Köllner müssen Radfahrer gerade auf den Hauptstraßen wieder mehr Platz bekommen, weil dies die direktesten Verbindungen seien. Das sei gerade für Alltagsradfahrer wichtig. Für Freizeitradler sei das Wegeangebot gar nicht einmal so schlecht, meint der Grüne. „Wir wollen wieder zurück zu einer gerechten Verkehrspolitik. Mobilität muss gleichberechtigt für alle Teilnehmer sein“, betont der Grüne und dabei ist ihm bewusst: „Klar, ist das schwierig“.